
Ohnmacht und Atemstillstand auf dem Töpfchen

Längere Schreiepisoden im Säuglings- und Kleinkindalter kennen fast alle Eltern. Sie erfordern oftmals starke Nerven und Geduld – was Angehörige von Kindern mit Affektkrämpfen gerne aufbringen würden, wenn sie eine Wahl hätten.
Fall1: Nach einem nur sekundenlangen Schrei aufgrund eines geringen Schmerzreizes wird ein 10 Monate altes Mädchen erst blass, dann bewusstlos und krampft anschließend kurz tonisch – ganz selten auch klonisch. 1–2 Minuten später ist der Spuk genauso schnell wieder vorbei wie er gekommen ist. Nur eine leichte Benommenheit bleibt zurück.
Fall 2: Ein 17 Monate alter Junge erleidet einmal im Monat bei schmerzhafter Stuhlentleerung einen plötzlichen Bewusstseinsverlust mit Blässe, Verdrehen der Augen nach oben und Hypotonie der Arme. Einige Sekunden später tritt zudem eine Apnoe auf. Nach 1–2 Minuten kehrt das Bewusstsein zurück. Das Kind ist noch etwas schläfrig.
Laut Professor Dr. Jürg Lütschg von den Universitätskliniken beider Basel sind in beiden Fällen sowohl Auslöser als auch Ablauf typisch für Affektkrämpfe bei Kleinkindern. Deshalb reicht seiner Meinung nach in den meisten Fällen eine gründliche Befragung der Eltern bereits völlig aus, um eine eindeutige Diagnose stellen zu können.
Laut Professor Dr. Jürg Lütschg von den Universitätskliniken beider Basel sind in beiden Fällen sowohl Auslöser als auch Ablauf typisch für Affektkrämpfe bei Kleinkindern. Deshalb reicht seiner Meinung nach in den meisten Fällen eine gründliche Befragung der Eltern bereits völlig aus, um eine eindeutige Diagnose stellen zu können.
Diagnose per Anamnese
- blaue Affektkrämpfe (häufig):
Ärger oder Frustration führen nach ca. 15 s Schreien zum Atemstopp in der Exspiration, Zyanose, Hypotonie, Opisthotonushaltung und Asystolie (23–26 %); Dauer ca. 1 min; Pathogenese unklar - weisse Affektkrämpfe (beide Fallbeispiele; Fall 2: DD anoxische Reflexanfälle):
Auf kurzen Aufschrei durch Schmerz oder Schreck folgt nach 1–5 s Bewusstseinsverlust und Asystolie (61–78 %) von mindestens 2 s; selten begleitet von klonischen Zuckungen und Urinabgang; Dauer ca. 1 min; Ursache vermutlich autonome Dysfunktion des N. vagus; EKG zum Ausschluss eines langen QT-Syndroms - anoxische Reflexkrämpfe:
Schmerz (oft bei Defäkation) führt nach 1–5 s durch Vagusstimulation und je nach Länge der Asystolie zu Bewusstseinsverlust (>7 s), Opisthotonus und klonischen Zuckungen (>14 s); Dauer 1–2 min; EEG zum Ausschluss einer Epilepsie
Rund 5 % der 6–18-monatigen Kinder betroffen
Affektkrämpfe betreffen 4,6–4,7 % aller Kinder im Alter zwischen 6 und 18 Monaten. Man unterteilt sie in blaue bzw. weiße Affektkrämpfe oder anoxische Reflexanfälle. Ein weißer Affektkrampf kann auch in letzteren übergehen. Die Auslöser und Abläufe sind bei allen drei Formen unterschiedlich (siehe Kasten), weshalb der Anamnese die wichtigste Rolle zukommt.Therapeutisch sind dann allein die Eltern gefragt. Sie werden aufgeklärt und bekommen Tipps für den Notfall, z.B. das Kind während des Anfalls in die stabile Seitenlage zu bringen. Ganz wichtig: Es wird den Eltern geraten, nicht aus Angst ihren bisherigen erzieherischen Umgang mit dem Kind zu verändern. Bei häufig auftretenden Anfällen kann zudem Piracetam, bei anoxischen Reflexanfällen Theophyllin und Scopolamin (transdermal) gegeben werden.
Quelle: Lütschg J. Schweizerisches Medizin-Forum 2016; 16: 1107-1109
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