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Phäochromozytome: Tickende Katecholaminbomben

Phäochromozytome sind neuroendokrine Tumoren, die von den chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks oder der sympathischen Paraganglien (Paragangliome) ausgehen und im Übermaß Katecholamine produzieren. Wer davon betroffen ist, sitzt auf einem Pulverfass, das jederzeit auf Stimuli wie beispielsweise Husten, Miktion oder Wehen mit einer massiven Sekretion reagieren kann. Mögliche Folgen sind intrazerebrale Blutungen, ein Herzstillstand oder sogar ein plötzlicher Herztod.
Kopfschmerzen, Palpitationen und Schweißausbrüche
Die geschätzte Inzidenz der Tumorart beträgt 0,8 Fälle pro 100 000 Personen jährlich. Die tatsächliche Inzidenz dürfte aber deutlich höher liegen, da 50 % der Tumoren erst bei der Autopsie entdeckt werden, schreiben Professor Dr. Henryk Zulewski vom Stadtspital Triemli in Zürich und Dr. Eric Grouzmann vom Waadtländer Universitätsklinikum in Lausanne. Da bildgebende Verfahren immer häufiger durchgeführt werden, nimmt auch die Zahl der zufällig entdeckten Nebennieren-Inzidentalome zu, wovon etwa 5 % Phäochromozytome sind (25 % aller Phäochromozytomfälle). In 30–40 % der Fälle liegt eine genetische Ursache zugrunde. Die meisten Betroffenen sind dann jünger als 40 Jahre. Patienten mit einem Phäochromozytom/Paragangliom (PPGL) kommen typischerweise mit der Symptomentrias Kopfweh, Palpitationen und Schweißausbrüche in die hausärztliche Praxis. Auch wenn ein therapieresistenter Hypertonus, ein zufällig entdeckter Nebennierentumor mit positivem biochemischem Diagnosetest oder ein familiäres Syndrom besteht, sollten die Alarmglocken läuten.
Das müssen Sie bei der Blutentnahme beachten
- Blutentnahme nüchtern (falsch positive Ergebnisse durch Kaffee, Schokolade, Bananen, Nüsse u.v.m.)
- zuvor 15–20 Minuten hinlegen (Normetanephrinkonzentration im Sitzen um 20 % erhöht!)
- Blutproben zur Bestimmung der freien Metanephrine müssen innerhalb von 30 Minuten zentrifugiert werden – eine andere Möglichkeit ist die Messung der Gesamtmetanephrine (freie + sulfokonjugierte), die aufgrund ihrer längeren Halbwertszeit nicht zeitnah zentrifugiert werden müssen
Metanephrinkonzentration in Blut oder Sammelurin messen
Die Diagnostik von PPGL erfolgt anhand biochemischer Tests, die auf einer Quantifizierung der Metanephrine (inaktive Stoffwechselprodukte von Adrenalin bzw. Noradrenalin) basieren. Das kann zum einen mittels 24-Stunden-Sammelurin gelingen, der jedoch das Risiko einer inadäquaten Umsetzung durch den Patienten birgt. Alternativ können freie Metanephrine im Blutplasma bestimmt werden (s. Kasten oben). Diese Testverfahren haben die höchste Sensitivität (Blut: 89–100 %, Urin: 95–97 %) und Spezifität (Blut: 89–97 %, Urin: 69–91 %). Da eine Reihe von Medikamenten häufig zu falsch positiven Ergebnissen führen, sollte das Labor über die Arzneimittel informiert werden, die der Patient aktuell einnimmt (s. Kasten unten). Als obere Grenzwerte verwenden die Schweizer Kollegen bei therapierefraktären Hypertonikern 1,39 nmol/l und bei Patienten mit asymptomatischem Inzidentalom 0,71 nmol/l. Die Tumorlokalisation erfolgt idealerweise mittels CT in Kombination mit einer MIBG*-Szintigraphie. Bei Schwangeren wird aufgrund der Strahlenbelastung ein MRT empfohlen. Liegt der Verdacht eines malignen Geschehens nahe, bietet die FDG**-PET eine gute Alternative. Ist die Diagnostik abgeschlossen, sollte zügig mit der medikamentösen Behandlung begonnen werden, die sowohl die Symptomatik reduzieren als auch den Patienten auf den operativen Eingriff vorbereiten soll.Diese Wirkstoffe verfälschen das Testergebnis
- trizyklische Antidepressiva
- MAO-Hemmer
- Antihypertensiva (Kalziumantagonisten, Alpha-1-Blocker)
- Amphetamine
- Kokain
- Koffein
- Nikotin
Alphablocker ggf. mit Betablockern kombinieren
Dabei gibt es gute Erfahrungen mit den beiden Alpha-Rezeptorblockern Phenoxybenzamin und Doxazosin. Falls unter dieser Medikation eine Tachykardie auftritt, sollte zusätzlich etwa drei Tage vor der Operation ein Betablocker eingenommen werden. Salzhaltige Kost und Volumengaben (2000 ml physiologische NaCl-Lösung 24–48 h präoperativ) sollen eine orthostatische bzw. perioperative Hypotonie verhindern. Die laparoskopische Tumorresektion sollte in einem Fachzentrum von erfahrenen Chirurgen durchgeführt werden. Die Europäische Gesellschaft für Endokrinologie empfiehlt, 2–6 Wochen nach dem Eingriff und dann in jährlichen Abständen die Metanephrinwerte im Blutplasma zu kontrollieren.* Metajodbenzylguanidin
** Fluordesoxyglukose
Quelle: Zulewski H et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 790-796
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