
Schleudertrauma erfordert keine längere Ruhigstellung

Ein Schleudertrauma (engl. whiplash injury) entsteht typischerweise nach einem Auffahrunfall mit Heckaufprall, bei der die Halswirbelsäule eine passive Beschleunigung erfährt, die in der Regel zur Überstreckung des Kopfes führt.
Kopfstützen richtig einstellen
Chronifizierungsgefahr bei psychischen Vorerkrankungen
Bei allen Patienten sollte eine genaue Anamnese des Verletzungshergangs und eine gründliche funktionelle Untersuchung erfolgen. Eine HWS-Fraktur lässt sich am besten durch konventionelles Röntgen ausschließen. Diskutiert wird zurzeit noch, ob es eine „Harmlosigkeitsgrenze“ von 10–20 km/h Aufprallgeschwindigkeit gibt, bei der man keinerlei strukturelle Schäden fürchten muss. Die MRT steht erst bei protrahiertem Verlauf an. Wichtig ist es, von vornherein psychische Aspekte wie das Unfallerleben anzusprechen, betonte die Referentin. Psychische Vorerkrankungen gehen mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine Chronifizierung der Beschwerden einher – ebenso wie ein schwelender Rechtsstreit um Schadensersatz und Schmerzensgeld. Degenerative Vorerkrankungen im HWS-Bereich muss man ebenfalls berücksichtigen. So leiden nicht wenige Menschen auch ohne Autounfall in der Vorgeschichte unter den gleichen Symptomen.Klassifikation WAD (whiplash associated disorder)
Keine Nackenbeschwerden, keine physischen Zeichen WAD 1
HWS-Beschwerden in Form von Schmerzen, Steifigkeit, Überempfindlichkeit
- keine objektivierbaren Ausfälle
- symptomfreies Intervall von 12–16 Stunden
- Beschwerdedauer < 1 Monat
- Dehnung und Zerrung des HWS-Weichteilmantels
HWS-Beschwerden wie unter 1 plus muskuloskelettale Befunde
- Funktionseinschränkung
- palpatorische Überempfindlichkeit
- kein symptomfreies Intervall (< 1 Stunde, aber bis 8 Stunden möglich)
- Beschwerdedauer Wochen bis Monate
HWS-Beschwerden wie unter 1 plus neurologische Befunde
- abgeschwächte oder aufgehobene Muskeleigenreflexe
- Paresen
- sensible Defizite
HWS-Beschwerden wie unter 1 plus HWS Fraktur oder Dislokation
Patienten darüber aufklären, dass nichts „kaputt“ ist
Eine längere Ruhigstellung gilt heute als obsolet. Maximal kann für einige Tage eine weiche Halskrawatte getragen werden. Ansonsten setzt man auf eine frühzeitige aktivierende Behandlung mit physikalischen und physiotherapeutischen Maßnahmen zur muskulären Rebalancierung und -stabilisierung. Bedeutung hat darüber hinaus die Psychoedukation mit Aufklärung der Patienten, dass nichts „kaputt“ ist, erklärte die Kollegin. Zusätzlich können im Akutstadium für max. vier Wochen NSAR zum Einsatz kommen. In subakuten Fällen hat sich zudem die Gabe von niedrig dosiertem Amitriptylin (25–125 mg/d) bewährt. Das beste Mittel stellt aber die rasche Reintegration in den Alltag dar, sagte die Referentin. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte daher eine Dauer von 2–6 Wochen nicht überschreiten.Kongressbericht: Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) 2019
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).