Prostatahyperplasie: aktuelle Leitlinientherapie

Birgit Maronde; Foto: Frenzelll

Die Therapie des benignen Prostatasyndroms hat drei Ziele: Symptome beseitigen, Lebensqualität bessern und die Progression verhindern. Die aktualisierte Leitlinie verrät, wie dies mit konservativen Maßnahmen gelingt.

Für die konservative Behandlung des benignen Prostatasyndroms (BPS) gibt es drei Möglichkeiten:

  1. kontrolliertes Zuwarten,
  2. Phytotherapie und der
  3. Einsatz von α-1-Blockern, 5-α- Reduktasehemmern, Phosphodiesterase-Inhibitoren und Antimuskarinika.


Unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Urologie und des Arbeitskreises Benignes Prostatasyndrom der Akademie der Deutschen Urologen wurden diese Optionen kritisch unter die Lupe genommen.

Die Watch-and-wait-Strategie kommt für Männer mit BPS in Betracht, die unter ihren Beschwerden wenig leiden und nur ein geringes Risiko für die Progression der Erkrankung bzw. für Komplikationen haben. Um die Symptome zu lindern, sollten sie in der Lage sein, folgende Lebensstiländerungen zu berücksichtigen:

  • täglich nur etwa 1500 ml Flüssigkeit zu sich nehmen
  • gleichmäßig über den Tag verteilt trinken, übermäßige Flüssigkeitszufuhr am Abend oder vor bestimmten Aktivitäten vermeiden
  • übermäßigen Genuss von Kaffee, Alkohol und scharfen Gewürzen meiden (diuretisch/irritativ)
  • Harnröhre nach der Miktion ausstreichen, um Nachtröpfeln zu verhindern
  • Blasentraining


Nimmt der Patient Diuretika ein, sollte der Arzt die Indikation überprüfen bzw. den Einnahmezeitpunkt möglichst nicht auf den Abend legen. Seine Aufgabe ist es auch, den Kranken über das individuelle Risiko einer Progression und die Möglichkeiten der medikamentösen und operativen Therapie aufzuklären.

Welches Phytopräparat bei BPS?
In ihrer Leitlinie nennen die Autoren Phytopräparate, die in randomisierten, placebokontrollierten Studien über mindestens 24 Wochen positive Ergebnisse lieferten.

Sowohl den Symptomscore (IPSS) als auch die maximale Harnflussrate si­gnifikant bessern konnten: Harzol® 60, Azuprostat® 130, Prostagutt®forte (2x160/120mg)

Der IPPS wurde deutlich gebessert durch:
    Cernilton® (2 Kaspeln)   
Prosta Fink®forte (2 x 500 mg)   
Bazoton®uno (459 mg)   
Prostagutt®forte, PRO (2 x 160/120 mg)

Im Vergleich zu Finasterid erwies sich Prostagutt®forte (2 x 160/120 mg) als ebenbürtig. Gleiches galt für das französische Präparat Permixon®, das auch dem Vergleich mit Tamsulosin standhielt.

BPS zu 30% unbehandelt in Remission

IPPS*) „Einige Daten zeigen, dass es beim unbehandelten benignen Prostatasyndrom zu langfristigen Remissionen bei 20–30 % der Patienten kommen kann und das Risiko für eine Progression gering ist“, schreiben die Leitlinienautoren. Die Gefahr des akuten Harnverhalts wurde in verschiedenen Studien auf 4,5 bis 18/1000 Personenjahre beziffert. Als Risikofaktoren gelten ein Patientenalter über 70 Jahre, ein Symptomscore (IPPS*) > 19, ein maximaler Harnfluss < 12 ml/s und ein Prostatavolumen > 30 ml.

Welchen Stellenwert Phytopharmaka in der BPS-Behandlung haben, wird kontrovers diskutiert. Dies liegt zum einen an der Heterogenität der Präparate aus Blättern, Wurzeln oder Früchten verschiedener Pflanzen, zum anderen an unterschiedlichen Extraktionsverfahren der einzelnen Hersteller, die zu chemisch nur teilweise definierten, standardisierten Produkten führen.

