„Nicht jeder HBV-Infizierte braucht eine Therapie“

Kathrin Strobel

HBV-Infektion ist nicht gleich HBV-Infektion und auch nicht immer ist eine Therapie notwendig. HBV-Infektion ist nicht gleich HBV-Infektion und auch nicht immer ist eine Therapie notwendig. © fotolia/Kateryna_Kon

Wie geht man am besten vor, wenn ein Patient mit HBV-Infektion eine Nierenfunktionsstörung hat, schwanger ist oder wenn seine Leberwerte normal sind? Ein Leitlinienupdate gibt Antworten.

Zurzeit wird die S3-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfek­tion aktualisiert. Neues soll es unter anderem zu Therapieindikation, Pharmakobehandlung und Vorsorge von Reaktivierungen geben, verriet Professor Dr. Markus­ Cornberg­ von der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der Medizinischen Hochschule Hannover.

Nicht jede HBV-Infektion muss behandelt werden, erklärte der Kollege. Indiziert ist die Therapie vor allem dann, wenn eine Zirrhose besteht und/oder die Viruslast hoch ist (HBV-DNA > 2000 IU/ml). Besonders bei jungen Menschen können jedoch Infektionen mit einer hohen Viruslast vorkommen, während die Leber aber unbeschadet bleibt. Sofern kein erhöhtes Transmissionsrisiko vorliegt, besteht laut Leitlinie bei dieser chronischen Form mit wiederholt normalen Alanin-Aminotransferase(ALT)-Werten keine dringende medizinische Indikation für eine antivirale Behandlung.

Vor einer Immuntherapie auf HBsAg und Anti-HBc testen

Regelmäßige Kontrollen alle drei, später alle sechs bis zwölf Monate, sind aber notwendig, um mögliche Veränderungen im Verlauf frühzeitig zu erkennen, sagte Prof. Cornberg. Bei einem kleinen Teil dieser „Immuntoleranten“ kommt es spontan zur Serokonversion und Remission. Die Patienten sind meist zwischen 30 und 40 Jahre alt. Sind die Betroffenen ü30 oder weisen hochnormale ALT-Werte auf (Männer > 30 U/l, Frauen > 19 U/I), können sie antiviral behandelt werden.

Schwangere entscheiden selbst

Um das Risiko einer vertikalen Transmission auf das Ungeborene zu reduzieren, soll Schwangeren eine antivirale Therapie angeboten werden, wenn die HBV-DNA 200 000 IU/ml übersteigt oder eine aktive Hepatitis besteht. Einige Kollegen hätten diese Empfehlung gerne noch schärfer formuliert und die Therapie verpflichtend gemacht, erzählte Prof. Cornberg. Letztlich könne man die Patientinnen aber nicht dazu zwingen. Der Arzt solle aufklären und das Angebot aussprechen – die Entscheidung muss die Patientin selbst treffen.

Für eines der wichtigsten Themen bei der Hepatitis B hält Prof. Cornberg die Reaktivierung. An ein Wiederaufflammen der Erkrankung sollte man immer dann denken, wenn Patienten in der Vergangenheit eine Hepatitis hatten, die erfolgreich behandelt wurde. Schließlich sind diese noch infiziert, auch wenn nach der Therapie keine Antigene mehr nachzuweisen sind, der Patient aber weiterhin anti-HBc-positiv ist. Ein von Prof. Cornberg beschriebener Fall zeigte, dass es z.B. durch den Beginn einer Immuntherapie zur erneuten Aktivierung kommen kann. Der 56-Jährige erhielt aufgrund eines Lymphoms Rituximab. Jahre zuvor war seine Hepatitis erfolgreich mit Tenofovir behandelt worden. Unter der Behandlung brach die Hepatitis jedoch erneut aus. Unter Rituximab liegt das Risiko dafür bei etwa 10 %, abhängig von Alter, Geschlecht etc. Deshalb ist es wichtig, vor einer Immuntherapie immer auf HBsAg und Anti-HBc zu testen, riet der Kollege. Zur Prophylaxe eignet sich bei anti-HBc-positiven Patienten eine Behandlung mit Tenofovir. Diese sollte man 12–18 Monate über das Ende der Immuntherapie hinaus beibehalten.

Sobald die GFR fällt, das Nukleosidanalogon wechseln

Für Betroffene mit renaler Komorbidität und Osteoporose, die kein Entecavir erhalten können, steht als Alternative die Prodrug Tenofovir­alafenamid (TAF) zur Verfügung. Die antivirale Wirksamkeit entsprach in Studien der von Tenofovir Disoproxil Fumarat (TDF). Aufgrund der niedrigeren Dosis kommt es sogar zu weniger Nebenwirkungen. Die Leitlinie empfiehlt, die Therapie mit TDF bei einem Abfall der glomerulären Filtrationsrate, beim Auftreten einer Tubulopathie, bei einer Hypophosphat­ämie < 1 mg/dl und bei Frakturrisiko auf ein anderes Nukleosidanalogon umzustellen – zum Beispiel auf TAF. Hierbei gilt es, Vorbehandlungen und Resistenzen zu beachten.

Quelle: Norddeutscher Gastroenterologentag 2019

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