Schwäche und Gewichtsabnahme hatten handfeste Ursache

Dr. Angelika Bischoff

Körperliche Symptome sollten immer ernst genommen werden, auch wenn eine psychische Vorerkrankung besteht. Körperliche Symptome sollten immer ernst genommen werden, auch wenn eine psychische Vorerkrankung besteht. © natali_mis – stock.adobe.com

Mit starker Gewichtsabnahme, zunehmender körperlicher Schwäche und Bauchschmerzen kam eine 23-Jährige ins Krankenhaus. Da die Frau eine langjährige psychiatrische Vorerkrankung aufwies, waren die Beschwerden bisher auf die Psyche geschoben worden. Aber weit gefehlt …

Seit sechs Monaten war es der jungen Frau immer schlechter gegangen. Insgesamt hatte sie 15 kg an Gewicht verloren – ohne Erbrechen oder Durchfall. Nach einer COVID-Booster-Impfung entwickelten sich zusätzlich zur lange bestehenden Schwäche auch noch Unterbauchschmerzen, weshalb sie sich schließlich in der Klinik vorstellte, berichten Pascal Nyffenegger und Kollegen vom Kantonsspital Winterthur.

Bei Aufnahme machte die Patientin einen verlangsamten Eindruck, zitterte und wies eine deutliche Hypotonie sowie eine Tachykardie auf. Die Ärzte fanden eine diffuse Druckdolenz im Unterbauch. Außerdem war die junge Frau sehr blass, an den Armen zeigten sich hyperpigmentierte alte Narben. Aus der Anamnese ging eine komplexe posttraumatische Belastungsstörung aufgrund schweren Mobbings in der Kindheit hervor. Deswegen befand sich die junge Frau auch aktuell noch in intensiver psychologischer Behandlung. 

Das Abdomen-CT war unauffällig. Die Laboranalyse zeigte ein erhöhtes CRP, eine Hypoglykämie, eine schwere Hyponatriämie, eine Hyperkaliämie, eine Hyperkalzämie und eine leichte hyperchloräme Azidose. Parathormon war adäquat supprimiert und TSH bei normalen Werten für Schilddrüsenhormone deutlich erhöht. Es bestand eine akute Niereninsuffizienz.

Die schleichende Verschlechterung des Allgemeinzustands, der Gewichtsverlust, die Hypotonie bei Aufnahme, die Hyperpigmentation und die Elektrolytstörungen machten eine Nebenniereninsuffizienz (NNI) mit Addisonkrise zur wahrscheinlichsten Diagnose. Cortisol und Aldosteron waren nicht messbar, ACTH dagegen massiv erhöht – was eine primäre NNI bestätigte. Die ebenfalls erhöhten Anti-21-Hydroxylase-Antikörper sicherten zudem die autoimmunbedingte Genese. 

Die Patientin erhielt Volumen zur Kreislaufstabilisierung und eine intravenöse Substitution mit hoch dosiertem Hydrocortison. Obwohl das stark erhöhte TSH für eine Hypothyreose sprach, wurde zunächst keine Therapie in diese Richtung eingeleitet. Denn auch der Cortisolmangel könnte für die TSH-Erhöhung ursächlich gewesen sein. 

Die psychiatrische Grunderkrankung wurde als unabhängig von der NNI betrachtet, da sie schon lange vorher bestand. Die COVID-Booster-Impfung könnte allerdings über eine Aktivierung des Immunsystems durchaus eine Exazerbation der vorbestehenden autoimmunen NNI induziert haben, schreiben die Kollegen.  

Dass die NNI bei der jungen Frau nicht schon früher erkannt worden war, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass die zunehmenden Symptome zunächst mit der langjährigen psychiatrischen Grunderkrankung erklärt wurden. Zumal bei der jungen Frau in den Monaten vor Klinikaufnahme zusätzlich zur posttraumatischen Belastungsstörung eine Borderline- und schizoaffektive Störung diagnostiziert worden war. 

Unter der in der Klinik eingeleiteten NNI-Therapie waren die Symptome rückläufig. Die Vorbehandler hätten der Patientin sicher schon früher helfen können, wenn sie nicht so stark auf die psychiatrische Genese fixiert gewesen wären.

Quelle: Nyffenegger P et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 187-189; DOI: 10.4414/smf.2024.1207873630

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