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Clozapinvergiftung durch Coronavirus und Rauchstopp möglich

Viele Patienten, die Clozapin einnehmen, rauchen. Die polyzyklischen Kohlenwasserstoffe im Tabakrauch sind CYP1A2-Induktoren. Wenn nun wegen eines fieberhaften Infekts oder als Reaktion auf die SARS-CoV-2-Pandemie ein Rauchstopp erfolgt, kommt es zu einer CYP1A2-Deinduktion und zu einem deutlichen Anstieg des Clozapinspiegels, erläuterte Dr. Monika Singer, Neurologin an der kbo-Lech-Mangfall-Klinik Agatharied. Im Fall von COVID-19 führt gleichzeitig noch die starke Zytokinfreisetzung zu einer CYP-Enzym-Hemmung und damit zu einem verringerten Abbau des Neuroleptikums. CYP-hemmende Medikamente wie Ciprofloxacin können die Konzentration zusätzlich erhöhen.
Bei COVID-19 Dosis dritteln oder Clozapin absetzen
Die beobachteten Anstiege liegen laut Dr. Singer zwischen 20 % und 70 % und treten innerhalb kurzer Zeit auf. Deshalb dürfen die Ergebnisse von Spiegelbestimmungen nicht abgewartet werden. Die Kollegin empfahl, bei fieberhaften Infekten und CRP-Erhöhung die Clozapindosis von vornherein zu halbieren, bei COVID-19 sogar auf ein Drittel zu reduzieren oder die Therapie ganz zu pausieren. Sehr wichtig im Verlauf: das therapeutische Drug-Monitoring.
Bei vielen Antipsychotika treten initial gehäuft Pneumonien auf. Unter Clozapin bleibt das Risiko auch im Verlauf erhöht.1 Inzwischen gibt es laut Dr. Singer erste Hinweise, dass Patienten unter Clozapin eher an COVID-19 erkranken als unter anderen Neuroleptika.2 In der betreffenden Studie trugen dazu auch Übergewicht, männliches Geschlecht und Rauchen bei. Erklären lässt sich die erhöhte Gefahr unter anderem durch eine therapiebedingt auftretende Hypogammaglobulinämie. Sie ist auch Ursache einer schwächer ausfallenden Impfreaktion durch geringere Antikörperbildung. Dies dürfte im Hinblick auf die Coronaimpfung relevant sein.
Mit Clozapin behandelte Patienten haben im Fall einer Pneumonie ein 3,8-fach erhöhtes Mortalitätsrisiko gegenüber der Durchschnittsbevölkerung. Neben den parallel oft vorliegenden Risiken wie Rauchen, schlechte Ernährung, Diabetes oder ungesunder Lebensstil spielen einige therapieassoziierte Faktoren eine Rolle (s. Kasten).
Achtung, Pneumoniegefahr!
- dosisabhängige Sialorrhö (30 % der Patienten)
- Dysphagie
- Aspiration
- Sedierung
- reduzierter Hustenreflex
Lange Kontrollintervalle mindern Adhärenz
Schließlich können unerwünschte Wirkungen wie Tachykardie, vermehrte Sedierung oder schwere Obstipation nur im persönlichen Kontakt festgestellt werden. Vor allem sollten Patienten, die weitere hämatotoxische Medikamente erhalten, unbedingt in kurzen Intervallen gesehen werden, um eine hohe Behandlungssicherheit zu gewährleisten. Außerdem steigt mit Verlängerung der Intervalle die Gefahr der Non-Adhärenz.* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
Quellen:
1. Kuo CJ et al. Schizophr Bull 2013; 39: 648-657; DOI: 10.1093/schbul/sbr202
2. Govind R et al. Br J Psychiatry 2020; DOI: 10.1192/bjp.2020.151
3. Siskind D et al. J Psychiatry Neurosci 2020; 45: 222-223; DOI: 10.1503/jpn.200061
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