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Opioidabhängigkeit: Schmerzbehandlung für Fortgeschrittene

Die Schmerzbehandlung ihrer 42-jährigen Patientin mit alkoholbedingter Leberzirrhose Child B und schwerer Niereninsuffizienz KDIGO*-Stadium G5 A3 erwies sich als Herausforderung, schreiben Mirjam Kälin und Prof. Dr. Philip Bruggmann vom Arud Zentrum für Suchtmedizin in Zürich. Zwar hatte die Frau den Alkoholabusus vor mehreren Jahren eingestellt. Sie war aber auch lange Zeit opioidabhängig gewesen. Nach Abbruch einer Opioidagonistentherapie (OAT) mit Methadon und retardiertem Morphin gelang es ihr jedoch zunächst, abstinent zu bleiben.
Kokain und Heroin sollten Hüftschmerzen lindern
Mit der Zeit entwickelte die Patientin beidseitig eine schmerzhafte Hüftkopfnekrose, die aufgrund der Multimorbidität nicht endoprothetisch versorgt werden konnte. Zur Analgesie wurde nach WHO-Schema (siehe Kasten) Metamizol verordnet – andere Substanzklassen außer Opioiden kamen aufgrund von Leber- und Niereninsuffizienz nicht infrage. Das half jedoch nicht, weshalb die Patientin zur Schmerzlinderung Heroin, Benzodiazepine und Kokain einsetzte.
Erweitertes Stufenschema der WHO
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Stufe 1: Nicht-Opioidanalgetika, z.B. Metamizol, Paracetamol, NSAR
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Stufe 2: schwache Opioidanalgetika, z.B. Tramadol, Codein (ggf. in Kombination mit Stufe 1)
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Stufe 3: starke Opioidanalgetika, z.B. Morphin, Fentanyl (ggf. in Kombination mit Stufe 1)
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Stufe 4: invasive Schmerztherapie, z.B. rückenmarksnahe Opioide, Neurolysen
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adjuvante Medikamente: Antiemetika, Laxanzien
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Koanalgetika: Antidepressiva, Antiepileptika, Neuroleptika, Glukokortikoide, Bisphosphonate
Um die Schmerzen effektiv zu behandeln und dadurch auch den Beikonsum zu beenden, war andernorts eine stationäre OAT mit retardiertem Morphin eingeleitet worden. Diese konnte die Schmerzen jedoch nicht ausreichend stillen. Zudem kumulierten die Morphinmetaboliten aufgrund der reduzierten renalen Elimination, was bei der Patientin schließlich zu Bewusstseinstrübungen führte.
Im nächsten Schritt setzten die Mediziner auf eine kombinierte Analgesie und eine Off-Label-Anwendung von Hydromorphon im Rahmen der OAT. Damit ließen sich Schmerzen und Beikonsum zunächst erfolgreich therapieren. Offenbar kam es jedoch zu einer Toleranzentwicklung hinsichtlich der analgetischen Wirkung. Denn die Patientin griff zur Linderung der Hüftschmerzen erneut zunehmend auf Straßenheroin zurück. Das hepatorenale Syndrom verschlechterte sich, die Frau wurde dialysepflichtig und entwickelte eine schwere hepatische Enzephalopathie. Diese war vermutlich auf den zusätzlichen Gebrauch verschiedener nicht verschriebener Substanzen zurückzuführen, schreiben die Zürcher Kollegen.
Sie begannen schließlich eine erneute Opioidagonistentherapie – dieses Mal mit dem halbsynthetischen Morphinderivat Diacetylmorphin (DAM). Darunter konnte die Patientin den Beikonsum beenden und musste bisher auch nicht als Notfall stationär versorgt werden. Dass in diesem Fall nur mit DAM eine ausreichende Analgesie zu erreichen war, erklären sich die Autoren durch dessen pharmakokinetisch ausgeprägten Wirkungspeak bei mehrmals täglicher Anwendung und die bedarfsgerechte Einstellung der OAT. Diese kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten offen und vertrauensvoll zusammenarbeiten, betonen die beiden Suchtmediziner. Dazu gehört auch, dass Behandelnde den Beikonsum nicht sanktionieren, sondern therapeutisch aufgreifen.
* Kidney Disease: Improving Global Outcomes
Quelle: Kälin M, Bruggmann P. Swiss Med Forum 2023; 23: 1418-1421; DOI: 10.4414/smf.2023.1137126698
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