Bei axialer Spondyloarthritis ist die frühe Diagnose entscheidend

Dr. Dorothea Ranft

Sakroiliitis mit subchondraler Sklerosierung und Erosionen. Abb. A: Grad 2 rechts und Grad 3 links; Abb. B: Grad 3–4
Abb. C: Sakroiliitis in der MRT (semiaxiale Schnittebene). Die Aufnahme zeigt ein subchondrales, periartikuläres Knochenmarködem mit Erosionen im rechten Sakroiliakalgelenk. Sakroiliitis mit subchondraler Sklerosierung und Erosionen. Abb. A: Grad 2 rechts und Grad 3 links; Abb. B: Grad 3–4 Abb. C: Sakroiliitis in der MRT (semiaxiale Schnittebene). Die Aufnahme zeigt ein subchondrales, periartikuläres Knochenmarködem mit Erosionen im rechten Sakroiliakalgelenk. © Rashid A, Rudwaleit M. internistische praxis 2024; 67: 432-444 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Die Versteifung der Wirbelsäule ist bei den ­axialen Spondyloarthritiden kein unabwendbares Schicksal. Denn durch eine Früherkennung können betroffene ­Patienten beizeiten adäquat behandelt werden. Hierzu ­stehen diverse Optionen zur Verfügung.

Die axiale Spondyloarthritis (axSpA) befällt vorwiegend das Achsenskelett. Die Erkrankung verläuft oft in Schüben. Bei der röntgenologischen axialen Spondylo­arthritis (r-axSpA), hierzulande auch als Morbus­ Bechterew­ bekannt, ist die Sakro­iliitis in der Röntgenaufnahme gut zu erkennen. Bei der nicht-röntgenologischen axialen Spondylo­arthritis (nr-axSpA­) hingegen finden sich die typischen Zeichen der Sakroiliitis zwar häufig in der MRT, fehlen aber im Röntgenbild, schreiben Adham­ Rashid­ und Prof. Dr. Martin­ Rudwaleit­ von der Klinik für Rheumatologie am Universitätsklinikum OWL in Bielefeld.

Das Leitsymptom der axSpA­ ist der tiefsitzende Rückenschmerz über mindestens drei Monate. Er beginnt häufig schleichend mit chronischem Verlauf bei wechselnder Intensität. Die Beschwerden manifestieren sich typischerweise vor dem 45. Lebensjahr, wobei die meisten Patienten (80 %) im Alter zwischen 20 und 30 Jahren erkranken. Charakteris­tisch sind das entzündliche Schmerzmuster (s. unterer Kasten) und das oft gute Ansprechen auf NSAR.

Patienten mit axSpA­ können zusätzlich eine periphere Arthritis entwickeln. Diese tritt vorwiegend oligoartikulär, asymmetrisch und an der unteren Extremität auf. Auch mit einer Enthesitis, Daktylitis und extramuskuloskelettalen Manifestationen ist zu rechnen. Zu Letzteren zählen Psoriasis, chronisch-entzündliche Darm­erkrankungen und Uveitis­ anterior­.

Therapieoptionen bei Spondyloarthritis

  • nicht-steroidale Antirheumatika
  • TNF-α-Inhibitoren: Adalimumab, Etanercept, Golimumab, Certolizumab pegol, Infliximab
  • IL-17-Inhibitoren: Secukinumab, Ixekizumab, Bimekizumab
  • JAK-Inhibitoren: Tofacitinib, Upadacitinib

Als Labordiagnostik empfehlen die Autoren die Bestimmung von ­C-reaktivem Protein (CRP) und Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG). Normale Entzündungswerte schließen aber die axiale Spondylo­arthritis nicht aus, nur knapp die Hälfte der Patienten hat eine erhöhte BSG und/oder einen auffälligen CRP-Spiegel.

Typisch für die axSpA­ ist die Assoziation mit dem HLA*-B27. Diese Antigenvariante findet sich bei mehr als 80 % der Betroffenen, sichert die Diagnose aber keineswegs. Denn in Mitteleuropa weisen etwa 8 % der Menschen den genetischen Marker auf, aber nur 6 % der HLA-B27-positiven Personen entwickeln eine Spondylo­arthritis. Zum Nachweis der axSpA­ müssen HLA-B27-Träger die typischen klinischen Veränderungen und eine Entzündung am Achsenskelett bzw. in den Sakroiliakalgelenken in der Röntgen- oder MRT-Bildgebung aufweisen.

