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So machen Sie chronisch Leberkranken das Trinken madig

Dr. Daniel Fuster vom Hospital Universitari Germans Trias i Pujol der Universität Barcelona und Dr. Jeffrey Samet vom Department of Medicine am Boston Medical Center empfehlen in ihrer aktuellen Übersichtsarbeit, wie chronisch Leberkranke mit Alkohol umgehen sollten: am besten gar nicht.
Die Kollegen weisen darauf hin, dass sich nach Einführung der direkten Virustatika zur Hepatitis-C-Therapie Ethanol wieder zum wichtigsten Faktor in der Ätiologie von Lebererkrankungen entwickeln wird. Es wirkt als Zellgift, und die für die Entgiftung zuständige Leber trägt zunächst die Hauptlast der Schäden. Schon der erste Schritt der Metabolisierung, die Bildung von Acetaldehyd, geht mit oxidativem Stress, Einschränkung wichtiger hepatischer Stoffwechselprozesse und Zelltod einher.
Es kann schon helfen, über die Folgen zu reden
Wie wirken sich die alkoholinduzierten Vorgänge nun bei einer bereits erkrankten Leber aus? Vor allem vier Störungen betrachten die Autoren als wesentlich (s. Tabelle). Die Empfehlungen zum Konsum dieser Patienten sind uneinheitlich. Weniger scheint jedoch grundsätzlich mehr zu sein, will heißen: Die „Einnahme“ sollte auf ein Minimum beschränkt und optimalerweise auf null heruntergefahren werden. Bei Patienten ohne regelrechten Missbrauch oder manifeste Abhängigkeit kann schon die Information über „schlechte Leberwerte“ und die Konsequenzen helfen, das regelmäßige Trinken herunterzufahren, betonen die Experten. Bei Alkoholkrankheit unterstützen psychologische Interventionen Betroffene, das Ziel „nicht trinken“ oder „weniger trinken“ zu erreichen und vor allem dabei zu bleiben. Auch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen erleichtert manchen die Abstinenz. Gegen ein Entzugssyndrom helfen Benzodiazepine.
Die Konsequenzen lassen sich nicht schön trinken | |
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Erkrankung | Wirkung von Alkohol im Vergleich zu nicht trinkenden Kranken |
Hepatitis C |
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Hepatitis B |
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Hereditäre Hämochromatose |
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Nicht-alkoholbedingte Fettleber |
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Transplantat tut‘s bei Trinkern so lang wie bei anderen
Einige Medikamente können dieses Ziel unterstützen, sie sind aber bei Patienten mit vorbestehender chronischer Lebererkrankung kaum untersucht. Dazu gehören in erster Linie Disulfiram, Naltrexon und Acamprosat. Disulfiram hemmt die Acetaldehyddehydrogenase und führt zum Acetaldehyd-Syndrom (Übelkeit, Erbrechen, Tachykardien, Flush), wenn nach der Einnahme getrunken wird. Naltrexon senkt die alkoholbedingte Dopaminausschüttung und dämpft so die Euphorie nach dem Genuss. Dadurch soll das Verlangen zurückgehen. Acamprosat moduliert zentrale Rezeptoren und mindert Entzugssymptome. Disulfiram und Naltrexon sind bei Zirrhotikern nur mit äußerster Vorsicht anzuwenden.
Weil das Vorhaben Abstinenz für viele Betroffene zu hoch hängt, gibt es zunehmend Versuche, zumindest ein kontrolliertes Trinken zu erreichen. Auch hier spielen psychologische Motivationsverfahren eine große Rolle. Zusätzlich steht in der EU seit 2013 Nalmefen zur Verfügung, ein Opioidantagonist am My- und Delta-Opioidrezeptor und ein partieller Agonist am Kappa-Rezeptor. Die Substanz wird bei Bedarf eingenommen und soll die getrunkene Alkoholmenge reduzieren.
Die Ultima Ratio bei terminalem Leberversagen stellt grundsätzlich eine Transplantation dar. Da aber immer zu wenige Spenderorgane zur Verfügung stehen, neigen viele Mediziner bei Alkoholmissbrauch zur Zurückhaltung. Erwähnen muss man aber, dass bei äthyltoxischem Leberversagen die Überlebensraten des Transplantats nicht schlechter ausfallen als bei anderen Ursachen.
Die meisten Leitlinien fordern derzeit mindestens sechs Monate Abstinenz, bevor ein Patient auf die Warteliste kommt. An der Betreuung sollten auf jeden Fall in der Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen erfahrene Experten mitwirken, auch um postoperativ die Abstinenz beizubehalten. Bei einigen Fällen von dekompensierter Leberinsuffizienz kann sich unter dem Verzicht auf Alkohol das Organ soweit erholen, dass die Transplantation (vorläufig) aufgeschoben werden kann, so die Autoren abschließend.
Quelle: Fuster D, Samet J. N Engl J Med 2018; 379: 1251-1261
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