
Patienten über Risiko durch OTC-Präparate und Nahrungsergänzungsmittel aufklären

Menschen mit einer Hypertonie sollten grundsätzlich zurückhaltend sein, wenn sie Paracetamol einnehmen. Bei ihnen führen bereits 4 g/d über zwei Wochen zu einem Anstieg des systolischen Tagesblutdrucks um 4,7 mmHg, wie eine aktuelle Studie ergab. „Populationsbezogen können diese 5 mmHg schon ausreichen, um das kardiovaskuläre Risiko der Patienten deutlich zu erhöhen“, sagte Prof. Dr. Felix Mahfoud, Universitätsklinikum des Saarlandes.
Natriumzufuhr übersteigt schnell den WHO-Grenzwert
Weshalb Paracetamol Schlagzeilen machte, lag allerdings nicht am Wirkstoff, sondern an der Arzneimittelformulierung und dem damit einhergehenden Natriumgehalt. Brausetabletten oder Pulver enthalten das Elektrolyt häufig in Form von Natriumhydrogencarbonat, was beim Auflösen im Glas für das Sprudeln sorgt. Laut dem Kollegen wird dieser Zusatz oft nicht ausgewiesen – ein ernsthaftes Problem vor dem Hintergrund, dass etwa jeder Dritte in der Bevölkerung (un)regelmäßig zu Brausetabletten greift. Bezogen auf Paracetamol liegt der Natriumanteil bei 390–440 mg pro Brausetablette mit 500 mg Wirkstoff. Wenn die Tageshöchstdosis des Analgetikums eingenommen wird, übersteigt die Natriumzufuhr folglich die von der WHO maximal empfohlenen 2 g täglich.
Dem Risiko entsprechender Darreichungsformen widmete sich eine britische Kohortenstudie. Ausgewertet wurden elektronische Krankenakten von 151.398 Patienten mit und 147.299 ohne Hypertonie im mittleren Alter von 73,4 bzw. 71 Jahren. 3 % bzw. 3,6 % hatten natriumhaltiges Paracetamol erhalten, der Rest natriumfreies (z.B. Standardtabletten). Im Verlauf des einjährigen Follow-ups ging der Gebrauch natriumhaltiger Präparate mit einem signifikant höheren relativen Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und Gesamtmortalität einher, und zwar sowohl bei Teilnehmern mit Bluthochdruck (Hazard Ratio, HR, 1,59 und 2,05) als auch bei denjenigen ohne (HR 1,45 und 1,87).
Nachsalzen bis zum Tod
Wer sein Essen häufig nachsalzt, hat eine niedrigere Lebenserwartung. Das ergab eine Auswertung von Daten der UK Biobank, die Prof. Dr. Ulrich Laufs vom Universitätsklinikum Leipzig vorstellte. Über 500.000 Teilnehmer machten in elektronischen Fragebögen Angaben dazu, ob und wie oft sie bereits zubereitete Mahlzeiten würzten. Bei einem medianen Follow-up von neun Jahren hatten die Immer-Nachsalzer gegenüber den Personen, die das nie oder selten taten, eine um 28 % höhere Wahrscheinlichkeit, vorzeitig zu sterben. Einen 50-Jährigen Mann kostete das ständige Nachsalzen 2,28 Lebensjahre, eine gleichaltrige Frau 1,5 Jahre. Zudem hatten diejenigen, die öfter Salz hinzufügten, auch höhere Natriumkonzentrationen im Urin, was laut Prof. Laufs einen Kausalzusammenhang beim Sterberisiko plausibel erscheinen lässt.
In einer eigenen, noch nicht publizierten Studie konnte Prof. Mahfoud kürzlich weitere Natriumquellen entlarven. Zusammen mit seinem Team hat er 39 auflösbare Nahrungsergänzungsprodukte und einige gängige OTC-Medikamente analysiert. Erstere wiesen pro Brausetablette einen mittleren Natriumgehalt von 284 mg auf, am meisten fand sich in Vitaminen (378 mg). Noch mehr steckte in den OTC-Präparaten (maximal 452 mg). Wer z.B. achtmal täglich Alka-Seltzer® classic nimmt, landet bei 3,5 g Natrium. Sechs Tabletten Togal Kopfschmerz-Brause + Vitamin C beinhalten 2,7 g des Elektrolyts.
„Das wissen viele Patienten nicht“, betonte der Referent und gestand: „Mir war das auch nicht so klar, bevor wir diese Analyse gemacht haben.“ Bei der nächsten Beratung zur Lebensstilmodifikation sollte man also nicht nur das Salz in der Nahrung adressieren (s. Kasten), sondern auch das versteckte.
Quelle: 18. DGK(Deutsche Gesellschaft für Kardiologie)-Kardiologie-Update-Seminar
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