Omiks und die kardiovaskuläre Gesundheit

ESC 2024 Dr. Anja Braunwarth

In einer Studie zur Progression der chronischen Nierenkrankheit wurden 5.000 Proteine aus dem Blut weiter analysiert. In einer Studie zur Progression der chronischen Nierenkrankheit wurden 5.000 Proteine aus dem Blut weiter analysiert. © vectorfusionart - stock.adobe.com

Die Nachsilbe „-omik“ kennzeichnet die Erforschung der Gesamtheit verwandter Stoffgruppen. Und egal, ob es sich um Proteine, Lipide oder Stoffwechselparameter dreht: Die Betrachtung der Omiks trägt in der Kardiologie zur besseren Risikostratifizierung bei. 

Kardiovaskuläre Risikomodelle auf Basis von Proteom und Lipidom – das war das Thema von Prof. Dr. Peter Ganz vom Zuckerberg San Francisco General Hospital. Proteine stellen für ihn etwas Besonderes dar, denn in ihnen finden sich neben den Effekten von Genen auch die von Umwelt und Alterung. Während an der Genetik nicht zu rütteln ist, altern Menschen ganz unterschiedlich, und viele äußere Faktoren wie Rauchen oder Ernährung lassen sich natürlich modifizieren. 

Proteomische Technologien sind in der Lage, mit hohem Durchlauf Tausende von Proteinen zu erfassen. Die Aussagekraft prüfte man z. B. für die Prädiktion des kardiovaskulären Risikos bei Menschen mit chronischer Nierenerkrankung. Aus etwa 5.000 im Blut gemessenen Eiweißen wurden mittels künstlicher Intelligenz 32 Vorhersagemodelle erstellt. Damit gelang eine deutlich bessere Abschätzung des Risikos als mit den klassischen Nierenparametern inklusive der glomerulären Filtrationsrate

Kausalität zwischen Genvariante und Erkrankung 

Darüber hinaus hat eine Reihe von Studien Vorzüge dieser Technologien aufgezeigt: 

  • bessere Diskriminierung und Kalibrierung
  • eine einzige Blutprobe liefert Informationen über eine Vielzahl von Krankheiten
  • kardiovaskuläre Risikomodelle auf Basis des Proteoms funktionieren gleich gut in allen geografischen Regionen und Ethnien 
  • die Risikomodelle erfassen den Nutzen oder Schaden von Medikamenten, auch von solchen, die nicht auf traditionelle Risikofaktoren abzielen 

In einer Studie zur Progression der chronischen Nierenkrankheit wurden 5.000 Proteine aus dem Blut weiter analysiert. Für die 76 „stärksten Treffer“ fanden die Forschenden genetische Varianten, die mit den Proteinspiegeln und der Krankheitsprogression in Verbindung standen. Daraus konnten sie eine Kausalität ableiten, erklärte Prof. Ganz. Außerdem identifizierten sie fünf neue potenzielle Zielproteine für Medikamente, die das Fortschreiten der Niereninsuffizienz verlangsamen könnten: EGFL9, LRP-11, MXRA7, IL-1 sRII und ILT-2. 

Ein auf dem Lipidom basierender Risikoscore wurde mittels KI auf Grundlage einer australischen Studie zu Diabetes, Adipositas und Lebensstil mit rund 10.000 Teilnehmenden entwickelt. Von 705 gemessenen Lipidspezies flossen 153 in das Modell ein, berichtete der Kollege. Dieser Score schnitt in einer Untersuchung zur Primärprävention bei Menschen mit intermediärem Risiko in Sachen Risikostratifizierung im Vergleich zum etablierten Framingham Risk Score deutlich besser ab. 

Prof. Dr. rer. nat. Tanja Zeller vom Universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg erinnerte daran, dass sich nur 50 – 60 % des kardiovaskulären Risikos auf die fünf klassischen Faktoren Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Dyslipidämie und Diabetes zurückführen lassen. Deshalb gewinnen Omiks immer mehr an Bedeutung. Eine große Rolle spielt das Genom. Seine Analyse dient laut Prof. Zeller drei Punkten: 

  • das individuelle kardiovaskuläre Risiko noch vor dem Auftreten von Risikofaktoren abzuschätzen
  • in Ergänzung zu den klassischen Risikofaktoren die Präzision der Abschätzung zu erhöhen
  • die sekundäre Prävention zu lenken 

Erste Studien belegen die Vorteile einer Therapie, die auf personalisierter Genomik beruht.

Und schließlich darf man den Stoffwechsel nicht vergessen. Viele kardiovaskuläre Erkrankungen sind Manifestationen einer metabolischen Dysregulation, sagte Prof. Zeller. Entsprechend kann auch ein Metabolomik dazu beitragen, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen genauer zu erfassen. Phosphatidylcholine, eine Unterklasse von Phospholipiden, und Ceramide, eine Unterklasse von Sphingolipiden, haben sich bereits als bedeutsame Marker erwiesen.

Quelle: ESC Kongress 2024

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In einer Studie zur Progression der chronischen Nierenkrankheit wurden 5.000 Proteine aus dem Blut weiter analysiert. In einer Studie zur Progression der chronischen Nierenkrankheit wurden 5.000 Proteine aus dem Blut weiter analysiert. © vectorfusionart - stock.adobe.com