Richtige Neuroleptika bei Negativsymptomatik auswählen

Dr. Melanie Söchtig/Dr. Anja Braunwarth

Neuroleptika wirken häufig auf Positivsymptome und beeinflussen die Negativsymptomatik kaum. Neuroleptika wirken häufig auf Positivsymptome und beeinflussen die Negativsymptomatik kaum. © alexkoral – stock.adobe.com

Bei der Schizophrenie dominieren im Akutfall die psychotischen Elemente. Zwischen den Schüben überwiegt aber die Negativsymptomatik, die entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der Patienten nimmt. Nicht-medikamentöse Maßnahmen haben in der Behandlung dieser Symptome einen großen Stellenwert.

Zu den typischen psychotischen Symptomen im Schub einer paranoiden Schizophrenie gehören akustische Halluzinationen, Verfolgungswahn und Ich-Störungen, z.B. Gedankenentzug oder -eingebung. Neben dieser Positivsymptomatik erleben viele Betroffene im Krankheitsverlauf eine zunehmende Negativsymptomatik, vor allem zwischen den Schüben. Und nach jedem Schub bleibt meist ein Teil davon zurück, früher vorhandene psychische und kognitive Fähigkeiten gehen verloren, schreibt Prof. Dr. Tom Bschor, Psychiater aus Berlin. 

Wenig Überzeugendes gegen Negativsymptome

So kann es zum Verlust von Antrieb und Intentionalität (zielgerichtete Lebensführung) sowie früherer Interessen, Aktivitäten und sozialer Kontakte kommen. Kognitive Einschränkungen betreffen u.a.  Aufmerksamkeit, Verarbeitungsgeschwindigkeit, Lernen und Gedächtnis, exekutive Funktionen (Inhibitionskontrolle, Planen, Problemlösen) oder Funktionen der sozialen Kognition.

Die Negativsymptomatik hat einen stärkeren Einfluss auf langfristige krankheitsbedingte Einschränkungen als die Positivsymptomatik. Zu ihrer Therapie steht aber nur wenig Überzeugendes zur Verfügung. Umso wichtiger ist es, die vorhandenen Möglichkeiten gut abgestimmt zu nutzen, betont Prof. Bschor. 

Generell benötigen die meisten Patienten mit einer Schizophrenie eine Langzeitbehandlung, bestehend aus pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Ansätzen. Unter die nicht-pharmakologischen Maßnahmen gegen Negativsymptome fallen psychotherapeutische und psychosoziale Interventionen. Die Psychotherapie kann einzeln oder in einer Gruppe stattfinden. Zum psychosozialen Bereich gehört z.B. Unterstützung in Tagesgestaltung, Alltag, Selbstfürsorge, Aktivitäten, sozialen Kontakten, Arbeit, Finanzen und Gesundheitssorge. Sie soll dabei helfen, Integration und soziales Funktionsniveau zu verbessern.

Zur Behandlung kognitiver Beeinträchtigungen kommen Ergotherapie, Arbeitstherapie und Training sozialer Fertigkeiten infrage. Darüber hinaus kann ein gezieltes kognitives Training helfen, das sich speziell auf kognitive Prozesse wie Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Exekutivfunktionen, soziale Kognition und Metakognitionen richtet. Diese Strategien fasst man unter dem Begriff der kognitiven Remediation zusammen, sie lassen sich als trainingsbasierte Interventionen häufig am Computer durchführen. Die kognitive Remediation erzielt Besserungen in mittleren bis großen Effektstärken, die über das Therapieende hinaus anhalten können. 

Während Neuroleptika häufig gut auf die Positivsymptomatik wirken, beeinflussen sie die Negativsymptomatik samt den kognitiven Beeinträchtigungen eher wenig. Erfolgsaussichten bestehen noch am ehesten bei atypischen Neuroleptika.

Neuroleptika können Kognition verschlechtern

Die Leitlinie empfiehlt bei dominierender Negativsymptomatik Amisulprid oder Olanzapin. Im Behandlungsalltag haben auch Aripiprazol und Cariprazin einen Stellenwert, erklärt Prof. Bschor. Beim Einsatz von Neuroleptika ist jedoch immer eine gewisse Vorsicht geboten, da sie die kognitiven Fähigkeiten verschlechtern können.

Für die Auswahl des konkreten Arzneimittels ist vor allem auch das Nebenwirkungsprofil relevant (s. Tabelle). Bei unzureichendem Ansprechen der Negativsymptomatik auf eine neuroleptische Monotherapie sollten in erster Linie die nicht-pharmakologischen Maßnahmen intensiviert werden. Zusätzlich können Antidepressiva zum Einsatz kommen.

Wahl des Neuroleptikums per Ausschlussverfahren
Kriterium ungeeignet
Übergewicht oder andere kardiovaskuläre Risikofaktoren, Müdigkeit Olanzapin, Clozapin, Quetiapin
Risiko für eine QT-Zeit-Verlängerung (z.B angeborenes Long-QT-Syndrom, Elektrolytstörungen) Melperon, Pimozid, Sertindol, Thioridazin, Ziprasidon, hochdosiertes Haloperidol i.v.
Prolaktinerhöhung, sexuelle Funktionsstörungen Amisulprid, Paliperidon, Risperidon
Epilepsie Clozapin, Olanzapin und Quetiapin mit Einschränkungen
anticholinerge Effekte Clozapin

Quelle: Bschor T. Arzneiverordnung in der Praxis 2022

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Neuroleptika wirken häufig auf Positivsymptome und beeinflussen die Negativsymptomatik kaum. Neuroleptika wirken häufig auf Positivsymptome und beeinflussen die Negativsymptomatik kaum. © alexkoral – stock.adobe.com