Runter mit dem Cholesterin, aber richtig

Dr. Dorothea Ranft

In Schwangerschaft und Stillzeit sind Statine tabu. In Schwangerschaft und Stillzeit sind Statine tabu. © shidlovski – stock.adobe.com

Mehr als 145 Millionen Menschen weltweit nehmen Statine als Lipidsenker ein. Doch mehr als jeder Zweite setzt das Medikament binnen eines Jahres wegen tatsächlicher oder vermeintlicher Nebenwirkungen ab. Dem lässt sich vorbeugen, indem man schon beim Start in die Therapie die Weichen richtig stellt.

Am besten fragt man seinen Patienten vor der Verschreibung eines Statins, ob er ein solches Medikament schon einmal eingenommen hat. Bejaht er die Frage, erkundigt man sich nach der Indikation der damaligen Verordnung und dem erzielten Erfolg, nach Nebenwirkungen und dem Grund für das Absetzen. Dieser Gesprächsauftakt eröffnet die Möglichkeit, über die aktuelle Notwendigkeit einer lipidsenkenden Medikation, ihre Risiken und Chancen, über alternative Optionen sowie die Konsequenzen einer unzureichenden Blutfettsenkung zu sprechen.

Es gibt große Unterschiede zwischen der Primär- und Sekundärprävention von Herz-Kreislauf-Krankheiten, schreiben Dr. Spoorthy Kulkarni von der Uniklinik Cambridge und Kollegen. Um ein Koronarereignis innerhalb der folgenden fünf Jahre zu verhindern, müssen bei niedrigem Risiko 146 Patienten mit einem Statin behandelt werden, bei starker Gefährdung sind es 53. Entscheidungshilfen aus dem Internet vermitteln anschaulich den erwartbaren Effekt. Der individuelle Zielwert für das LDL-Cholesterin (LDL-C) hängt vom Ausmaß des vaskulären Risikos ab (s. Kasten). 

Häufigster Grund für ein Absetzen des Statins sind Muskelbeschwerden wie Schmerzen, Steifigkeit und Schwäche. Diese Symptome lassen sich jedoch seltener auf den Lipidsenker zurückführen als weithin vermutet wird, so das Autorenteam. In einer Metaanalyse placebokontrollierter Studien wurden gerade einmal elf zusätzliche unerwünschte Ereignisse pro 1.000 Patientenjahre gezählt.

Lipidzielwerte nach ESC/EAS*

Sehr hohes Risiko: Ziel ist die LDL-C-Reduktion um > 50 % bzw. < 1,4 mmol/l. Gestartet wird mit Atorvastatin (40–80 mg/d) oder Rosuvastatin (20–40 mg/d). Simvastatin (80 mg/d) wird wegen des ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses nicht mehr empfohlen.

Hohes Risiko: Angestrebt wird die LDL-C-Reduktion um > 50 % bzw. < 1,8 mmol/l. Begonnen wird mit Atorvastatin (40–80 mg) oder Rosuvastatin (20–40 mg/d).

Moderates Risiko: Der LDL-C-Zielwert ist < 2,6 mmol/l. Die Therapie startet mit Atorvastatin 10–20 mg/d, Rosuvastatin 5–10 mg/d, Simvastatin 20–40 mg/d, Pravastatin 40–80 mg/d, Fluvastatin XL 80 mg/d, Fluvastatin 40 mg 2 x täglich, Lovastatin 40 mg/d oder Pitavastatin 2–4 mg/d.

* European Society of Cardiology/European Atherosclerosis Society

Erhöhte Leberwerte fallen bei 0,5–2 % der Statinpatienten auf, am häufigsten ist ein leichter Anstieg der Alanin-Aminotransferase (ALT < dreifacher oberer Normwert). Schwere hepatische Schäden werden kaum registriert (≤ 2 Fälle/100.000 Patientenjahre). Zwar ist unter einer Statintherapie die Inzidenz für einen Diabetes mellitus leicht erhöht, aber für eine zusätzliche Erkrankung müssen 99 Patienten über fünf Jahre hinweg mit den Lipidsenkern behandelt werden. Besonders gefährdet sind Personen mit hohem BMI, Prädiabetes und metabolischem Syndrom.

