Prophylaxe muss zum Patienten passen

Dr. Susanne Meinrenken

Jeder Migränepatient ist anders, daher muss auch die Prophylaxe immer individuell angepasst werden. Jeder Migränepatient ist anders, daher muss auch die Prophylaxe immer individuell angepasst werden. © sebra – stock.adobe.com

Für die Migräneprophylaxe gibt es sowohl medikamentöse als auch nicht-medikamentöse Möglichkeiten. Wie kann der Hausarzt seinen Patienten am besten helfen? Was muss er bei Anamnese und Aufklärung beachten? Und wann ist der Spezialist gefordert?

Es lohnt sich, für einen Migränepatienten von vornherein zwei separate Termine einzuplanen, meinen Dr. Heather­ Angus-Leppan­ von der University East London und Dr. Karen­ Benson­, Crouch­ Hall Road­ Surgery, gleichfalls London. Beim ersten ausführlichen Gespräch sollte es dem Hausarzt darum gehen, die Diagnose zu bestätigen und zu klären, wie sehr etwa Aura und Prodromi seinen Patienten beeinträchtigen. Diese Beschwerden können belastender sein als die Attacken selbst, werden aber häufig nicht ernst genommen, schreiben die beiden Autorinnen.

Oft lässt sich eine Migräne über den Lebensstil positiv beeinflussen. Daher sollte man mit dem Betroffenen besprechen, wie sich sein Tages­ablauf ruhiger gestalten lässt, wie er für ausreichend Schlaf und eine ausgewogene Ernährung sorgen und wie er potenzielle Auslöser meiden kann. Der Patient muss zudem wissen, dass es viele verschiedene Therapieoptionen gibt, die es auszuprobieren gilt. Einem Review zufolge hat die Patientenedukation einen mäßig bis stark positiven Effekt auf die Erkrankung, wobei ohne Frage dem Placeboeffekt eine bedeutende Rolle zukommt. Mit Ansprechraten von 20−30 % ist er bei Migräne recht hoch und kann etwa 16 Wochen anhalten.

Auch auf Vitaminpräparate und Akupunktur eingehen

Bis zum nächsten Arztbesuch sollte der Patient ein Migränetagebuch führen. Mithilfe der Aufzeichnungen lässt sich unter anderem erkennen, ob womöglich eine Medikamentenüberdosierung vorliegt. Grundsätzlich aber sollte es dem Arzt bei diesem zweiten Termin darum gehen, seinem Patienten weitere Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese umfassen nicht-pharmakologische Maßnahmen wie Akupunktur, die Einnahme von Vitaminpräparaten und Supplementen oder die Verordnung verschreibungspflichtiger Arzneimittel.

Sich hierbei an den Ergebnissen klinischer Studien zu orientieren, ist aus Sicht der beiden Kolleginnen nicht leicht: Viele Untersuchungen laufen nur über wenige Wochen, der Placeboeffekt dürfte also eine wichtige Rolle spielen. In den zahlreichen Arbeiten zum Thema werden zudem verschiedene Definitionen und Studiendesigns verwendet, und die unterschiedlichen Studienendpunkte erschweren den Vergleich der Behandlungsergebnisse.

Vor diesem Hintergrund muss man für jeden einzelnen Migränepatienten eine individuelle Therapie erarbeiten, so die Autorinnen. Zu berücksichtigen sind Alter, individuelle Patientenwünsche, Begleit­erkrankungen und mögliche unerwünschte Wirkungen der einzelnen Therapien. Akupunktur, Physiotherapie, Yoga­ oder Tai-Chi kommen zum Beispiel dann in Betracht, wenn ein Patient Medikamente eher meiden möchte oder wenn er bereits viele Tabletten schluckt. Für diese Menschen eignen sich aus Sicht von Dr. Angus-Leppan und Dr. Benson auch Supplemente mit Magnesium oder Riboflavin, Coenzym Q oder Zubereitungen mit Mutterkraut (Tanacetum parthenium).

Antikonvulsivum hebt als Nebeneffekt die Stimmung

Was Arzneimittel angeht, empfehlen die Kolleginnen für die Verordnung in der Hausarztpraxis Substanzen, die sich in Studien zur Migräneprophylaxe als effektiv und ausreichend sicher erwiesen haben:

  •  Betablocker sind für viele Patienten mit Tremor, Hypertonie oder Ängstlichkeit eine gute Wahl.
  •  Trizyklische Antidepressiva oder Valproat heben als Nebeneffekt die Stimmung.
  •  Topiramat hilft Übergewichtigen beim Abnehmen.

Die Patienten sollten ein Medikament über vier bis acht Wochen erfolglos ausprobiert haben, bevor man die Substanz wechselt. Kombinationen verschiedener verschreibungspflichtiger Arzneimittel sind zu vermeiden. Bei Zweifeln an der Diagnose, sehr ängstlichen Menschen oder bei ausbleibendem Effekt von zwei oder drei Arzneimitteln in adäquater Dosierung empfehlen die Autorinnen, einen Neurologen oder einen Kopfschmerzspezialisten hinzuzuziehen.

Quelle: Angus-Leppan H, Benson K. BMJ 2023; 382: e069494; DOI: 10.1136/bmj-2021-069494

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