
Spondyloarthritis: Bei isolierten HWS-Beschwerden nach Entzündungen fahnden

Schon seit mehreren Jahren klagte eine 27-jährige Patientin über Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) – „da wo der Kopf aufhört und der Hals anfängt“. Der Schmerz bestand auch in der Nacht und gelegentlich hatte sie ein Einschlafgefühl in den Fingerspitzen. Differenzialdiagnostisch wurde schon einiges abgeklopft: Sie bot keine Raynaud-Symptomatik, erinnerte sich an keinen Urogenitalinfekt und litt nicht unter tief sitzenden, morgendlich betonten Rückenschmerzen. Die Mutter hatte eine Psoriasis, sie selbst aber nicht.
Bei der klinischen Untersuchung fiel Dr. Hans-Jürgen Menne von der Rheumatologischen Schwerpunktpraxis Dortmund vor allem eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der HWS auf. Das Gang- und Standbild zeigte sich völlig normal und auch die neurologische Untersuchung blieb ohne Befund. Aber im Labor gab es Auffälligkeiten: Die Blutsenkung war deutlich erhöht und das HLA-B27 positiv.
Die Bildgebung mittels CT und MRT deuteten stark auf eine axial betonte Spondyloarthritis (ax-SpA) hin: Im Bereich beider oberer Kopfgelenke zeigte sich ein Nebeneinander von osteodestruierenden und -proliferativen Veränderungen ohne Kompressionsmyelopathie. Aufgrund der ausgeprägten Symptomatik erhielt die junge Frau eine dorsale Stabilisierung von C0–3 und Fusion von C1/2, was sie von ihren Symptomen befreite.
Entzündungsspezifische MRT- Sequenzen fehlen im Standard
Lange Zeit führte man ihre HWS-Beschwerden auf statische Probleme bei Übergewicht zurück, ohne das entzündliche Geschehen zu entdecken. Ein bereits vor sechs Jahren durchgeführtes MRT wurde als unauffällig befundet. Problem hierbei: In den Standardsequenzen zur Erfassung von Bandscheibenauffälligkeiten fehlen entzündungsspezifische Sequenzen. Nur darin lassen sich aber die typischen Knochenödeme als Frühzeichen der Spondyloarthritis erkennen, so der Rheumatologe.
Die Klassifizierung der C1-Problematik als Spondyloarthritis fällt nicht ganz leicht – vor allem wenn wie in diesem Fall eine Beteiligung der Sakroiliakalgelenke fehlt. Da die Mutter der Patientin an Psoriasis leidet, der Rheumafaktor negativ ist und osteoproliferative Veränderungen vorliegen, könnte die Erkrankung genauso als Psoriasisarthropathie klassifiziert werden. Eine Arthritis im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis wäre im Prinzip ebenfalls denkbar und lässt sich in der Bildgebung nicht immer von einer SpA unterscheiden. Bei solchen atypischen Verläufen helfen die üblichen Klassifikationskriterien oft nicht weiter, schreibt der Kollege.
Methotrexat wirkt an der Wirbelsäule eigentlich nicht
Auch bei der medikamentösen Therapie muss man evidenzbasierte vorgezeichnete Wege verlassen. Methotrexat (MTX) zeigt normalerweise an der Wirbelsäule keine Wirkung. Das C1-Gelenk wird in der Rheumatologie aber als peripheres Gelenk angesehen, sodass die Substanz durchaus Erfolg verspricht. Bei der Patientin entschied man sich daher für die MTX-Behandlung in Kombination mit dem TNF-Inhibitor Adalimumab, die dann bei MTX-Unverträglichkeit als Adalimumab-Monotherapie weitergeführt wurde. Darunter war die Patientin bis auf die Bewegungseinschränkung im HWS-Gelenk beschwerdefrei und als Lehrerin voll arbeitsfähig.
Nackenschmerzen sind bei Gesunden und Rheumapatienten weit verbreitet. Gerade bei jüngeren Menschen mit chronischen Beschwerden sollte man auch an ein entzündliches Geschehen im Sinne einer SpA denken – selbst wenn die typischen Rückenschmerzen fehlen, betont der Rheumatologe. Über die Häufigkeit der axialen SpA an C1/C2 liegen bisher kaum Zahlen vor. Eine Subluxation des atlanto-axialen Gelenks findet sich bei ankylosierender Spondyloarthritis mit 6,8 % bis 21 % aber relativ häufig.
Quelle Text und Abb.: Menne H-J. internistische praxis 2018; 59: 559-567 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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