Schritt für Schritt ein bisschen weiter

Dr. Miriam Sonnet

Einige positive Entwicklungen in der AML-Therapie lassen hoffen. Einige positive Entwicklungen in der AML-Therapie lassen hoffen. © Dzmitry – stock.adobe.com

Mit der Zulassung verschiedener Substanzen für die akute myeloische Leukämie ist es nicht getan: Neue Ergebnisse zu u.a. Kombinationsstrategien erweitern stetig das Spektrum der Optionen. Die Autoren eines Reviews fassen den aktuellen Stand der Forschung zusammen.

Seit 2017 hat die FDA neun Medikamente zur Therapie der akuten myeloischen Leukämie zugelassen. Der Großteil der Forschung beginnt allerdings erst danach, schreiben Kollegen um Professor Dr. Hagop­ ­Kantarjian vom MD Anderson Cancer Center in Houston. Sie fassen in einem Review neue Daten zu verschiedenen Wirkstoffen und deren möglichen Kombinationen zusammen und geben einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen.

ATRA und ATO

In der Behandlung der akuten Promyelozytenleukämie (APL) gilt All-trans-Retinsäure (ATRA) als Durchbruch. In Kombination mit Arsentrioxid (ATO) und ggf. Gemtuzumab-Ozogamicin bei Hochrisikopatienten konnten die Heilungsraten von historisch 40 % auf rund 80 % verbessert werden. Möglicherweise spielen ATRA und ATO aber auch für andere Subgruppen eine Rolle.

Der Benefit durch ATRA plus Chemotherapie in Nicht-APL-Formen könnte sich dabei auf die NPM1-mutierte Erkrankung in Abwesenheit einer FLT3-ITD*-Mutation beschränken. Die Gabe von ATRA und ATO verringerte signifikant Knochenmarkblasten in Personen mit NPM1-alterierter AML, die nicht für eine Chemotherapie geeignet waren. Zudem zeigte ATO eine Aktivität in TP53-mutierter AML, wie die Autoren berichten.

Interessant ist auch der RAR**-alpha-Agonist SY-1425. In einer Studie sprachen zwölf der 18 Teilnehmer mit RAR-alpha-Überexpression auf SY-1425 plus Azacitidin an.

Gemtuzumab-Ozogamicin

Für die Behandlung steht zudem das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Gemtuzumab-Ozogamicin zur Verfügung. Die Dosierung von 3 ­­mg/m2 sei dabei ebenso effektiv wie 6 ­mg/­m2, so die Autoren, und ginge gleichzeitig mit weniger frühen Todesfällen einher. Die Applikation der Substanz verlängere das Überleben von Betroffenen mit intermediärem Risiko – der Vorteil sei aber nur moderat. Möglicherweise erweist sich Gemtuzumab-Ozogamicin auch für ältere Patienten und solche mit FLT3-, KRAS-, NRAS- und NPM1-Mutationen als nützlich. Noch offen ist die Frage, ob sich eine intensive Chemotherapie zusammen mit dem Antikörper-Wirkstoff-Konjugat und anderen zielgerichteten Medikamenten einsetzen lässt.

Hypomethylierende Substanzen

Neues gibt es auch zu hypomethylierenden Substanzen: Kürzlich sprach die FDA die Zulassung aus für eine 100 % absorbierbare orale Formulierung von Decitabin in Kombination mit oralem Cedazuridin bei neu diagnostiziertem myelodysplastischem Syndrom (MDS) und chronisch myelomonozytärer Leukämie.

In einer Studie wurde geprüft, ob die Addition von Adenin-Nukleotid-Analoga wie Clofarabin zu hypomethylierenden Medikamenten älteren AML-Patienten einen Vorteil bringt. Die Rate an Komplett­remissionen betrug 59 %, die vierwöchige Mortalität 2 % und das mediane Gesamt­überleben 12,5 Monate.

Venetoclax

Eine Option für ältere bzw. unfitte Personen ist Venetoclax zusammen mit hypomethylierenden Substanzen oder Cytarabin. Um die Effektivität zu verbessern, wurde eine verlängerte Decitabin-Applikation plus Venetoclax für die Induktion, gefolgt von täglichem Decitabin für fünf Tage und Venetoclax für 7 bis 21 Tage als Erhaltung geprüft. Die Rate an Komplettremissionen betrug unter den älteren bzw. nicht-fitten Teilnehmern mit de novo AML 66 % und die der Gesamtansprechrate 85 %. Median lebten die Betroffenen 18,1 Monate.

