Noch Keratose oder schon Krebs?

Dr. Dorothea Ranft

Chirurgische Entfernung eines Plattenepithelkarzinoms am Bein eines 80-jährigen Patienten. Chirurgische Entfernung eines Plattenepithelkarzinoms am Bein eines 80-jährigen Patienten. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.

Helle Haut, ein Beruf mit hoher UV-Exposition oder eine Vorliebe fürs Solarium sind Risikofaktoren für ein ­Plattenepithelkarzinom. Eine S3-Leitlinie erläutert, wann man Krebsverdacht schöpfen sollte und wie die Behandlung gelingt.

Das kutane Plattenepithel­karzinom ist eine maligne Neoplasie epidermaler Keratinozyten. Es wird überwiegend durch chronische UV-Exposition ausgelöst. Zu den weiteren Risikofaktoren zählen: 

  • höheres Lebensalter
  • helle Haut
  • vorbestehende aktinische Keratosen

Auch chronische Wunden, venöse Ulzera, Brandnarben und lichenoide oder bullöse Dermatosen begünstigen die Entwicklung, heißt es in der S3-Leitlinie zu aktinischen Keratosen und Plattenepithelkarzinomen der Haut. Besonders häufig erkranken immunsupprimierte Patienten, die zudem eine eher schlechte Prognose haben (s. ­Kasten).

Risikofaktoren

klinisch:

  • Lokalisation an Ohr, Lippe oder Schläfe
  • Lokalrezidiv
  • ≥ 2 cm Durchmesser
  • Immunsuppression (z.B. nach Organtransplantation oder HIV-Infizierte)
  • keine Verschieblichkeit vom Untergrund

histologisch:

  • > 6 mm Eindringtiefe
  • Desmoplasie
  • perineurale Invasion
  • Überschreiten der Subkutis
  • Entdifferenzierung

Eine Probebiopsie ist nur in Zweifelsfällen nötig

Die Morphologie des Platten­epithelkarzinoms ist vielgestaltig. Überwiegend gleicht es einer hyper­keratotischen Plaque, einem flachen Ulkus mit Randwall oder einem verhornten Knoten oder Knötchen mit bzw. ohne Ulzeration. Bei einem eindeutigen klinischen Befund kann eine komplette Exzision ohne vorherige probe­bioptische Abklärung erfolgen. In Zweifelsfällen ermög­licht diese aber eine Abgrenzung von anderen benignen und malignen Neoplasien.

Zur Primärdiagnostik bei Hinweisen auf ein Plattenepithelkarzinom gehört die Inspektion der gesamten Haut. Falls eine lokoregionäre Metastasierung vermutet wird oder entsprechende Risikofaktoren vorliegen, ist eine Lymphknotensonografie indiziert. Bei frühzeitig entdeckten lokoregionären ­Filiae kann kurativ therapiert werden. Eine Schnittbilddiagnostik wird angeraten, wenn die klinische Untersuchung oder die Ultraschalluntersuchung der Lymphknoten den Verdacht auf eine Streuung wecken.

Therapeutisch empfiehlt es sich, die Entfernung im gesunden Gewebe anzustreben. Bei Patienten ohne klinische Risikofaktoren sollte – außer bei Immunsupprimierten – die vollständige Exzision (R0) erfolgen. Spricht der histologische Befund für eine erhöhte Gefahr, ist eine Sicherheitsnachresektion mit lückenloser Schnittrandkontrolle, der sogenannten mikroskopisch-kontrollierten Chirurgie (MKC), indiziert. Patienten mit hohem klinischem Risiko erhalten bereits primär eine Resektion mittels MKC. Falls sich ein R0-­Ergebnis nicht erreichen lässt oder wenn der Allgemeinzustand des Patienten die Operation nicht zulässt, empfiehlt sich eine Radiotherapie.

Von einer prophylaktischen Lymphadenektomie raten die Autoren der Leitlinie ausdrücklich ab. Eine regionäre therapeutische Lymphknotendissektion empfehlen sie nur bei Personen mit manifester Lymphknotenmetastase. Lokale und lokoregionäre Rezidive des Karzinoms sollten möglichst chir­urgisch entfernt werden. Wenn weder Operation noch Strahlentherapie in Betracht kommen, kann eine Elektro­chemotherapie die lokale Tumorkontrolle verbessern. 

Besondere Maßnahmen erfordern Patienten mit Fernmetastasen oder einem lokal fortgeschrittenen Karzinom. Falls sowohl Operation  als auch Bestrahlung nicht möglich sind oder nur mit großen funktionellen Einbußen für den Patienten verbunden wären, soll die Indikation für eine systemische Behandlung geprüft werden, heißt es in der Leitlinie.

Die besten Daten gibt es für die Checkpointhemmer

Die besten Daten liegen für eine Immuntherapie mit den PD1*-Inhibitoren Cemiplimab und Pembrolizumab vor. Patienten, bei denen die Krankheit unter dieser Therapie fortschreitet oder für die eine Behandlung mit den Immun-Checkpoint-Hemmern nicht infrage kommt, sprechen möglicherweise auf EGFR**-Inhibitoren oder auf Chemo­therapeutika an.

Für sämtliche Patienten mit kutanem Plattenepithelkarzinom ist eine Nachsorge erforderlich, um Rezidive und Sekundärtumoren beizeiten zu erkennen – auch bei einer Tumor­dicke ≤ 2 mm ohne weitere Risikofaktoren. Dazu gehört die Ganzkörper­inspektion sowie die Palpation von Primär­exzisionsstelle, In-transit-­Strecke und regionärer Lymphknotenstation. Bei unklarem Tastbefund oder hohem Risiko für Metastasen ist eine Lymphknoten­sonografie indiziert. Außerdem sollte der Patient in der Selbstuntersuchung geschult werden.

* programmed cell death protein 1
** epidermal growth factor receptor

Quelle: Leitlinie „Aktinische Keratosen und Platten­epithelkarzinom der Haut“, AWMF-Register-Nr. 032/022OL, www.awmf.org

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Chirurgische Entfernung eines Plattenepithelkarzinoms am Bein eines 80-jährigen Patienten. Chirurgische Entfernung eines Plattenepithelkarzinoms am Bein eines 80-jährigen Patienten. © Science Photo Library/Marazzi, Dr. P.