Rhinosinusitis - zwischen akut und chronisch unterscheiden!

Dr. Anja Braunwarth, Foto: thinkstock

Nur Nase oder Nebenhöhlen oder beides, chronisch oder akut – bei Rhinitis und Sinusitis existieren einige Verwirrungen.

Eine akute Rhinosinusitis klingt nach maximal zwölf Wochen ab, während bei der chronischen die Beschwerden über diesen Zeitraum hinaus anhalten. Unter der akuten Form versteht man einen entzündlichen Prozess der Nase, der Abfluss und Ventilation der Nebenhöhlen beeinträchtigt.

Bei chronischer Form der Rhinosinusitis wuchert Gewebe

Die Chronifizierung ist dagegen durch vermehrte Gewebebildung gekennzeichnet, die zur Obstruktion führt. Auch hier spielt die mukosale Entzündung eine Rolle. Die genaue Pathophysiologie ist allerdings nicht geklärt. Die akute Rhinosinusitis ist eine primär klinische Diagnose mit mindestens zwei der folgenden Symptome:

  • nasale Obstruktion
  • Sekretion aus der Nase
  • Schmerzen oder Druckgefühl über den Nebenhöhlen
  • abgeschwächtes Riechvermögen


Dazu können noch endoskopische Zeichen wie Nasenpolypen, eitriger Ausfluss oder Schwellung und Obstruktion – vor allem im mittleren Nasengang – sowie computertomographische Veränderungen kommen.


Bei der chronischen Rhinosinusitis stehen gestörte Nasenatmung, Kopfschmerzen, Druck- oder Schwellungsgefühl, Riechstörungen, anterograde oder postnasale Sekretion sowie Infektanfälligkeit im Vordergrund.

Eiter = Bakterien - so einfach ist es nicht

Eitriges Sekret allein verrät noch nicht, ob es sich um einen bakteriellen oder – sehr viel häufiger – einen viralen Infekt handelt, betonen Professor Dr. Boris Stuck von der Universitäts-HNO-Klinik Mannheim und seine Kollegen. Für eine virale Genese spricht, wenn die Symptome in weniger als zehn Tagen abklingen, die Erkrankung ist selbstlimitierend. Häufige Auslöser sind Rhino-, Influenza- und Parainfluenzaviren. Bei bakteriellen Entzündungen handelt es sich meist um Superinfektionen, die sich in bis zu 2 % aller viralen Entzündungen entwickeln. Auch Pilze können Nase und Nebenhöhlen infizieren.

Differenzialdiagnosen der akuten und chronischen Rhinosinusitis

Allergische Rhinitisintermittierend und persistierend
Nicht allergische
Rhinitis
viral, hyperreflektorisch,
nichtallergisch-eosinophil,
Schwangerschaftsrhinitis
Medikamentöse
Rhinopathie
Kokainabusus, Privinismus,
Antihypertensiva, Betablocker,
PDE-5-Inhibitoren, Hormonpräparate
Fehlbildungen und
mechanische Ursachen
Muko- und Pyozelen, Fremdkörper,
Septumdeviation, adenotonsilläre
Hyperplasie, Concha bullosa,
Meningo(enzephalo)zele
Tumoreninvertierte Papillome, Nasopharynx-,
Adeno- oder Plattenepithelkarzinome,
adenoidzystische Karzinome,
maligne Lymphome


Erwachsene erkranken hierzulande etwa zwei- bis fünfmal im Jahr an einer „Erkältung“ (akute Rhinosinusitis), Schulkinder erwischt es sieben- bis zehnmal. In diesem Alter werden sie durch Immunschwäche oder eine ziliäre Dyskinesie begüns­tigt. Vergrößerte Adenoide dienen als Bakterienreservoir und können die chronische Form unterhalten.


Unter einer chronischen Rhinosinusitis leiden etwa 5 % der Bevölkerung, sie kann die Lebensqualität erheblich einschränken. Die Ursache können Polypen sein, die zu 65–90 % eosinophiler Natur und dann in bis zu 25 % der Fälle mit einer Acetylsalicylsäure-Intoleranz assoziiert sind. Außerdem sind bis zu 40 % der Patienten auch von Asthma betroffen. Liegen alle drei Entitäten vor, spricht man von der Samter- oder Widal-Trias.


Umgekehrt wird die Inzidenz der Rhinosinusitis bei Asthmatikern mit 40–75 % angegeben, klinisch verschlechtert sie die Lungenkrankheit. Eine allergische Diathese findet sich bei 25–30 % aller akuten Rhinosinusitiden und 40–80 % der chronischen. Für die Pathophysiologie der Polyposis nasi ist Staph. aureus von wesentlicher Bedeutung, seine Enterotoxine wirken als Superantigene, die T-Zellen aktivieren und eine polyklonale IgE-Synthese induzieren.


Die Diagnostik der akuten Rhinosinusitis fußt zunächst auf dem klinischen Bild. Neben den Kardinalsymptomen können

  • Halsschmerzen,
  • Dysphonie,
  • Husten und
  • Allgemeinbeschwerden wie Abgeschlagenheit, Krankheitsgefühl oder Fieber vorliegen.


Ergänzend ist die nasale Endoskopie hilfreich. Sichtbarer Eiter im mittleren Nasengang, eitriger Sekretfluss in den Rachen (postnasal drip) und eine prämaxillare Schwellung gelten als nahezu beweisend. Abstriche aus dem mittleren Nasengang sind in ihrer Wertigkeit Kieferhöhlenpunktaten gleichzusetzen.


