Leberzirrhose: Varizenblutung erkannt, Zeit für den Shunt
Die Gefahren der Leberzirrhose sind nicht zu unterschätzen: Denn die Hälfte der betroffenen Patienten hat schon zum Zeitpunkt der Diagnose Ösophagus- oder Fundusvarizen. Unbehandelt erleidet bis zu ein Drittel innerhalb von zwei Jahren eine obere gastrointestinale Blutung, an deren Folgen bis zu ein Fünftel innerhalb von sechs Wochen verstirbt.
Ohne medikamentöse Sekundärprophylaxe entwickeln zwei Drittel der Patienten ein Rezidiv, warnen Dr. Ulrike Hügel und Kollegen von der Universitätsklinik des Inselspitals Bern.
Zusätzlich zur ursächlichen Behandlung der Lebererkrankung wird allen Patienten mit viszeralen Varizen oder erhöhtem hepato-venösem Druckgradienten (HVPG ≥ 10 mmHg) die Therapie mit einem nicht-selektiven Betablocker empfohlen. Große Varizen (> 5 mm) sollen endoskopisch ligiert werden.
Im Fall einer Blutung steht zunächst die hämodynamische Stabilisierung im Vordergrund – einschließlich medikamentöser Senkung des Pfortaderdrucks (Somatostatin oder -analoga). Danach sollen die Varizen innerhalb von zwölf Stunden mittels Bandligatur obliteriert werden.
Ein frühzeitig gesetzter Shunt ist dem Notfall-TIPS überlegen
Die Implantation eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts (TIPS) ist die Methode der Wahl bei rezidivierenden oder therapieresistenten Varizenblutungen. Ist das Risiko für ein Versagen der konservativen Methoden hoch, wird sie immer häufiger bereits innerhalb von 72 Stunden nach der akuten Hämorrhagie eingesetzt – beispielsweise bei Patienten mit Child-Pugh-Score C < 14 bzw. B bei endoskopisch erkennbarer Blutung trotz vasoaktiver Medikation. Im Vergleich zur früher üblichen Notfallbehandlung senkt dieser „early TIPS“ die Rezidivrate und verbessert die Überlebenschancen.
Außerdem wird die Anlage eines TIPS empfohlen, wenn Betablocker kontraindiziert sind oder Patienten trotz medikamentöser und endoskopischer Therapie eine Rezidivblutung entwickeln. Als weitere Indikation nennen die Autoren den therapierefraktären Aszites, bei dem der TIPS der Parazentese überlegen ist. Wegen des Risikos eines postinterventionellen Leberversagens eignen sich Patienten mit schlechter Organfunktion dafür aber nicht.
Vorteile bietet der portosystemische Shunt auch bei gastralen Varizenblutungen, die zwar seltener auftreten als ösophageale, aber mit einer höheren Mortalität verbunden sind. Therapieresistente akute Hämorrhagien lassen sich in 90 % der Fälle mittels TIPS stillen. In der Sekundärprophylaxe gastraler Blutungen hat sich die Gefäßbrücke ebenfalls bewährt: In einer randomisierten kontrollierten Studie erlitten mit transjugulärem Shunt nur 11 % der Patienten ein Rezidiv – im Vergleich zu 38 % nach endoskopischer Therapie.
Als häufigste Komplikation der Anlage eines transjugulären intrahepatischen portosystemischen Shunts droht eine hepatische Enzephalopathie, die sich aber meistens erfolgreich behandeln lässt (eiweißarme Diät, Lactulose). Außerdem kann die intrahepatische Blutumleitung eine akute Kreislaufdekompensation auslösen. Auch wenn dies eher selten geschieht, sollten Patienten mit eingeschränkter rechtsventrikulärer Funktion daher keinen TIPS erhalten. Zu den weiteren Kontraindikationen zählen beispielsweise terminale Leberinsuffizienz und dilatierte Gallenwege.
Kontraindikationen für den TIPS
- Rechtsherzinsuffizienz bzw. globale Herzinsuffizienz, Trikuspidalinsuffizienz, ausgeprägte pulmonale Hypertonie (mPAP > 45 mmHg)
- Dilatation der intrahepatischen Gallenwege bzw. nicht behandelte biliäre Obstruktion
- multiple Leberzysten, ausgedehnte Lebertumoren
- unkontrollierte systemische Infektion
- terminale Leberinsuffizienz
- moderate pulmonale Hypertonie (mPAP > 35 mmHg)
- schwere Gerinnungsstörung bzw. Thrombozytopenie (< 20.000/mm³)
- spontane hepatische Enzephalopathie in der Anamnese
- insulinpflichtiger Diabetes und Alter ≥ 70 Jahre
- zentraler Lebertumor
Einbringen des Stents erfolgt unter Ultraschallkontrolle
Quelle: Vogel U et al. Swiss Med Forum 2020; 20: 286-291; DOI: 10.4414/smf.2020.08494