Sarkopenie mit Training und Proteinen entgegenwirken

Dr. Elke Ruchalla

Wichtig ist es, die müden Muskeln wieder munter zu machen und das am besten mit Sport und Proteinen. Wichtig ist es, die müden Muskeln wieder munter zu machen und das am besten mit Sport und Proteinen. © iStock/Willowpix

Wörtlich bedeutet Sarkopenie „Fleischmangel“, gemeint ist der übermäßige Abbau von Muskelmasse und -funktion. Zwar tritt dieser mit zunehmendem Alter häufig auf, ist aber kein unabwendbares Schicksal. Sie und Ihr Patient können etwas dagegen tun.

Auch wenn schwindende Muskeln im Alter teilweise physiologisch sind, so gilt das nur in bestimmten Grenzen. Experten sind sich allerdings noch uneins, wo diese Grenzen liegen. Auf alle Fälle ist die frühere Definition, die nur von der Muskelmasse ausging, heute obsolet. Mittlerweile berücksichtigt die ICD-10-Kodierung M62.50 den wesentlicheren Punkt: Was kann der Betroffene mit der Muskelmasse anfangen? Die Funktionalität – Kraft und Beweglichkeit – spielt also eine erhebliche Rolle. Und daran kann man arbeiten.

Wozu das gut sein soll? Unter anderem führt die nachlassende Muskelfunktion zu einer geringeren Beweglichkeit. Die Folge davon sind oft Stürze mit allen sich daraus ergebenden Komplikationen. Aus Angst davor vermeiden viele alte Menschen „überflüssige“ Aktivitäten, werden noch unbeweglicher mit weiterem Muskelfunktionsverlust – und schon ist der Teufelskreis da. An der Frage der Prävention und Behandlung der Erkrankung forscht das Team um Dr. Sabine Goisser, Ernährungswissenschaftlerin am Geriatrischen Zentrum der Universität Heidelberg und dem dortigen Agaplesion Bethanien Krankenhaus.

Bereits im Verdachtsfall Interventionen überlegen

Zunächst müssen Sie die Sarkopenie erkennen – gerade der Hausarzt ist für viele Probleme erster Ansprechpartner und damit prädestiniert, Frühwarnzeichen wahrzunehmen. Zum ersten Screening empfehlen die Experten einen Fragebogen (s. Kas­ten), der wenig Zeit beansprucht und sich relativ einfach in die Alltags­praxis integrieren lässt. Schon im Verdachtsfall können Sie gemeinsam mit dem Betroffenen Möglichkeiten für eine Intervention andenken.

Sarkopenie-Verdacht mit fünf Fragen klären

Im SARC-F-Fragebogen geht es in fünf Fragen um Schwierigkeiten bei Kraftanstrengungen, beim Gehen, Aufstehen und Treppensteigen sowie um die Häufigkeit von Stürzen im zurückliegenden Jahr. Dabei kann ein entsprechend beeinträchtigter Patient eine maximale Punktzahl von 10 erreichen, schon bei 4 Punkten sollten Sie hellhörig werden. Um die Sarkopenie zu sichern, braucht es genauere Untersuchungen von Funktion und Kraft. Die Muskelmasse lässt sich schließlich mit der Dual-Röntgen-Absorptiometrie klären. Meist sprengt spätestens das die Grenzen der normalen Praxis und Sie sollten sich die Überweisung in ein ausgewiesenes geriatrisches Zentrum überlegen.

Körperliches Training ist der eine Hauptpfeiler der Therapie, und anders als früher oft gedacht auch in Form eines Kraftaufbaus geeignet. Dazu kommen Übungen für Gleichgewicht und Ausdauer. Wie die Komponenten für ein solches Trainingsprogramm am besten zu kombinieren sind, ist aber immer noch umstritten, räumen die Fachleute ein. Sie können Ihren Patienten aber jetzt schon zwei- bis dreimal pro Woche 30-minütige Trainingseinheiten empfehlen, die zumindest am Anfang unter Aufsicht geschulter Trainer oder Physiotherapeuten stattfinden sollten. Oft bieten Sportvereine solche Kurse an – falls Senioren vor Fitnessstudios zurückschrecken. Auf einen wesentlichen zweiten Punkt müssen Sie ebenfalls achten, nämlich die Ernährung und hier vor allem die Proteinzufuhr. Die deutschen Fachgesellschaften empfehlen mittlerweile für Personen ab dem 65. Lebensjahr mindestens 1 g Protein pro Kilogramm Körpergewicht – statt der bisherigen 0,8 g/kgKG. Bei manifester Sarkopenie oder akuten und chronischen Erkrankungen sollten es internationalen Experten zufolge sogar 1,2–1,5 g/kgKG sein.

Die Aminosäure Leucin stimuliert die Proteinsynthese

Dabei kann der Körper tierisches Protein, vor allem solches aus Milch und Milchprodukten, besonders gut verwerten. Wichtig ist die Aminosäure Leucin, sie zählt zu den essenziellen Aminosäuren und stimuliert außerdem die Proteinsynthese. Molkereiche Supplemente könnten helfen, Muskelmasse aufzubauen – ob sie auch Kraft und Funktion verbessern, ist noch unklar. Sons­tige Nahrungsergänzungsmittel wie Kreatin oder Antioxidanzien haben ihren Nutzen noch nicht unter Beweis gestellt. Ähnliches gilt für Hormonpräparate. Spezifische Medikamente, die direkt am Muskelstoffwechsel angreifen – z.B. Myostatinpropeptide und Myostatinantagonisten – werden derzeit genauer erforscht. Ähnlich wie die Molkepräparate können sie zwar die Muskelmasse vermehren, schwächeln aber noch bei der Funktionsverbesserung. Sie könnten zukünftig bei speziellen Patientengruppen zum Einsatz kommen, z.B. nach längerer Bettlägerigkeit. Allerdings steht vorher noch die Klärung des Nebenwirkungsspektrums aus.

Quelle: Goisser S et al. Internist 2019; 60: 141-148

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