Schmerzen in der Hüfte - was kann das sein?
Klage ein Patient über inguinale Schmerzen, so sei in den seltensten Fällen die unkomplizierte Leistenhernie Schuld, berichtet Professor Dr. Christian Peiper von der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie am Evangelischen Krankenhaus Hamm.
Anders sieht es aus, wenn sich bereits Operateure an der Hernie zu schaffen gemacht haben: Selbst bei minimalinvasivem Prozedere können Nerven (wie der N. cutaneus femoris lateralis) Schäden erleiden. Lassen sich die Schmerzen per Lokalanästhesie lindern, darf man von einer Neuropathie ausgehen. Verzögert auftretende postoperative Leistenschmerzen gehen unter Umständen auf Fremdkörperreaktionen gegen implantierte Polymernetze zurück.
Druckschäden sensibler Nerven treten nicht nur nach Hernien-Operationen auf, sondern auch z.B. nach gynäkologischen Eingriffen (s. Abb.). Wirbelsäulenpathologien (Osteophyten, Bandscheibenvorfälle) kommen als Ursache eines Nervenkompressionssyndroms ebenfalls in Betracht.
Adipöse zur Diagnosefindung schallen
Das Risiko, dass eine Schenkelhernie – mit Bruchsack unterm Leistenband – hinter den Beschwerden steckt, liegt nach inguinaler Voroperation besonders hoch. Lässt sich diese Hernie bei adipösen Patienten palpatorisch nicht diagnostizieren, hilft die Sonographie weiter. Die Therapie ist meist operativ.
Eine Hernia obturatoria, auch „little old lady‘s hernia“ genannt, sollten Sie auf jeden Fall zum Chirurgen schicken. Denn die Rate der Inkarzerationen an der Bruchpforte liegt hoch. Schmerzen im Ausbreitungsgebiet des R. cutanus des N. obturatorius (Oberschenkelinnenseite) führen die Patientin – in der Regel untergewichtig, in der 7. bis 8. Lebensdekade – zu Ihnen.
Verwechslungsgefahr mit Bandscheibenproblemen besteht bei der Hernia ischiadica, da in der Bruchpforte (Foramen ischiadicum majus) auch der N. ischiadicus verläuft. Bildgebende Verfahren (CT, MRT) können die Diagnose klären. Einklemmungen von Darm, Blase und Ureter kommen vor und in der Regel wird auch bei dieser Hernie die OP-Indikation gestellt.
Geschwollene Lymphknoten ohne entzündliche Ursache entfernen
Besonders wachsam muss man sein, wenn sich in der Leiste des Patienten vergrößerte Lymphknoten finden. Von einer Hernie unterscheiden Sie diese durch einfaches Abtasten: Lymphknoten bewegen sich weder beim Valsalva-Manöver noch lassen sie sich reponieren. Persistiert die Schwellung und findet sich keine entzündliche Ursache, muss der Knoten entfernt beziehungsweise eine Probeexzision vorgenommen werden, um ein Malignom auszuschließen.
Mitunter lassen eitrige Infektionen, die sich entlang des M. iliopsoas ihren Weg bis unters Leistenband suchen, Leiste und Hüfte schmerzen. Oben auf der Ursachenliste stehe heute nicht mehr die Wirbelsäulen-Tuberkulose. Eher laute die Diagnose Spondylodiszitis, florider M. Crohn oder retroperitoneale Aktinomykose, erklärt Dr. Peiper.
Divertikulitis kann auch sehr weit kaudal schmerzen
Und auch an weitere Darmleiden müssen Sie denken: Die Schmerzsymptomatik einer Appendizitis kann sich wegen der freien Beweglichkeit des Zökums nach inguinal verlagern. Liegt der entzündete Wurmfortsatz in einer Leistenhernie, bezeichnet man dies als „Amyand´sche Hernie“. Eine Divertikulitis kann ebenfalls weiter kaudal als erwartet schmerzen, wenn das Sigma Ihres Patienten besonders mobil oder elongiert ist.
Von gynäkologischer Seite sind Endometriose und Adnexitis in die Differenzialdiagnose einzubeziehen. Bei der Adnexitis lässt sich typischerweise ein Portio-Schiebeschmerz auslösen.
Last but not least geben Ihnen die Lebens- und Bewegungsgewohnheiten Ihres Patienten wichtige Hinweise auf die Ursache einer Leistensymptomatik. Bei aktiven Fußballern zum Beispiel kommt eine Insertionstendopathie der Adduktorenmuskulatur in Betracht. Die Therapie reicht dann von Schonung über Infiltration mit Lokalanästhetika bis hin zur operativen Denervierung.
Ein anderes Athletenproblem heißt Sportlerleiste. Dabei bringt eine dilatierte, sich bei Anstrengung vorwölbende, Fascia transversalis, den R. genitalis des N. genitofemoralis in Bedrängnis. Der Chirurg kann in solchen Fällen durch operative Stabilisierung der Faszie helfen. Dr. Carola Gessner
Quelle Text und Abb.: Christian Peiper, „Differentialdiagnose des Hüft- und Leistenschmerzes – Aus der Sicht des Viszeralchirurgen“, Klinikarzt 2015; 44: 296-300, © Georg Thieme Verlag Stuttgart
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