Phytotherapie: Erfolg fragwürdig

Die Ergebnisse klinischer Studien mit dem speziellen Extrakt des einen Herstellers können nicht automatisch auf das Produkt eines anderen übertragen werden, so die Leitlinienautoren. Prinzipiell gilt: Hat sich ein bestimmtes Präparat in Studien gegenüber Placebo als überlegen erwiesen, kommt es bei moderaten Beschwerden bzw. geringem Leidensdruck in Betracht, sofern chemisch definierte Medikamente von dem Kranken abgelehnt werden. Ein positiver Einfluss auf die Blasenauslassob­struktion und die BPS-Progression der Erkrankung ist allerdings nicht zu erwarten.

Die α-1-Adrenozeptorantagonisten Alfuzosin, Doxazosin, Silodosin, Tamsulosin und Terazosin wirken symptomatisch gleich gut. Bei adäquater Dosierung können sie die Beschwerden – nach IPSS – innerhalb weniger Tage reduzieren. Die Blasenauslassobstruktion wird kaum, die Prostatagröße nicht beeinflusst. Langfristig ist trotz Therapie mit diesen Medikamenten zu erwarten, dass ein akuter Harnverhalt auftritt und der Patient operiert werden muss. Bei Patienten mit Prostatavolumen >30 ml scheint die Symptomlinderung nach vier Jahren nachzulassen.

Harndrang senken, Nykturie stoppen

Die 5-α-Reduktasehemmer Dutaserid und Finasterid sind bei einem Prostatavolumen ab 30–40 ml indiziert. Sie können die Symptome lindern und auch die BPS-Progression hemmen. Ein spürbarer symptomatischer Effekt tritt allerdings erst nach mehreren Monaten ein. Nur für Finasterid wurde der Effekt auf die Blasenauslassobstruktion untersucht und als sehr gering gewertet. Die Gabe von 5-α-Reduktasehemmern wird als Langzeittherapie (über mindestens 1 Jahr) empfohlen, so die Experten.

Phosphodiesterase-Inhibitoren wie Sildenafil, Tadalafil und Vardenafil können moderate und schwere BPS-Symptome bessern. Allerdings ist nur Tadalafil 5 mg für die Behandlung von BPS-PAtienten mit Symptomen des unteren Harntrakts (mit und ohne erektiler Dysfunktion) zuge­lassen. Im Vergleich zu Placebo scheint Tadalafil auch den maximalen Harnfluss steigern zu können.

Antagonisten des Muskarinrezeptors sind gegen imperativen Harndrang, Pollakisurie und Dranginkontinenz wirksam. Ein signifikanter Effekt auf IPSS-Score, Nykturie und Lebensqualität bei BPS ließ sich nicht nachweisen. Unverändert bleiben auch Prostatavolumen, maximaler Harnfluss und Restharnmenge.

Kombinationstherapie vorzuziehen

Leidet ein BPS-Patient unter moderaten bis ausgeprägten Miktionsbeschwerden und weist er ein erhöhtes Progressionsrisiko (Prostatavolumen > 30–40 ml) und einen maximalen Harnfluss < 15 ml/s auf, sollte man ihm die langfris­tige Therapie mit α-Blocker plus 5-α-Reduktasehemmer anbieten. Die Kombination von α-1-Blocker und PDE-5-Hemmer erscheint zwar theoretisch sinnvoll, die Leitlinienexperten bewerten die Studienlage jedoch bislang als uneinheitlich.

Die Kombination eines α-1-Blockers mit einem Muskarinrezeptorant­agonisten ist im Hinblick auf IPSS und Lebensqualität deutlich effektiver als die jeweilige Monotherapie, heißt es in der Leitlinie. Zwar steigt unter dem Duo die Restharnmenge geringfügig an, das Risiko für einen akuten Harnverhalt ist jedoch nicht erhöht.

* International Prostate Symptom Score S2e-Leitlinie „Therapie des Benignen Prostatasyndroms (BPS)“;

Quelle: www.awmf.org

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).