Patientin wird mit Schmerzmitteln nach Hause geschickt und stirbt

Dr. Alexandra Bischoff

Wäre die Frau richtig untersucht worden, hätte Sie das Kammerflimmern überlebt. (Agenturfoto. Mit Model gestellt.) Wäre die Frau richtig untersucht worden, hätte Sie das Kammerflimmern überlebt. (Agenturfoto. Mit Model gestellt.) © fotolia/Syda Productions

Trotz starker Thoraxschmerzen mit Ausstrahlung in den Rücken wird eine Frau vom KV-Notdienst wieder nach Hause geschickt. Kurz darauf entwickelt sie ein Kammerflimmern und stirbt. Fragt sich, ob die Erkrankung auch bei richtigem Handeln letal verlaufen wäre.

Bereits seit 24 Stunden litt eine 55-jährige Patientin an starken Thoraxschmerzen im Rückenbereich (BWS), als sie gegen 17 Uhr den KV-Notdienst aufsuchte. Anamnestisch war eine arterielle Hypertonie bekannt. Die körperliche Untersuchung war bis auf Verspannungen der Rückenmuskulatur und einen erhöhten Blutdruck (170/120 mmHg) unauffällig, das EKG ebenfalls. Die behandelnde Ärztin diagnostizierte ein BWS-Syndrom, verordnete Novaminsulfon-Tropfen sowie Nifedipin (5–7 Tropfen) und schickte die Patientin wieder nach Hause.

Kreislaufstillstand mit schwerem Hirnschaden

Gegen 19.30 Uhr rutschte die 55-Jährige plötzlich bewusstlos vom Sofa, wurde anfänglich von ihrem Ehemann und dann vom Notarzt reanimiert, der aber erst nach 37 Minuten den Kreislauf stabilisieren konnte. Diagnose: Kammerflimmern mit Kreislaufstillstand.

Die Untersuchungen in der Klinik zeigten ST-Streckenhebungen im Bereich der Vorderwand, einen Verschluss des ersten diagonalen Astes ohne Interventionsbedarf und einen geringen LV-Schaden. Im Schädel-CT konnte man jedoch einen schweren hypoxischen Hirnschaden erkennen, woraufhin in Absprache mit der Familie alle lebenserhaltenden Maßnahmen abgebrochen wurden und die Patientin schließlich verstarb.

Der Ärztin wurde in einem anschließenden Gutachten fehlerhaftes Handeln vorgeworfen. Darin hieß es, dass bei erstmalig aufgetretenen anhaltenden Thoraxschmerzen ein akutes Koronarsyndrom als wichtigste abwendbar gefährliche Diagnose sicher ausgeschlossen werden muss. Folglich hätte die Kollegin die Patientin sofort in eine kardiologische Einrichtung überweisen müssen. Ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der ambulanten Behandlung und dem letalen Verlauf besteht, könne jedoch nicht mit letzter Sicherheit gesagt werden.

Weder Troponin noch CK-MB bestimmt

Professor Dr. Heinz-Jürgen Engel von der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen sieht das anders. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass die Mängel in der Befunderhebung zu dem Gesundheitsschaden führten. Obwohl indiziert, hatte die Ärztin weder CK-MB noch Troponin zum Nachweis beziehungsweise Ausschluss eines Herzinfarktes bestimmt. Wäre das vor Ort nicht möglich gewesen, hätte sie die Patientin in ein Krankenhaus überweisen müssen.

„Frau hätte uneingeschränkt weiterleben können“

Dort wäre die 55-Jährige an einem EKG-Monitor überwacht worden, der Kammertachykardien oder Kammerflimmern sofort angezeigt hätte. Die Behandlung wäre dann innerhalb von wenigen Minuten erfolgt. Ein hypoxischer Hirnschaden wäre bei zeitgerechter Behandlung des Kammerflimmerns nicht aufgetreten und die Patientin hätte aufgrund der geringfügigen LV-Funktionsbeeinträchtigung ein Leben ohne nennenswerte Einschränkungen führen können, schreibt der Experte.

Quelle: Engel HJ. Niedersächsisches Ärzteblatt 2018; 91: 27-29

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Wäre die Frau richtig untersucht worden, hätte Sie das Kammerflimmern überlebt. (Agenturfoto. Mit Model gestellt.) Wäre die Frau richtig untersucht worden, hätte Sie das Kammerflimmern überlebt. (Agenturfoto. Mit Model gestellt.) © fotolia/Syda Productions