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Schizophrenie am Muskarinrezeptor packen

Die derzeit zugelassenen Antipsychotika zur Behandlung der Schizophrenie wirken überwiegend durch die Blockade von Dopamin-2-Rezeptoren. Für bis zu 30 % der Patienten ist das allerdings nicht ausreichend. Möglicherweise kann ihnen besser mit Substanzen geholfen werden, die das muskarinerge Acteylcholin-System adressieren – ein Neurotransmitter-System, das ebenfalls in die Pathophysiologie der Schizophrenie involviert ist.
Patienten litten an Übelkeit, Schwitzen und Speichelfluss
Vielversprechend in dieser Hinsicht ist der muskarinerge Acteylcholinrezeptor-Agonist Xanomelin, der relativ spezifisch an die Rezeptorsubtypen M1 und M4 bindet. In kleineren Studien mit Schizophrenie- und Alzheimerdemenz-Patienten dämpfte Xanomelin einige psychotische Symptome besser als Placebo, ging allerdings mit cholinergen Nebenwirkungen wie Übelkeit/Erbrechen, Schwitzen und Speichelfluss einher.
Um die cholinergen Effekte in der Peripherie zu lindern, kann man Xanomelin mit dem Muskarinrezeptor-Antagonisten Trospium kombinieren. Trospium ist bei der überaktiven Blase zugelassen und überwindet die Bluthirnschranke nicht. Sicherheit und Effektivität dieser Kombi untersuchten nun Dr. Stephen Brannan, Karuna Therapeutics, Boston, und seine Kollegen in einer doppelblinden Phase-2-Studie.
Einbezogen waren 182 Schizophreniepatienten mit einem durchschnittlichen Basiswert von 97 Punkten in der Positive and Negative Syndrom Scale (PANSS). 90 von ihnen erhielten über fünf Wochen zweimal täglich Xanomelin und Trospium, 92 bekamen ein Placebo. Zum Studienende war der PANSS in der Verumgruppe um -17,4 und in der Placebogruppe um -5,9 Punkte gefallen – ein hochsignifikanter Unterschied. Auch bei sekundären Endpunkten zum Beispiel zur globalen Gesundheit und zu Einzelsymptomen schnitten die Patienten unter Xanomelin-Trospium besser ab.
Allerdings gab es auch zahlreiche cholinerg und anticholinerg geprägte Nebenwirkungen wie Obstipation, trockener Mund, Übelkeit und Erbrechen sowie Dyspepsie. Diese Beschwerden ließen allerdings – abgesehen von der Verstopfung – im Laufe der Behandlung nach. Andere von Antipsychotika bekannte Nebenwirkungen wie Somnolenz, Gewichtszunahme und extrapyramidale Symptome traten in beiden Gruppen ähnlich oft auf.
Das Fazit der Studienärzte lautet: Xanomelin-Trospium zeigt einen hohen antipsychotischen Effekt und sollte nun in größeren und länger dauernden Studien weiter untersucht werden.
Quelle: Brannan SK et al. N Engl J Med 2021; 384: 717-726; DOI: 10.1056/NEJMoa2017015
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