Eine fachärztliche Untersuchung sowie weiterführende Diagnostik und dringende Behandlung sind erforderlich bei:

  1. atypischem Gewebe/einseitiger Polyposis in der Nasenhaupthöhle
  2. Nasenbluten 
  3. starken Schmerzen 
  4. orbitaler oder präfrontaler Schwellung
  5. Sehstörungen 
  6. erworbener Asymmetrie des Mittelgesichtes oder der Augen
  7. Parästhesie im Trigeminusbereich


Für die Diagnose der chronischen Rhinosinusitis fordern die Autoren mindestens zwei der Hauptsymptome plus charakteristische Befunde bei Endoskopie und/oder CT. Der Ultraschall, mit dem sich Sekretansammlungen in den Sinus gut darstellen lassen, eignet sich bei Verdacht auf ein Kieferhöhlenempyem. Die konventionellen Röntgenaufnahmen sind durch Schnittbildverfahren abgelöst worden. Studien haben gezeigt, dass damit gegenüber einem CT ein Drittel der akuten Rhinosinusitiden übersehen wurde.


Bei oft rezidivierenden und schweren Entzündungen sollten kongenitale oder erworbene Immundefizite abgeklärt werden. Auch die Sarko­idose oder die Wegener’sche Granulomatose sind in Betracht zu ziehen.

Antibiotika nur bei klarer Indikation 

Da die Mehrzahl akuter Rhinosinusitiden viral bedingt ist, raten die Experten von einer generellen Antibiotikagabe ab. Selbst bei eindeutig bakterieller Entzündung (und sonst gesundem Patienten) sollten die Substanzen nur unter bestimmten Umständen gegeben werden (s. Tabelle). Als Mittel der Wahl gilt Amoxicillin, alternativ können Aminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor, ein Oralcephalosporin, ein Makrolid, Cotrimoxazol, Doxycyclin oder Clindamycin – Letzteres mit engem Wirkspektrum – gegeben werden. Bei Komplikationen wie Stirnhöhlenempyem oder Orbitaödem ist die Antibiotikatherapie vorteilhaft, weil sich dadurch evtl. Operationen vermeiden lassen.

Da die Mehrzahl akuter Rhinosinusitiden viral bedingt ist, raten die Experten von einer generellen Antibiotikagabe ab. Selbst bei eindeutig bakterieller Entzündung (und sonst gesundem Patienten) sollten die Substanzen nur unter bestimmten Umständen gegeben werden (s. Tabelle).


Als Mittel der Wahl gilt Amoxicillin, alternativ können Aminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor, ein Oralcephalosporin, ein Makrolid, Cotrimoxazol, Doxycyclin oder Clindamycin – Letzteres mit engem Wirkspektrum – gegeben werden. Bei Komplikationen wie Stirnhöhlenempyem oder Orbitaödem ist die Antibiotikatherapie vorteilhaft, weil sich dadurch evtl. Operationen vermeiden lassen.

Antibiotika bei Schnupfen
Patienten mit akuter Rhinosinusitis brauchen Antibiotika bei:
• starken Beschwerden

• Fieber >38,3 °C 

• sich verschlimmernden 
Beschwerden im Verlauf

• drohenden Komplikationen

• chronisch-entzündlicher Lungenerkrankung

• Immundefizienz- oder 
-suppression

• schwerer Grunderkrankung 
oder besonderen Risikofaktoren


Für die Behandlung der chronischen Rhinosinusitis kann eine längerfristige Antibiotikagabe (> 3 Wochen) in Kombination mit Steroiden als Alternative zur Operation erwogen werden. Aminopenicillin plus Betalaktamase-Inhibitor oder Cephalosporin 2 sind zu bevorzugen. Ein Kortikoidnasenspray empfiehlt sich sowohl für die akute als auch für die chronische Form, weil die antiinflammatorischen Eigenschaften zur Symptomlinderung beitragen.


Bei Nasenpolypen kann die topische Gabe u. U. eine Op. oder ein Rezidiv nach chirurgischem Eingriff ver­meiden. Obwohl es keine kontrollierten Untersuchungen dazu gibt, befürworten die Autoren lokal abschwellende Präparate. Sie lindern die Obstruktion und bessern das subjektive Befinden. Ihr Einsatz sollte allerdings auf maximal sieben bis zehn Tage begrenzt werden.


Antihistaminika sind nur bei nachgewiesener Allergie indiziert, von Sekretolytika, Zink-, Vitamin-C- und Echinacea-Präparaten sowie homöopathischen Mitteln wird abgeraten. Der Leukotrienantagonist Montelukast hat bei der Polyposis nasi in kleineren Untersuchungen günstige Effekte gezeigt, die Fallzahlen reichen aber für eine generelle Empfehlung nicht aus.


Für Myrtol, Cineol und Bromelain gibt es Hinweise auf Symptomlinderung bei akuter, nicht eitriger Entzündung, eine Primelmischung scheint bei akuter, bakterieller Rhinosinusitis günstig zu wirken. Nasenspülungen oder -sprays mit hypertonen gepufferten Lösungen können die Beschwerden bei chronischen Verläufen mildern, das gilt auch für die Inhalation warmer Dämpfe (42–45 °C). Der Zusatz ätherischer Öle bringt keinen Nutzen.


Bei starken Schmerzen ist der Einsatz von Analgetika/Antiphlogistika gerechtfertigt. Geht die Rhinosinusitis mit einer Analgetika-Intoleranz einher, kommen nur COX-2-Hemmer infrage. Eine Akupunktur kann bei ausgeprägter Cephalgie helfen. Eine Operationsindikation liegt bei akuter Entzündung vor, wenn endokranielle, orbitale oder septische Komplikationen auftreten.


Chronische Formen sollten chirurgisch behandelt werden, wenn die konservative Therapie keine oder keine dauerhafte Besserung bringt.

Quelle:   AWMF-Register

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