Bei chronischer Hepatitis B antivirale Behandlung beenden?

Dr. Dorothea Ranft

Hepatits B begleitet einen ein Leben lang. Aber manche Patienten haben zumindest die Möglichkeit, die Therapie zu beenden und das Immunsystem arbeiten zu lassen. Hepatits B begleitet einen ein Leben lang. Aber manche Patienten haben zumindest die Möglichkeit, die Therapie zu beenden und das Immunsystem arbeiten zu lassen. © fotolia/fotovapl

Liegt eine chronische Hepatitis-B-Infektion vor, kann es von Vorteil sein, die antivirale Therapie zu beenden. Rückfälle muss man kaum befürchten, wie neue Studienergebnisse zeigen. Allerdings eignet sich das Absetzen nicht für jeden.

Heilung durch Therapieabbruch? Zwar widerspricht das etwas dem Naturell des Arztberufs, kann im Falle einer Hepatitis-B-Infektion aber durchaus zum Ziel führen. Immuntolerante Patienten mit hoher Viruslast, aber normalen Leberwerten galten bislang als nicht therapiebedürftig. Das hat sich gründlich geändert, erklärte Professor Dr. Heiner Wedemeyer vom Universitätsklinikum Essen.

Mittlerweile setzen Kollegen auch bei ihnen auf einen möglichst frühen Therapiestart, denn das Virus integriert seine DNA kontinuierlich in die menschlichen Chromosomen. Dabei „trifft“ es jedoch auch Regionen, die die Entstehung hepatozellulärer Karzinome (HCC) fördern. Eine aktuelle Studie bestätigt das hohe HCC- und Sterberisiko für unbehandelte Patienten mit hochreplikativer Infektion ohne laborchemische Hepatitis.

Screening first

Erst auf Anti-HBc und HBsAg screenen, dann immunsuppressiv therapieren, lautet der eindringliche Rat von Prof. Wedemeyer. Besonders dringlich wird der Test vor einer B-Zell-Depletion. Außerdem müssen Kollegen alle HBsAg-positiven Patienten präemptiv mit potenten Nukleosid- oder Nukleotidanaloga behandeln. Lamivudin genügt nicht. Auch bei HBsAg-negativen und Anti-HBc-positiven Patienten kann eine präemptive Behandlung vor einer Rituximab-Therapie sinnvoll sein. Für TNF-Blocker brauchen ausgeheilte Patienten in der Regel keine präemptive Behandlung.

Therapiestopp aktiviert das Immunsystem

Zahlreiche Arbeiten bestätigen den klinischen Nutzen der antiviralen Langzeittherapie der chronischen Hepatitis B. Geringere Fibrose-Progression, seltener dekompensierte Zirrhosen und weniger Leberzellkarzinome zeichnen den Erfolg aus. Dadurch verringert sich die Mortalität, wie eine aktuelle Studie an fast 2000 Personen ergab. Mit einer Überlebensrate von 94 % nach acht Jahren hatten die HBV-Patienten eine ebenso günstige Prognose wie die Allgemeinbevölkerung. So stellt sich die Frage, ob man die antivirale Behandlung nicht irgendwann beenden kann. In der deutschen FINITE-Studie wurde der Nutzen eines Therapiestopps erstmals prospektiv randomisiert untersucht. 42 Patienten mit chronischer Hepatitis B, sämtlich ohne Zirrhose, nahmen daran teil. Sie wurden mindestens vier Jahre lang mit Tenofovir-Disoproxilfumarat (TDF) behandelt, danach erhielten 21 von ihnen randomisiert weiterhin TDF, bei den anderen beendeten die Wissenschaftler die Behandlung. 62 % der HBsAg-negativen Patienten blieben auch nach dem Therapiestopp bis Woche 144 ohne antivirale Therapie. 43 % von ihnen erreichten einen HBsAg-Verlust oder einen dauerhaften HBV-DNA-Spiegel < 2000 IU/ml. Zwar ging der Abbruch initial mit Fluktuationen der Viruslast und der Alaninaminotransferase (ALT) einher. Die Veränderungen waren jedoch kein schlechtes Zeichen, sondern vielmehr Ausdruck einer Immunaktivierung durch den Stopp, erklärte Prof. Wedemeyer. Auf die Dauer kam es zu einem Abfall des HBsAg. Insgesamt sprechen die Studienergebnisse dafür, dass eine Beendigung der Therapie bei ausgewählten Patienten möglich ist. Allerdings muss eine fortgeschrittene Fibrose zuvor unbedingt ausgeschlossen werden, betonte der Hepatitis-Experte. Außerdem sollte der Patient mehr als zwei Jahre, besser noch mehr als vier Jahre erfolgreich mit einer hochaktiven antiviralen Substanz (Nukleosid-/Nukleotidanalogon) behandelt worden sein.

Zur Not zwölfmal vakzinieren

Schlägt die Hepatitis-B-Impfung nicht an, rät Prof. Wedemeyer, die Vakzination zu wiederholen. Zweimal, dreimal – wenn der Patient mitspielt, sogar neun- oder gar zwölfmal. Erfahrungsgemäß werden mindestens zwei Drittel der ursprünglichen Non-Responder auf diese Weise doch noch „positiv“.

Babys HBsAg-positiver Mütter sofort nach der Geburt impfen

Mit Tenofovir-Alafenamid (TAF) steht inzwischen eine alternative Formulierung für Tenofovir-Disoproxilfumarat zur Verfügung. TAF wird bereits seit einigen Jahren gegen HIV eingesetzt. Als Prodrug sorgt es für einen effizienteren Transport von Tenofovir in die Zelle und mindert systemische Nebenwirkungen (Niere, Knochen). TAF eignet sich vor allem für Patienten mit Niereninsuffizienz, die aufgrund einer Vortherapie mit Lamivudin wegen der Kreuzreaktion kein Entecavir einnehmen können. Besondere Herausforderungen stellt die HBV-Infektion in der Schwangerschaft dar: Neugeborene von HBsAg-positiven Müttern müssen binnen zwölf Stunden nach der Geburt aktiv und passiv gegen Hepatitis B geimpft werden. Bei hoher Viruslast (> 200 000 IU/ml) kann es trotzdem zu einer Übertragung kommen. Betroffene Schwangere sollten deshalb eine antivirale Therapie erhalten, wobei TDF als Medikament der Wahl gilt.

Quelle: Kongressbericht, 6. Infektiologie-Update-Seminar

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Hepatits B begleitet einen ein Leben lang. Aber manche Patienten haben zumindest die Möglichkeit, die Therapie zu beenden und das Immunsystem arbeiten zu lassen. Hepatits B begleitet einen ein Leben lang. Aber manche Patienten haben zumindest die Möglichkeit, die Therapie zu beenden und das Immunsystem arbeiten zu lassen. © fotolia/fotovapl