Unter hoher Dosierung potenter Statine kommt es häufiger zu einer Proteinurie. Aufgrund des langfristigen Nutzens ist aber auch das in der Regel kein Anlass, die Medikamente abzusetzen. Beachtet werden sollte stets das Interaktionspotenzial, das auch mit freiverkäuflichen Medikamenten, Johanniskrautpräparaten und bestimmten Fruchtsäften (Grapefruit, Granatapfel) besteht. 

Patientinnen im gebärfähigen Alter müssen wissen, dass sie während der Schwangerschaft kein Statin einnehmen dürfen. Vom britischen National Institute for Clinical Excellence (NICE) kommt beispielsweise die Empfehlung, diese Medikamente mindestens drei Monate vor einer geplanten Gravidität abzusetzen und auch während des Stillens darauf zu verzichten. 

Vor dem Start in die Behandlung sind sekundäre Ursachen für eine Dyslipidämie wie ein schlecht kontrollierter Diabetes, Hypothyreose, Cholestase und Albuminurie auszuschließen. Unter einer Statintherapie müssen Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung kontrolliert werden, betonen die Autoren. Sie raten zu einer ersten Kontrolle der Lipidwerte nach acht bis zwölf Wochen. Sind die LDL-C-Zielwerte erreicht, genügt im Allgemeinen eine erneute Bestimmung nach sechs bis zwölf Monaten. Bei einer Dosisanpassung ist zu beachten, dass eine Verdopplung der Statindosis das LDL-C um etwa 6 % zusätzlich senkt. 

Wann Therapie beenden?

Über ein mögliches Ende der Statinbehandlung sollte von Fall zu Fall und immer zusammen mit dem Betroffenen entschieden werden, betonen Dr. Kulkarni und Kollegen. Eine Indikation zum Absetzen sehen sie bei deutlich reduzierter Lebenserwartung und in der Palliativversorgung. Selbstverständlich ist ein Behandlungsstopp auch bei absoluten Kontraindikationen angezeigt.

Regelmäßige Kontrolle der Leberenzyme erforderlich

Die Leberenzyme sollten alle acht bis zwölf Wochen überprüft werden. Bei normalen Werten reichen jährliche Kontrollen aus. Liegt die ALT unterhalb des dreifachen Normwertes, ist eine erneute Untersuchung nach vier bis sechs Wochen indiziert, ggf. gefolgt von einer Dosisreduktion. Im Fall eines stärkeren Anstiegs muss das Medikament zunächst abgesetzt werden. Falls sich die ALT danach normalisiert, ist eine erneute Behandlung möglich, wobei mit niedrigerer Dosierung oder mit einem anderen Wirkstoff begonnen wird.

Bei statinassoziierten Muskelsymptomen (SAMS) empfehlen Dr. Kulkarni und Kollegen die Bestimmung der Kreatinkinase (CK). Ist ihr Serumspiegel nicht erhöht, wird die lipidsenkende Therapie zunächst beendet. Wenn die Symptome innerhalb von sechs Wochen verschwinden, darf die Therapie wieder aufgenommen werden. Entweder geschieht das mit der gleichen Substanz in niedrigerer Dosis oder mit einem anderen Statin der gleichen Wirkstärke. 

Bei einem CK-Wert bis zur fünffachen Norm darf man den Lipidsenker weiter geben, sofern keine SAMS bestehen. Ein Anstieg der Kreatinkinase auf mehr als den fünffachen Normalwert erfordert ein Absetzen des Medikaments. Symptome und Nierenfunktion sollten dann alle zwei Wochen kontrolliert werden. Bleibt der CK-Spiegel auch ohne das Statin erhöht, sind sekundäre Ursachen für die Myopathie auszuschließen.

Quelle: Kulkarni S et al. BMJ 2024; 384: e072584; DOI: 10.1136/bmj-2022-072584 

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