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Wenn die Symptome persistieren

Therapieresistenz ist bei Schizophrenie keine Seltenheit. Je nach Studie und Kollektiv erreichen bis zu 70 % der Patienten unter einer Monotherapie keine Verbesserung von ≥ 20 % auf der Positive and Negative Syndrome Scale (PANSS), berichtete Prof. Dr. Gerhard Gründer vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Zeigt sich trotz ausreichender Behandlungsdauer ein ungenügendes Ansprechen, gilt es, gemäß der aktuellen Leitlinie folgende Punkte zu prüfen, bevor man einen Medikamentenwechsel anvisiert:
- Diagnose
- psychiatrische und somatische Komorbiditäten
- Gebrauch illegaler Substanzen
- Vorhandensein belastender Nebenwirkungen
- effektive Dosierung (inklusive Spiegelbestimmung und Interaktionsprüfung)
- Umweltfaktoren
- effektive Behandlungsdauer
Prof. Gründer plädierte dafür, die Indikation für das therapeutische Drug-Monitoring breit zu stellen, z.B. um eine Non-Adhärenz auszuschließen. Auch wenn der Patient trotz ausreichender Dosis nicht auf die Behandlung anspricht, bietet sich die Spiegelbestimmung an. So sind z.B. 1 % der Patienten ultraschnelle Metabolisierer und bei Rauchern ist mit reduzierten Spiegeln von Olanzapin und Clozapin zu rechnen. Weitere Indikationen fürs Drug-Monitoring sind ausgeprägte Nebenwirkungen (vor allem bei Menschen mit schlechter Metabolisierung, Prävalenz ca. 5 %) und Medikamenteninteraktionen (z.B. durch Carbamazepin als Enzyminduktor).
Web-Infos zum Drug-Monitoring
Das Ansprechen auf ein Antipsychotikum sollte gemäß der Leitlinie bereits nach zwei Wochen mit geeigneten Skalen überprüft werden, betonte Prof. Dr. Stefan Leucht vom Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München. Auch wenn der volle Wirkeintritt später erreicht wird, lässt sich nach zwei Wochen häufig schon ein Ansprechen erkennen. Ist dies nicht der Fall, liegt mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Nichtansprechen vor. Prof. Leucht empfahl allerdings, drei Wochen abzuwarten, bevor auf ein anderes Antipsychotikum umgestellt wird. Eine Dosiseskalation über den zugelassenen Dosisbereich hinaus ist nicht zu empfehlen, denn einer Metaanalyse zufolge hat dies keinen signifikanten Effekt bei Patienten, die initial nicht auf das jeweilige Antipsychotikum angesprochen haben.
Überlappende Therapie ist am wirksamsten
Die Umstellung von dem einen auf ein anderes Antipsychotikum erfolgt am häufigsten via Kreuztitration oder überlappender Therapie (Substanz A wird erst dann sukzessive abgesetzt, wenn Substanz B aufdosiert ist). Letztere ist laut Prof. Leucht hinsichtlich der Wirksamkeit die sicherste Methode, kann aber mit mehr Nebenwirkungen einhergehen.
Besteht auch nach der Monotherapie mit einem zweiten Antipsychotikum weiter eine Therapieresistenz, kann zunächst über acht Wochen Clozapin in einer Dosis von 300–800 mg angeboten werden. Erst wenn auch diese Option nicht ausreichend wirkt, ist nach Leitlinie eine antipsychotische Kombination zu erwägen. Prof. Leucht empfahl, die Kombination je nach Zielsymptom zu wählen und dabei auch andere Wirkstoffklassen zu berücksichtigen. So gibt es eine gute Evidenz für die Wirksamkeit einer Kombination von Antipsychotika mit Antidepressiva auf Negativsymptome und Depressivität bei Schizophrenie.
Bei eindeutiger medikamentöser Therapieresistenz ist die Augmentation mit einer Elektrokrampftherapie (EKT) sowohl kurz- als auch langfristig wirksam.
Ein Thema, vier Variationen
- Early-Onset-Therapieresistenz: Auftreten im ersten Jahr nach Diagnosestellung
- Medium-Onset-Therapieresistenz: Auftreten ein bis fünf Jahre nach Diagnosestellung
- Late-Onset-Resistenz: Auftreten mehr als fünf Jahre nach Diagnosestellung
- Ultra-Therapieresistenz: Nicht-Ansprechen trotz dreimonatiger Behandlung mit Clozapin bei ausreichendem Plasmaspiegel
Jedem Patienten die KVT anbieten
Eine niederfrequente repetitive transkranielle Magnetsimulation (rTMS) über dem linken Temporallappen kann laut Leitlinie ergänzend bei persistierenden akustischen Halluzinationen, eine hochfrequente rTMS über dem linken dorsofrontalen präfrontalen Kortex bei persistierenden Negativsymptomen erwogen werden.
Eine hohe Empfehlungsstärke erhielt die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) bei medikamentös behandlungsresistenter Schizophrenie und bei häufigen Rezidiven schon in früheren Versionen der Leitlinie. Aktuell sollte jeder Mensch mit einer ersten psychotischen Episode und jeder Betroffene mit der Diagnose Schizophrenie KVT angeboten bekommen.
Was pharmakologische Therapieresistenz bedeutet
Die S3-Leitlinie Schizophrenie fordert für die Feststellung einer Therapieresistenz:
- Eine Pseudotherapieresistenz wurde bei dem Patienten ausgeschlossen.
- Es liegt zumindest ein moderater Schweregrad der Schizophrenie vor. Während der jeweils sechswöchigen Behandlungsphasen zeigte der Patient Besserungen von maximal 20 % gemäß der Standard-Ratingskalen.
- Die Mindestbehandlungsdauer beträgt insgesamt zwölf Wochen. In dieser Zeit wurden zwei verschiedene Antipsychotika über jeweils mindestens sechs Wochen gegeben.
- Die Medikamente wurden ausreichend hoch dosiert (durchschnittlich 600 mg Chlorpromazin-Äquivalent), der Patient hat mindestens 80 % der verordneten Dosis eingenommen.
- Als klinische Endpunkte werden Symptomschwere und Funktionsniveau herangezogen. Sie müssen standardisiert erhoben werden.
Quelle: DGPPN* Kongress 2021
* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde
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