Funktionelle Heilung der chronischen Hepatitis B rückt näher

Dr. Barbara Kreutzkamp

Typisch für die chronische Infektion sind sogenannte „Mattscheiben“-Hepatozyten mit trübem Zytoplasma.
Typisch für die chronische Infektion sind sogenannte „Mattscheiben“-Hepatozyten mit trübem Zytoplasma. © wikimedia/Nephron

Einmal Hepatitis B, immer Hepatitis B: Das galt bisher. Doch inzwischen gelingt es, die Viruslast erfolgreich zu reduzieren und Spätfolgen zu verhindern. Und auch an der Front der gerne mitspielenden Hepatitis D tut sich was.

Bei rund 5 % der Patienten mit einer Hepatitis-B-Infektion persistiert das Oberflächenantigen (HBsAg) über mehr als 6 Monate, das Risiko für Spätfolgen wie Zirrhose oder hepatozelluläre Karzinome steigt. Chronisch Infizierte mit hoher Viruslast (Hepatitis-B-Virus[HBV]-DNA > 2000 IU/ml) und Entzündungszeichen im Labor sowie Patienten mit Leberzirrhose unabhängig von der Virusreplikation sollten daher immer behandelt werden.

Eine therapeutische Kann-Situation besteht bei positivem exkretorischem Hepatitis-B-Antigen (HBeAg) und hochnormaler GPT sowie bei Patienten ab 30 Jahre. Das primäre Therapieziel lautet, das Überleben bei stabiler Lebensqualität zu verlängern, schreiben Nicolas Wortmann und Kollegen von der Medizinischen Hochschule Hannover. Am Ende soll die „funktionelle Heilung“ mit serologischem HBsAg-Verlust und HBV-DNA-Suppression unter 2000 IU/ml stehen, im Idealfall geht die HBV-DNA ganz verloren. Eine „sterile“ Heilung mit Verschwinden auch der intrazellulären Virus-DNA gelingt wohl in absehbarer Zeit noch nicht.

Weniger Nebenwirkungen unter neuer Prodrug

Therapeutisch stehen momentan pegyliertes Interferon alfa (PEG-IFN) sowie Nukleosid- bzw. Nukleotid­analoga zur Verfügung. Mit PEG-IFN lässt sich der HbsAg-Verlust besser erreichen, indiziert ist Interferon bei:

  • mindestens zweifach (am besten fünffach) erhöhten Transaminasen
  • HBV-Genotypen A und B
  • HBV-DNA-Werten < 108 IU/ml
  • kompensierter Leberzirrhose

Bleiben die serologischen Marker nach zwölf Wochen unverändert, liegt der Therapieabbruch nahe, bei einem Ansprechen wird regulär über 48 Wochen behandelt.

Nukleosid- bzw. Nukleotid­analoga hemmen die Virusreplikation und können bei allgemein guter Verträglichkeit und niedrigen Resistenzraten ebenfalls eine funktionelle Heilung herbeiführen. Neben Entecavir und Tenoforvirdisoproxilfumarat ist seit Kurzem Tenofoviralafenamid als weiteres Tenofovir-Prodrug zugelassen. Letzteres wirkt bereits in deutlich geringerer Dosis, was die Nebenwirkungen (Abfall von GFR und Knochendichte) reduziert. Es eignet sich daher vor allem für Patienten über 60 Jahre mit Osteoporose und Niereninsuffizienz.

In der Regel erfolgt die Einnahme von Nukleosid- bzw. Nukleotid­analoga bis zum kompletten HBsAg-­Verlust, in bestimmten Konstellationen kann nach dreijähriger HBV-DNA-Negativität ein Stopp erwogen werden. Insgesamt sind die Raten eines kompletten HBsAG- und HBV-DNA-Verlusts aber eher niedrig und liegen im 5-Jahresintervall bei 10 % unter PEG-IFN und bei 2 % unter Nukleosid- bzw. Nukleotid­analoga. Das bedeutet meist eine lebenslange antivirale Behandlung.

Verbesserungen erhofft man sich von neuen antiviral oder immunologisch wirksamen Medikamenten, die sich in klinischer Erprobung befinden. Dazu gehören Viruseintrittshemmer, Substanzen, die die virale Genexpression beeinflussen („RNA-Silencer“), HBV-Kapsid- und HBsAG-Release-Inhibito­ren sowie Modulatoren der immunogenen Wirtsreaktion. Außerdem durchläuft eine therapeutische Impfung teilweise schon Phase-III-Studien.

In Arbeit sind auch neue Therapiekonzepte für die koinfektiöse Hepatitis D. Sie erhöht die Komplikatitonsrate der Hepatitis B erheblich. Derzeit spricht sie mehr schlecht als recht auf eine 48-wöchige PEG-IFN-Behandlung an. Erste klinische Studien mit dem Viruseintrittsblocker Myrcludex B oder dem direkt antiviral wirksamen Lonafarnib zeigten einen deutlichen Abfall von HBsAg und HDV-RNA.

Quelle: Wortmann N et al. Internist 2018; 59: 519-527

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Typisch für die chronische Infektion sind sogenannte „Mattscheiben“-Hepatozyten mit trübem Zytoplasma.
Typisch für die chronische Infektion sind sogenannte „Mattscheiben“-Hepatozyten mit trübem Zytoplasma. © wikimedia/Nephron