
Signifikant höheres Ansprechen als unter Placebo

Eine HBV/HDV-Koinfektion birgt das Risiko für eine Zirrhose, ein hepatozelluläres Karzinom, Leberversagen mit Notwendigkeit der Transplantation sowie Tod. Weltweit sind etwa 10 bis 20 Millionen Menschen betroffen. Bei einer Koinfektion kann man bisher in der Regel nur die Hepatitis B behandeln. Um auch das Hepatitis-D-Virus zu erwischen, gibt es bislang lediglich pegyliertes Interferon alpha als Off-Label-Therapie. Dieses ist aber bei vielen Patienten kontraindiziert, hat relevante Nebenwirkungen und die Effektivität lässt zu wünschen übrig, schreiben Prof. Dr. Heiner Wedemeyer von der Medizinischen Hochschule Hannover und Kollegen.
Mit Bulevirtid liegt nun ein Medikament vor, welches aufgrund erster ermutigender Ergebnisse eine vorläufige Zulassung in der EU erhalten hat. Es bindet und inaktiviert den NTCP*-Rezeptor auf den Hepatozyten, über den HBV und HDV in die Zellen gelangen. Die Autoren präsentieren die Ergebnisse aus Woche 48 einer aktuell laufenden Phase-3-Studie.
In der dreiarmigen, randomisierten, nicht verblindeten Studie erhielten 150 Patienten mit HBV und HDV-Koinfektion in den Interventionsgruppen entweder 2 mg (n = 49) oder 10 mg (n = 50) Bulevirtid subkutan pro Tag über 144 Wochen. In der Kontrollgruppe (n = 51) verabreichte man erst ab Woche 48 10 mg Bulevirtid für 96 Wochen. Bei etwa der Hälfte der Patienten lag eine Leberzirrhose vor. Hauptausschlusskriterium waren eine dekompensierte Leberzirrhose (Child-Pugh-Score B oder C), eine Interferonbehandlung in den vergangenen sechs Monaten und eine Thrombozytenzahl von unter 60.000/m3.
Primärer Endpunkt in 45 % bzw. 48 % der Fälle erreicht
Als primärer Endpunkt der Studie galt das virologische Ansprechen (HDV-RNA unter der Nachweisgrenze oder mindestens 2 log10 IU/ Milliliter Absinken im Vergleich zu Baseline) kombiniert mit einer Normalisierung der Alanin-Aminotransferase (ALT). In den Interventionsgruppen erreichten mit 45 % (2-mg-Gruppe) und 48 % (10-mg-Gruppe) etwa gleich viele Patienten den primären Endpunkt. Im Vergleich zur Kontrollgruppe, in der 2 % den Endpunkt erreichten, war dies jeweils ein signifikanter Unterschied. In einer Sekundäranalyse für einen Teil der Patienten, bei denen man eine Leberbiopsie durchführte, zeigten sich auch positive Effekte von Bulevirtid auf den Fibrosegrad der Leber.
Kopfschmerz, Fatigue, Kraftlosigkeit und Arthralgien, außerdem Lokalreaktionen nach den Injektionen und Pruritus – das sind Beispiele von Nebenwirkungen, die in den Interventionsgruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe häufiger auftraten. Die Autoren betonen, dass diese Nebenwirkungen in der Regel mild bis mäßig ausgeprägt waren und nicht zu einem Behandlungsabbruch führten. Schwerere Nebenwirkungen (Neutropenie, Thrombozytopenie, Leukopenie) traten bei insgesamt vier Patienten auf – davon hatte einer 2 mg Bulevirtid erhalten und die übrigen drei 10 mg.
Insgesamt verzeichnete man nach 48 Wochen mit Bulevirtid ein signifikant höheres Ansprechen als unter Placebo, schreiben die Autoren. Da die Studie weitergeführt wird, stehen die endgültigen Daten noch aus. Der untersuchte Endpunkt (virologisches und biochemisches Ansprechen) ist allerdings nur ein Surrogatparameter für bessere klinische Outcomes – welche für den Patienten letztlich entscheidend sind.
* Sodium-Taurocholate co-transporting Polypeptide
Quelle: 1. Wedemeyer H et al. N Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2213429
2. Ghany MG. N Engl J Med 2023; DOI: 10.1056/NEJMe2304147
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