Pulmonaler Venenverschluss macht Druck

Dr. Melanie Söchtig

Eine frühzeitige Diagnose mit anschließender Überweisung an ein Lungentransplantationszentrum ist bei der pulmonalen venookklusiven Erkrankung unerlässlich. Eine frühzeitige Diagnose mit anschließender Überweisung an ein Lungentransplantationszentrum ist bei der pulmonalen venookklusiven Erkrankung unerlässlich. © Nian Keun – stock.adobe.com

Die pulmonale venookklusive Erkrankung lässt sich nur schwer von gängigeren Formen der PAH unterscheiden. Doch ist eine frühzeitige Differenzialdiagnose essenziell – für die Prognose und vor allem für die Therapieentscheidung.

Mit einer 1-Jahres-Mortalität von fast 72 % stellt die pulmonale venookklusive Erkrankung (PVOD) eine besonders gefährliche Form des präkapillären Lungenhochdrucks dar. Im Gegensatz zu anderen Formen der pulmonal-arteriellen Hypertonie (PAH) sprechen die Betroffenen in der Regel schlecht auf medikamentöse Therapieoptionen an. Hinzu kommt, dass PAH-spezifische Arzneimittel bei PVOD-Patienten ein lebensbedrohliches Lungenödem verursachen können. Deshalb ist eine frühzeitige Diagnose mit anschließender Überweisung an ein Lungentransplantationszentrum unerlässlich. Wissenschaftler um Dr. Benoit Lechartier von der Assistance publique – Hôpitaux de Paris haben die wichtigsten Aspekte rund um die PVOD zusammengetragen.

Fortschreitende Atemnot, Fatigue und Belastungsintoleranz sind typische Symptome, die sowohl bei PVOD als auch bei anderen PAH auftreten können. Jedoch weisen PVOD-Patienten tendenziell eine schwerere Symptomatik auf, die meist durch eine ausgeprägte Dyspnoe und Hypoxämie gekennzeichnet ist.
 

Begriffsdefinition

Gemäß der 2022 aktualisierten ESC/ERS-Leitlinie gehört die „PAH mit Merkmalen einer venösen/kapillären (PVOD/PCH) Beteiligung“ nun zu 1.1 innerhalb der Gruppe 1 der klinischen PH-Klassifikation. Sie bildet nicht länger eine spezielle Subgruppe. Auch wenn Evidenz dafür besteht, dass PVOD und PCH verschiedene Formen derselben Erkrankung sind, werden sie in dem vorliegenden Beitrag unter dem Begriff PVOD zusammengefasst.

Im Lungenfunktionstest zeigt sich bei PVOD eine reduzierte Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid bei erhaltenem Lungenvolumen. Hinsichtlich der pulmonalen Hämodynamik lassen sich keine bedeutenden Unterschiede zu anderen Formen des präkapillären Lungenhochdrucks feststellen. So ergibt eine Rechtsherzkatheteruntersuchung in der Regel einen mittleren pulmonalarteriellen Druck von ≥ 20 mmHg, einen pulmonal-arteriellen Verschlussdruck von ≤ 15 mmHg und einen erhöhten pulmonalen Gefäßwiderstand von > 2 Wood-Einheiten. Eine routinemäßige akute Vasoreaktivitätstestung ist bei Verdacht auf PVOD nicht angezeigt. Als Begründung führen die Autoren eine nur geringe Wahrscheinlichkeit für ein langfristiges Ansprechen auf Kalziumkanalblocker und das erhöhte Lungenödemrisikos während der Prozedur an.

Bildgebende Verfahren haben einen hohen Stellenwert für die Differenzialdiagnostik bei PVOD. Sie erlauben die Erfassung von hämodynamischen Störungen, die auf eine Gefäßverengung im alveolären Kapillarbett oder in den Lungenvenolen und kleinen Venen zurückzuführen sind. Die Echokardiografie eignet sich zum Ausschluss einer Linksherzerkrankung, nicht jedoch zur Unterscheidung zwischen PVOD und anderen PAH-Formen. Ein Röntgenthorax hat nur eine begrenzte Aussagekraft, da die Befunde denen einer Herzinsuffizienz ähneln.

Wichtige Hinweise können sich im Rahmen einer Mehrschicht-CT des Brustkorbs ergeben. Sie ist das bildgebende Verfahren der Wahl zur Abklärung einer PVOD. Charakteristische Befunde sind zentrilobuläre Milchglasherde, glatte interlobuläre Septumverdickungen, mediastinale Lymphadenopathien und pleuroperikardiale Ergüsse. Diese Veränderungen lassen sich allerdings auch bei anderen Erkrankungen wie Lungenödemen beobachten, ein normal großes linkes Atrium spricht im Zweifelsfall für eine PVOD. Darüber hinaus gilt es, weitere Differenzialdiagnosen auszuschließen, darunter interstitielle Lungenerkrankungen, Infektionen, lympho-proliferative Erkrankungen und eine tumorbedingte thrombotische Mikroangiopathie. Dies gelingt am besten, wenn die Ergebnisse der Bildgebung vor dem Hintergrund der klinischen Merkmale interpretiert werden.

Histopathologisch auffällig ist bei PVOD vor allem ein mikrovaskuläres Remodelling mit fibrösen Läsionen und Gefäßverengungen oder -verschlüssen. Eine Beteiligung der kleinen Venolen mit einem Durchmesser von weniger als 100 µm ist Voraussetzung für die Diagnosestellung einer PVOD.

Zu den potenziellen Risikofaktoren für PVOD zählen unter anderem eine berufliche Exposition gegenüber organischen Lösungsmitteln (z. B. Trichlorethylen) und eine stattgehabte Chemotherapie (z.B. mit Mitomycin C, Cyclophosphamid, Cisplatin). Daneben scheint es vererbbare Formen der Erkrankung zu geben. So konnte beispielsweise ein Zusammenhang mit einer Mutation im EIF2AK4-Gen festgestellt werden.

Bislang gibt es keine kausale Therapie, die das Voranschreiten der Erkrankung aufhalten kann. Die Standardbehandlung besteht in einer bilateralen Lungentransplantation. Bereits zum Zeitpunkt der Diagnose sollte diese Option mit allen Patienten, die dafür infrage kommen, besprochen werden. Als supportive Maßnahmen empfehlen sich die Verabreichung von Sauerstoff bei hypoxämischen Patienten und die Gabe von Diuretika zur Verringerung der rechtsventrikulären Vorlast sowie zur Vermeidung einer Flüssigkeitsretention.

Aufgrund des möglichen Risikos einer okkulten pulmonalen Blutung sollte eine Antikoagulation bei PVOD-Patienten nur in Ausnahmefällen erfolgen. Immunsuppressiva werden ausschließlich bei Patienten mit systemischen Erkrankungen (z.B. systemischer Lupus erythematodes) empfohlen.

Quelle: Lechartier B et al. Eur Respir Rev 2024; 33: 230156; DOI: 10.1183/16000617.0156-2023

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