
Vor dem Behandlungsbeginn auf Infektionen screenen

Sowohl die Krankheit selbst als auch die immunmodulierende Therapie begünstigen bei Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen die Entwicklung opportunistischer und chronischer Infektionen. Generelle Empfehlungen, wie sich dem vorbeugen lässt, gibt es bisher nicht. Eine international besetzte Taskforce um Dr. George Fragoulis von der Universität Glasgow hat untersucht, welche Vorgehensweisen in puncto Screening und Prophylaxe evidenzbasiert sind. Neben vier übergreifenden Prinzipien (s. Kasten) haben die 22 EULAR*-Experten Empfehlungen im Hinblick auf die wichtigsten Infektionen herausgegeben.
Tuberkulose
Vor dem Beginn einer Therapie mit bDMARD** oder tsDMARD** soll ein Screening auf eine latente Tuberkulose erfolgen. Patienten mit erhöhtem Tbc-Risiko werden auch vor einer Behandlung mit csDMARD**, Immunsuppressiva und/oder Glukokortikoiden (je nach Dosis und Dauer) gescreent. Zu den Risikofaktoren gehören u.a. Alkoholmissbrauch, Rauchen, enger Kontakt zu Menschen mit Tbc oder Leben in einem endemischen Gebiet. In der Regel werden ein Rö-Thorax und – sofern verfügbar – ein Interferon-Gamma-Freisetzungstest anstelle eines Tuberkulinhauttests empfohlen.
Auswahl und Zeitpunkt der Therapie einer latenten Tuberkulose sollten sich an nationalen und/oder internationalen Leitlinien orientieren. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei Wechselwirkungen mit Medikamenten, die zur Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden.
Vier Grundprinzipien für die Infektionsprophylaxe
- Das Risiko chronischer und opportunistischer Infektionen sollte bei allen Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen vor der Behandlung mit csDMARD, tsDMARD, bDMARD, Immunsuppressiva und/oder Glukokortikoiden berücksichtigt und in regelmäßigen Abständen neu bewertet werden.
- Die Zusammenarbeit von Kollegen aus verschiedenen Fachrichtungen ist wichtig.
- Individuelle Risikofaktoren sollten bei der Entscheidung für Screening und Prophylaxe chronischer und opportunistischer Infektionen berücksichtigt und regelmäßig evaluiert werden.
- Nationale Richtlinien und Empfehlungen sowie andere Faktoren auf Länder- bzw. Regionsebene, die sich auf endemische Infektionskrankheiten beziehen, sind zu berücksichtigen.
Hepatitis
Bei Patienten, die für eine Behandlung mit Immunsuppressiva, DMARD und Glukokortikoiden (je nach Dosis und Dauer) infrage kommen, ist nach einer schwelenden bzw. überstandenen Infektion mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV) zu suchen, fordern die EULAR-Experten. Dazu misst man im Labor HBsAg, Anti-HBc und Anti-HBs.
HBsAg-positive Patienten (HBV-Träger) könnten von einer prophylaktischen Behandlung profitieren und sollten daher für eine antivirale Prophylaxe an einen Hepatologen überwiesen werden. Bei Patienten, die Anti-HBc-positiv und HBsAg-negativ sind (ausgeheilte Hepatitis), werden die Messung von HBV-DNA und Leberfunktionstests zu Beginn der Behandlung empfohlen. Im weiteren Verlauf sollte eine regelmäßige Überwachung erfolgen. Besteht auf der Grundlage dieser Tests der Verdacht auf eine HBV-Reaktivierung, steht die Überweisung an einen Hepatologen zur antiviralen Behandlung an. Bei hohem Risiko, etwa zu Beginn einer Behandlung mit einer Anti-CD20-Therapie, kann eine prophylaktische Behandlung unabhängig von den DNA-Werten in Betracht gezogen werden.
Ein Screening auf chronische Hepatitis C ist vor Beginn der Behandlung mit csDMARD, bDMARD, tsDMARD, Immunsuppressiva oder Glukokortikoiden (in Abhängigkeit von Dosis und Dauer der Anwendung) zu überlegen. Empfohlen wird es darüber hinaus bei Patienten mit erhöhter Alanin-Aminotransferase oder für diejenigen mit bekannten Risikofaktoren (z.B. intravenöser Drogenabusus).
Es umfasst die Bestimmung von Anti-HCV-Antikörpern und, sofern möglich, die Messung des HCV-RNA-Spiegels. Patienten mit nachweisbarer HCV-RNA sind für die antivirale Behandlung an einen Spezialisten zu überweisen.
Andere Infektionen
Ein Screening auf HIV wird vor der Behandlung mit bDMARD empfohlen. Vor einer Therapie mit csDMARD, tsDMARD, Immunsuppressiva und Glukokortikoiden ist es in Betracht zu ziehen.
Alle Patienten, die eine Behandlung mit csDMARD, bDMARD, tsDMARD, Immunsuppressiva und/oder Glukokortikoiden beginnen, sollten nach einer durchgemachten Windpockeninfektion gefragt werden. Diejenigen, die sicher oder fraglich nicht gegen das Varizella-zoster-Virus immun sind, sollten nach Kontakt mit dem Virus über die Möglichkeit eine Postexpositionsprophylaxe informiert werden.
Eine Prophylaxe gegen Pneumocystis-jirovecii-Pneumonie ist bei jenen Patienten in Erwägung zu ziehen, bei denen hohe Dosen von Glukokortikoiden eingesetzt werden. Als hohe Dosis definieren die Autoren die tägliche Einnahme von > 15–30 mg Prednisolonäquivalent für mehr als zwei bis vier Wochen. Das gilt vor allem für diejenigen, die kombiniert Glukokortikoide und Immunsuppressiva erhalten.
* European Alliance of Associations for Rheumatology
** biologic (b), targeted synthetic (ts), conventional synthetic (cs)
Quelle: disease-modifying drug Fragoulis GE et al. Ann Rheum Dis 2022; DOI: 10.1136/ard-2022-223335
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).