Historisch wurde das Röntgenbild zur Frühdiagnostik genutzt, erläutern die beiden Autoren. Es zeigt als typische Befunde irreguläre Spalten in den Kreuzbein-Darmbein-Gelenken mit Erosionen, Sklerosierungen und Ankylosen (s. Abb. A und B). Allerdings vergehen häufig Jahre, bis sich eindeutige Läsionen erkennen lassen. Angesichts sensitiverer Optionen wie der MRT sind Röntgenaufnahmen heute nicht mehr für den frühen Nachweis geeignet, vor allem nicht, wenn die Symptomatik erst seit sechs bis zwölf Monaten besteht.

Schon im Frühstadium in der MRT sichtbar

Die MRT ist das wichtigste diagnostische Verfahren bei der Spondyloarthritis. Sie kann bereits im Frühstadium akut-entzündliche Veränderungen sowie Läsionen an den Sakroiliakalgelenken zeigen. So ermöglicht die Kernspintomografie die Diagnose trotz eines noch unauffälligen Röntgenbildes. Während eines Schubs ist sie unverzichtbar, um die akute Inflammation nachzuweisen.

Modifizierte Berlin-Kriterien für entzündlichen Rückenschmerz

  • Morgensteifigkeit im unteren Rücken > 30 Minuten
  • Besserung durch Bewegung, nicht aber in Ruhe
  • schmerzbedingtes Erwachen in der zweiten Nachthälfte
  • wechselseitiger Gesäßschmerz

Wenn die Beschwerden vor dem 45. Lebensjahr beginnen und mindestens zwei der vier Kriterien erfüllt sind, liegt wahrscheinlich ein entzündlicher Rückenschmerz vor (Sensitivität 70,3 %, Spezifität bei 81,2 %).

Mit Einführung der MRT wurde das Konzept der nr-axSpA­ – Röntgenbefund unauffällig, aber Inflammation in der MRT –  etabliert. Als Korrelat der akuten Sakroiliitis gilt das gelenknahe, ein- oder beidseitige Knochenmarködem (s. Abb. C). Es stellt sich in entzündungssensitiven MRT-Sequenzen hyperintens dar. Gleichzeitig können abhängig von Krankheitsdauer und Schweregrad strukturelle Veränderungen wie Erosionen, Sklerosierungen, Verfettungen und Ankylose dargestellt werden.

Die Behandlung soll bei Patienten mit Spondylo­arthritis die Inflammation verringern und Erosionen verhindern bzw. hinauszögern. Zudem gilt es, die Beweglichkeit zu erhalten und Symptome wie Fatigue, Morgensteifigkeit und Schlafstörungen zu lindern. Dazu eignet sich eine Kombination von Bewegungs-, Physio- und Pharmakotherapie. Ziel ist die Remission oder zumindest eine niedrige Krankheitsaktivität.

Biologika und JAK-Hemmer als Alternativen zu NSAR

Die Medikation erfolgt mit nichtsteroidalen Antirheumatika und Bio­logika. Inzwischen ist belegt, dass NSAR sowohl bei kurzfris­tigem als auch bei längerem Einsatz Schmerz und Steifigkeit an Wirbelsäule und peripheren Gelenken reduzieren. Patienten, die mit NSAR keine ausreichende Linderung der Krankheitsaktivität erzielen, können Biologika oder Januskinase-Inhibitoren erhalten (s. oberer Kas­ten).

Für das kurzfristige Ansprechen nach zwölf Wochen gibt es zahlreiche Prädiktoren. Dazu zählen aktive Entzündung, kürzere Krankheitsdauer, ein Alter unter 45 Jahren, männliches Geschlecht und HLA-B27-Positivität. Auch ein besserer Funktionsstatus wirkt sich günstig aus. Der stärkste Prädiktor für einen langfristigen Therapieerfolg ist gutes Ansprechen oder Remission in Woche zwölf nach Beginn einer TNF-α­-Inhibitor-Therapie.

*    Humanes Leukozytenantigen

Quelle: Rashid A, Rudwaleit M. internistische praxis 2024; 67: 432-444 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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Sakroiliitis mit subchondraler Sklerosierung und Erosionen. Abb. A: Grad 2 rechts und Grad 3 links; Abb. B: Grad 3–4
Abb. C: Sakroiliitis in der MRT (semiaxiale Schnittebene). Die Aufnahme zeigt ein subchondrales, periartikuläres Knochenmarködem mit Erosionen im rechten Sakroiliakalgelenk. Sakroiliitis mit subchondraler Sklerosierung und Erosionen. Abb. A: Grad 2 rechts und Grad 3 links; Abb. B: Grad 3–4 Abb. C: Sakroiliitis in der MRT (semiaxiale Schnittebene). Die Aufnahme zeigt ein subchondrales, periartikuläres Knochenmarködem mit Erosionen im rechten Sakroiliakalgelenk. © Rashid A, Rudwaleit M. internistische praxis 2024; 67: 432-444 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach