Infliximab-Therapie kitzelte Tuberkulose wach

Dr. Angelika Bischoff

Das Leitsymptom einer blutigen Diarrhö fehlte. Das Leitsymptom einer blutigen Diarrhö fehlte. © iStock/ mi-viri

Diarrhöen und Gewichtsverlust führten einen in Indonesien lebenden Österreicher in die Klinik. Die Diagnose: Colitis ulcerosa. Als sich sein Zustand trotz Behandlung verschlechterte, suchte er ärztlichen Rat in der Heimat. Dort stellte sich etwas ganz anderes als Ursache seiner Beschwerden heraus.

Ein 51-jähriger Mann aus Innsbruck, der seit vielen Jahren in Jakarta lebt und dort für ein IT-Unternehmen tätig ist, litt seit Wochen unter schmerzhafter Diarrhö mit 8–10 Entleerungen pro Tag. In den ersten Tagen hatte er auch etwas Blut im Stuhl bemerkt. Dann fiel ihm ein beginnender Gewichtsverlust auf und er ging zum Arzt. Als Vorerkrankung gab er ein allergisches Asthma bronchiale an. Antihistaminika waren die einzige Medikation.

Der Patient wurde immer schwächer und dünner

Die endoskopische Diagnostik, der er sich in Indonesien unterzog, führte zur Diagnose einer Colitis ulcerosa. Deshalb begann er eine Therapie mit einem 5-Aminosalicylat und Infliximab. Die Diarrhö besserte sich aber in den folgenden Monaten nicht. Der Patient wurde zunehmend schwächer und sein Gewichtsverlust erreichte die 10-kg-Marke. Außerdem entwickelte er subfebrile Temperaturen.

Schließlich entschloss er sich zu einem Heimatbesuch in Innsbruck, um sich wegen seines immer schlechter werdenden Zustands im Krankenhaus untersuchen zu lassen. Dort stellte er sich in reduziertem Allgemeinzustand mit subjektivem Krankheitsgefühl, unblutiger Diarrhö, inzwischen einem Gewichtsverlust von 16 kg und einer Körpertemperatur von 38 °C vor. Wie Prof. Dr. Herbert Tilg, Universität Innsbruck, berichtete, fielen im Laborbefund ein leicht erhöhtes CRP, erhöhtes Fibrinogen, beschleunigte BSG, Anämie und Thrombozytose auf. Sonographisch sah man Wandverdickungen im terminalen Ileum, Colon ascendens und descendens. In der Koloskopie am nächsten Tag fanden sich fibrinöse Auflagerungen über das gesamte Kolon, dazwischen normale Schleimhautbereiche. Das Bild entsprach weder dem einer Colitis ulcerosa noch dem eines Morbus Crohn. Auch klinisch war die in Indonesien gestellte Diagnose einer Colitis ulcerosa unwahrscheinlich. Denn es fehlte das Leitsymptom einer blutigen Diarrhö. Die Stuhlkultur ergab keinen Hinweis auf mikroskopische Erreger.

Histopathologisch wurde schließlich eine Amöbenruhr festgestellt. Der serologische Befund passte zur Diagnose der Amöben-Enterokolitis, ebenso wie die Symptomatik mit Bauchschmerz, Diarrhö und Hämatochezie. Unter der Therapie mit Metronidazol und Paromomycin besserte sich der Zustand des Patienten relativ rasch.

Bei einem Gespräch nach der Koloskopie hatte der Patient auch über zunehmende pulmonale Symptome und Belastungsdyspnoe in den letzten Wochen berichtet. Deshalb wurde ein Thorax-CT durchgeführt. Darin zeigte sich eine mediastinale Lymphadenopathie und bipulmonale kleinnoduläre Verschattungen. Die Bronchiallavage führte schließlich zur Diagnose einer Tuberkulose. Wahrscheinlich hatte die fälschliche Gabe von Infliximab unter der Fehldiagnose einer Colitis ulcerosa in Indonesien zur Reaktivierung einer Tuberkulose geführt. Die Infliximabtherapie war in Indonesien ohne vorheriges Tuberkulose-Screening eingeleitet worden.

Der Mann wurde isoliert und erhielt eine tuberkulostatische Vierfachtherapie. Einen Monat später wurde das Sputum negativ und der Mann hatte sich auch klinisch sehr gut erholt.

Kongressbericht: Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin

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Das Leitsymptom einer blutigen Diarrhö fehlte. Das Leitsymptom einer blutigen Diarrhö fehlte. © iStock/ mi-viri