Nicht-tuberkulöse Mykobakteriosen: Reinfektionen durch andere Stämme und Spezies möglich

Dr. Angelika Bischoff

Um NTM den Garaus zu machen, braucht es eine gezielte Strategie. Um NTM den Garaus zu machen, braucht es eine gezielte Strategie. © Kateryna_Kon – stock.adobe.com

Wer nicht-tuberkulöse Mykobakteriosen aus der Lunge vertreiben will, braucht einen langen Atem und hohe Frustrationstoleranz. Meist müssen antibiotische Mehrfachregimes über mehr als zwölf Monate eingesetzt werden. Trotzdem sind die Erfolgsaussichten bei manchen Erregern gering und Reinfektionen häufig.

Eine aktuelle Praxisleitlinie internationaler Fachgesellschaften* fasst relevante Empfehlungen in der Diagnostik und Therapie von Lungenerkrankungen durch nicht-tuberkulöse Mykobakterien (NTM) bei Patienten ohne HIV oder Mukoviszidose zusammen. Als wichtigste für den Menschen pathogene NTM nennt das Team um Professor Dr. Charles L. Daley, Department of Medicine, National Jewish Health, Denver, die langsam wachsenden Erreger M. avium-Komplex, M. kansasii und M. xenopi sowie das schnell wachsende M. abscessus.

Die Diagnose einer NTM-bedingten Infektion kann gestellt werden, wenn bestimmte radiologische und mikrobiologische Kriterien zusammentreffen: Zum einen noduläre oder kavitäre Verschattungen im Thorax-Röntgenbild oder Bronchiektasen mit multiplen nodulären Veränderungen in der hochauflösenden CT, zum anderen positive Kulturen für denselben Keim von mindestens zwei separaten Sputumproben.

Antibiotikagabe erfolgt nicht automatisch

Ergibt die Kultur kein sicheres Ergebnis, kann man sie aus dem Sputum wiederholen oder die Diagnose mit einer positiven Kultur von bronchoalveolärer Lavage-Flüssigkeit (BAL) bzw. über histologischen Nachweis von Mykobakterien in transbronchial oder lungenbioptisch gewonnenem Gewebe verifizieren.

Eine gesicherte Infektion zieht aber nicht zwangsläufig eine Antibiose nach sich. Nutzen und Risiken müssen in Rücksprache mit dem Patienten genau abgewogen werden. Bei der Entscheidung dafür oder dagegen spielen die Ausdehnung der Erkrankung, die unterschiedliche Pathogenität der verschiedenen Mykobakterien und Komorbiditäten eine Rolle. Eher für eine Medikation spricht sich die Leitlinie aus, wenn säurefeste Stäbchen im Sputum und/oder kavitäre Veränderungen in der Lunge vorhanden sind.

Schneiden, wenn alle Stricke reißen

Bei ausgewählten Patienten mit Lungeninfektionen durch NTM kann eine adjuvante chirurgische Resektion der befallenen Lunge durch einen in diesem Spezialgebiet erfahrenen Operateur sinnvoll sein. Das kommt z.B. bei Versagen der medikamentösen Therapie, kavitärer Erkrankung, Komplikationen wie Hämoptysen oder schweren Bronchiektasen infrage.

Antibiotika sollten bevorzugt nach Empfindlichkeitsprüfung gewählt werden anstatt empirisch. Im Fall von M. avium-Komplex (MAC) gelten Makrolide (bevorzugt Azithromycin) als Substanzen der Wahl. Um eine Makrolidresistenz zu verhindern, scheint ein Dreifachregime unter Einschluss eines Makrolids und Ethambutol effektiver zu sein als ein Zweifachregime mit den genannten Substanzen. Die dreimal wöchentliche Gabe bringt bei nodulär/bronchiektatischer Lungenerkrankung keine schlechtere Sputum-Konversionsrate als die tägliche Anwendung und ist besser verträglich. Bei kavitären Veränderungen gibt es keine vergleichbaren Daten, sodass die Experten hier die tägliche Applikation favorisieren. Die Therapie sollte mindestens zwölf Monate über den Zeitpunkt hinaus laufen, zu dem die Kultur negativ wird.

Infektionen mit M. xenopi sind schwierig zu behandeln

Parenterales Amikacin oder Streptomycin kann bei Bronchiektasen oder Makrolidresistenz zum Einsatz kommen, bei Therapieversagen auch Amikacin inhalativ. Pulmonale Infektionen durch M. kansasii behandelt man am besten mit Rifampicin und Ethambutol plus Isoniazid bzw. alternativ einem Makrolid. Bei nodulär/bronchiektatischer Erkrankung eignet sich sowohl die tägliche als auch die dreimal wöchentliche Gabe. Liegen kavitäre Veränderungen vor, ist eine tägliche Anwendung vorzuziehen – beides über mindestens zwölf Monate. Infektionen durch M. xenopi gelten als schwierig zu behandeln und haben eine hohe Mortalität. Die Praxisleitlinie empfiehlt daher ein tägliches Dreifachregime mit Moxifloxazin oder einem Makrolid plus Ethambutol und Rifampicin, mindestens für zwölf Monate, bei kavitärer Erkrankung zusätzlich parenterales Amikacin. Lungeninfektionen durch M. abs­cessus können schnell lebensbedrohlich werden und der Keim zeigt sich in vitro wenig empfindlich gegenüber Medikamenten. Therapiert werden sollte mit einem Kombinationsschema aus drei als empfindlich getesteten Substanzen unter Einschluss von Makroliden und Amikacin. Zur optimalen Dauer gibt es keine Empfehlung. Generell raten die Autoren zu Sputumkontrollen alle ein bis zwei Monate. Trotz aller Bemühungen erzielt man aber oft nur suboptimale Behandlungserfolge und muss zudem mit Reinfektionen durch andere Stämme oder Spezies der Erreger rechnen.

* Beteiligt an der neuen Praxisleitlinie waren: American Thoracic Society (ATS) European Respiratory Society (ERS) European Society of Clinical Microbiology and Infectious Diseases (ESCMID) Infectious Diseases Society of America (IDSA).

Quelle: Daley CL et al. Clin Infect Dis 2020; 71: e1-e36; DOI: 10.1093/cid/ciaa241

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