Die Dreifachtherapie aus Cladribin, Cytarabin und Venetoclax, alternierend mit Azacitidin/Venetoclax, ist ein neues Behandlungskonzept, mit dem Ansprechraten von 93 % erreicht werden können. In älteren, fitten Patienten wurde in einer Studie zudem die Wirkung einer abgeschwächten Chemotherapie in Kombination mit dosiseskaliertem Venetoclax geprüft.

Dies resultierte in einem Gesamtansprechen von 72 % und einem medianen OS von 11,2 Monaten. Für jüngere Betroffene kommt möglicherweise eine intensivere Strategie, bestehend z.B. aus hoch dosiertem Fludarabin/Cladribin, Cytarabin und Idarubicin zusammen mit Venetoclax infrage.

FLT3-Inhibitoren

Verschiedene FLT3-Inhibitoren sind für die AML zugelassen. Die Studien­ergebnisse deuten darauf hin, dass sich Kombinationen mit einer Chemotherapie, hypomethylierenden Substanzen und anderen zielgerichteten Wirkstoffen eignen, um die Effektivität zu steigern. Sorafenib als Erhaltung nach einer allogenen Stammzelltransplantation reduzierte zudem das Rezidivrisiko und verbesserte das Zwei-Jahres-OS in Patienten mit FLT3-ITD-mutierter AML. Doch auch bei FLT3-Wildtyp-Tumoren könnten FLT3-Hemmer eine Option bieten. Dennoch sollte der Mutationsstatus vor der Therapie erhoben werden (s. Kasten).

FLT3-Mutationsstatus prüfen

Es sei essenziell, die verschiedenen Mechanismen zu verstehen, die zu Resistenzen gegenüber Typ-1- und Typ-2-FLT3-Inhibitoren führen, betonen die Forscher. So könne man die initiale und sequenzielle Behandlung bestmöglich wählen. Da es sich bei FLT3 um eine späte Treibermutation handelt, sollten die Alterationen immer vor Beginn einer FLT3-Inhibitor-basierten Therapie überprüft werden.

IDH-Inhibitoren

Enasidenib und Ivosidenib sind Vertreter der IDH-Inhibitoren und kommen in der rezidivierten Situation infrage. Für Personen mit neu diagnostizierter IDH2-mutierter AML kann die Addition von Enasidenib zu Azacitidin das Ansprechen verbessern. In einer weiteren Studie mit neu diagnostizierten IDH-mutierten, fitten AML-Erkrankten, die mit dem 3+7-Regime in Kombination mit Ivosidenib und Enasidenib behandelt wurden, betrug die Gesamtansprechrate zwischen 74 % und 77 % und das geschätzte Ein-Jahres-OS 76–78 %.

CPX-351 und Glasdegib

Die Daten einer Phase-3-Studie zeigen, dass die Therapie mit CPX-351, einer liposomalen Formulierung aus Cytarabin und Daunorubicin (5:1), u.a. das Überleben von älteren Betroffenen mit neu diagnostizierter Hochrisiko- oder sekundärer AML im Vergleich zum 3+7-Regime verlängert. In weiteren Untersuchungen werden u.a. Kombinationen mit Venetoclax und Gemtuzumab-Ozogamicin evaluiert. Glasdegib, ein Inhibitor des Hedgehog-Signalwegs, führte zusammen mit niedrig dosiertem Cytarabin im Vergleich zu alleinigem Cytarabin zu einem längeren OS in älteren, unfitten AML-Patienten oder in Erkrankten mit Hochrisiko-MDS. Aufgrund des eher moderaten Überlebensvorteils von vier Monaten sollte die Substanz weiter untersucht werden, schreiben die Autoren.

* Interne Tandemduplikation
** Retinoinsäurerezeptor

Quelle: Kantarjian H et al. Lancet Haematol 2021; 2352-3026(21)00270-2; DOI: 10.1016/S2352-3026(21)00270-2

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