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Praktikabilität geht vor

Medikamente müssen ausreichende Wirkspiegel erzielen, betonte PD Dr. Bernhard Schaaf, Direktor der Medizinischen Klinik Nord in Dortmund. Das gelte explizit für Tuberkulosemittel, bei denen unzureichende Plasmakonzentrationen Resistenzen begünstigen. Die Gründe für zu niedrige Wirkspiegel sind vielfältig. Sie reichen von fehlender Adhärenz, die sich u.U. durch überwachte Einnahme sicherstellen lässt, über Wechselwirkungen und Polymorphismen in den Abbauwegen bis hin zum Einnahmemodus.
Rifampicin beispielsweise interagiert nicht nur mit vielen anderen Pharmaka – zu achten ist besonders auf HIV-Medikamente –, es induziert zudem die eigenen Abbauenzyme. Dies kann den Spiegel um bis zu 40 % sinken lassen. Für INH gibt es Schnell- und Langsam-Acetylierer: Polymorphismen der N-Acetyltransferase 2 (NAT2) verursachen erhebliche Unterschiede in Metabolismus und Spiegeln.
Auf korrektes Prozedere bei Tabletteneinnahme achten
Hinsichtlich des Therapiezeitpunkts ist zu beachten, dass INH, Rifampicin und Pyrazinamid auf nüchternen Magen, d.h. eine halbe Stunde vor bzw. zwei Stunden nach der Mahlzeit genommen werden sollten. Bei Ethambutol kommt es darauf zwar nicht an, der Patient sollte es aber möglichst zusammen mit den anderen Medikamenten einnehmen. Verträgt ein Patient Tabletten auf nüchternen Magen nicht, darf er ein leichtes fettarmes Frühstück verzehren.
Ein therapeutisches Drug Monitoring (TDM) ist laut Leitlinie indiziert, wenn
- nach zwei, drei Monaten Behandlung der Verdacht auf Therapieversagen laut wird, ohne dass neue Resistenzen nachweisbar sind. Das Ansprechen lässt sich meist am Körpergewicht des Patienten ablesen, erinnerte Dr. Schaaf. „Nimmt er 10 kg zu, kann ich davon ausgehen, dass die Therapie wirkt.“
- Nierenprobleme, Diabetes mellitus oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen Resorptions- oder Eliminationsstörungen befürchten lassen
- z.B. bei Leberzirrhose schwerwiegende Toxizitäten drohen
- relevante Wechselwirkungen zu erwarten sind
- Zweifel an der Adhärenz bestehen
Die Halbwertzeit der Standardmedikamente ist unterschiedlich lang. Bei Rifampicin beträgt sie 1,5 bis 5 Stunden, bei Ethambutol 4 Stunden, bei Pyrazinamid 10 bis 15 Stunden und bei INH normalerweise 4 Stunden. Je nach Acetylierungskapazität kann sie um den Faktor 5 schwanken.
Abhängig vom Wirkstoff haben die einzelnen pharmakokinetischen Parameter unterschiedliches Gewicht. Dennoch ist es nicht praktikabel, für das eine Medikament die Area under the curve (AUC), d.h. die Fläche unter der Plasmakonzentration-Zeit-Kurve, zu bestimmen, für das nächste den Spitzen- und für das dritten den Talspiegel.
Tbc, Tumor oder Sarkoidose?
Die Tuberkulose ähnelt in der Praxis oft einem Chamäleon. Mancher Herd sieht in der CT aus wie ein Lungentumor. Dr. Schaaf zeigte beispielhaft Bilder von zwei Patienten: Bei dem einen saß das Granulom unmittelbar an der Brustwand und ließ an einen vom Knochen ausgehenden Tumor denken, etwa ein Plasmozytom. Bei dem anderen hatte sich ein Empyem gebildet, weil der Herd den Bronchus komplett verschloss.
Probleme bereitet oft die Abgrenzung der Tbc gegen eine pulmonale Sarkoidose, was selbst per Biopsie nicht immer auf Anhieb gelingt. Dr. Schaaf berichtete von einer Patientin, bei der sich der Pathologe auf die Sarkoidose festgelegt hatte, weil weder Nekrosen nachweisbar waren noch die PCR anschlug. Der Quantiferon-Test fiel allerdings positiv aus, und nach acht Wochen lieferte die Kultur den Infektionsbeweis. Der Quantiferontest wird in seiner Bedeutung überschätzt. Bei 20 % der Patienten mit aktiver Tbc liefert er ein negatives Ergebnis, warnte der Experte. Dr. Schaaf lässt bei positivem Test, aber unklarer Klinik und Bildgebung zusätzlich das Sputum untersuchen, das sich für den Tuberkulosenachweis besser eignet als das verdünnte Lavagematerial. Die Patienten husten nachts nicht, deshalb enthält das vor dem morgentlichen Zähneputzen gewonnene Sputum besonders hohe Keimzahlen.
Modalitäten der Blutanalyse mit dem Labor absprechen
„Die AUC über 24 Stunden zu messen, kann man in der Forschung machen, aber nicht auf einer normalen Station“, so Dr. Schaaf. Welches Vorgehen sinnvoll ist, sollte man mit dem Labor absprechen. „Wir haben uns mit dem Labor geeinigt, zwei Stunden nach Einnahme zwei Serumröhrchen abzunehmen, wobei für Ethambutol normales Serum reicht, bei den anderen muss man das Serum nach Abnahme einfrieren.“
Als nützlichen digitalen Helfer beim therapeutischen Drug Monitoring empfahl Dr. Schaaf die LeiLa-App, die auch die aktuelle Tuberkulose-Leitlinie enthält. Dort lässt sich beispielsweise per Stichwortsuche rasch nachsehen, was bei den einzelnen Tuberkulosemedikamenten zu beachten ist, wann welche Kontrolluntersuchungen erfolgen sollen und welche Medikamente in welcher Dosierung bei Multiresistenz zu geben sind.
Quelle: Kongressbericht Kongress der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie 2023
1. Schaberg T et al. Leitlinie Tuberkulose im Erwachsenenalter. AWMF-Registernr. 020-019
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