
Neue Lunge, neues Leben

Weltweit werden jedes Jahr rund 4.500 Lungentransplantationen durchgeführt. Die Hauptindikationen dafür sind COPD sowie Lungenemphyseme infolge eines Alpha-1-Antitrypsin-Mangels. Bei der Auswahl geeigneter Kandidaten spielt insbesondere die Frage eine Rolle, wie groß die Chance ist, dass der Eingriff die Überlebenschancen des Patienten verbessert, schreiben Prof. Dr. Geert Verleden vom University Hospital Gasthuisberg und Prof. Dr. Jens Gottlieb von der Medizinischen Hochschule Hannover. Laut der International Society for Heart and Lung Transplantation sollte eine Lungentransplantation bei Erwachsenen mit chronischer Lungenerkrankung im Endstadium erwogen werden, die folgende Kriterien erfüllen:
- hohes Risiko (> 50 %), innerhalb von zwei Jahren an der Lungenerkrankung zu sterben, wenn keine Lungentransplantation durchgeführt wird
- hohe Wahrscheinlichkeit (> 80 %) für ein Fünf-Jahres-Überleben nach der Transplantation aus allgemeinmedizinischer Sicht – ausreichende Transplantatfunktion vorausgesetzt.
Bei der Beurteilung von Kandidaten gilt es darüberhinaus, körperliche Begleiterkrankungen, psychosoziale Faktoren und das Rehabilitationspotenzial zu berücksichtigen. Es gibt eine ganze Reihe von absoluten Kontraindikationen für eine Lungentransplantation. Hierzu zählen beispielsweise Schlaganfall oder Herzinfarkt in den vorangegangenen 30 Tagen, akutes Leberversagen sowie eine aktive extrapulmonale oder disseminierte Infektion. Auch maligne Erkrankungen mit hohem Rezidiv- oder Mortalitätsrisiko stellen eine absolute Kontraindikation dar. Jedoch gibt es bezüglich des Einflusses auf das Risiko erhebliche individuelle und krankheitsbedingte Unterschiede. Bei einem krankheitsfreien Intervall von weniger als zwei Jahren ist eine individuelle onkologische Beurteilung sinnvoll – gegebenenfalls im Rahmen von Tumorboards.
Darüber hinaus sind verschiedene Risikofaktoren bekannt, die sich ungünstig auf das Ergebnis der Transplantation auswirken können. Neben unveränderbaren Risikofaktoren wie einem hohen Lebensalter gehören auch modifizierbare Risikofaktoren dazu. So profitieren zum Beispiel übergewichtige Patienten von einer Gewichtsreduktion vor dem Eingriff. Verpflichtend ist außerdem die strikte Nikotinabstinenz vor einer Lungentransplantation.
Patienten kommen für eine Lungentransplantation infrage, wenn keine offensichtlichen Kontraindikationen bestehen. Zudem müssen andere Behandlungsmöglichkeiten, einschließlich medikamentöser Therapie, Rehabilitation, Sauerstofftherapie, nicht-invasiver Beatmung und Lungenvolumenreduktion, ausgeschöpft bzw. nicht durchführbar sein. Nach Meinung der Autoren sollten Patienten im fortgeschrittenen COPD-Stadium an ein Transplantationszentrum überwiesen werden, wenn folgende drei Bedingungen erfüllt sind:
- rezidivierende Exazerbationen,
- Ateminsuffizienz (Notwendigkeit einer Langzeit-Sauerstofftherapie und/oder nicht-invasiven Beatmung) und
- Anzeichen einer pulmonalen Hypertonie.
Zur Basisdiagnostik, die vor der Vorstellung im Transplantationszentrum durchzuführen ist, gehören Spirometrie, arterielle Blutgase, Labortests (Beurteilung von Blutbild, Nieren- und Leberfunktion), Echokardiografie, abdominale Ultraschalluntersuchung und eine Computertomografie des Brustkorbs. Darüber hinaus sind eine zahnärztliche Untersuchung sowie eine gynäkologische Untersuchung (bei Frauen über 50 Jahre einschließlich Mammografie) bzw. Prostatakrebsvorsorge sinnvoll.
Zu den Untersuchungen vor Aufnahme in die Warteliste gehören u.a. eine Typisierung der humanen Leukozytenantigene und ein Antikörperscreening. Je nach Alter und Risiko sind unter Umständen zusätzlich eine Koronarangiografie, eine Rechtsherzkatheteruntersuchung, ein Gefäßultraschall, eine Knochendichtemessung und – bei über 50-Jährigen – eine Koloskopie nötig.
Komplikationen nach einer Lungentransplantation sind eher die Regel als die Ausnahme. Darauf sollten Patienten im Vorfeld unbedingt hingewiesen werden. So entwickelt beispielsweise rund die Hälfte der COPD-Patienten innerhalb von fünf Jahren nach der Transplantation eine chronische Lungenallotransplantationsdysfunktion (CLAD). Eine CLAD ist charakterisiert durch einen progressiven und permanenten Verlust der Lungenfunktion. Die Behandlungsmöglichkeiten sind stark limitiert und nur in wenigen Fällen kann eine erneute Transplantation durchgeführt werden. Weitere mögliche Komplikationen umfassen u.a. die Entwicklung von soliden Tumoren sowie Infektionen.
Quelle: Verleden GM, Gottlieb J. Eur Respir Rev 2023; 32: 220116; DOI: 10.1183/16000617.0116-2022
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