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Leitlinie nennt klare Indikationen für ein Einschreiten

Die akute Hepatitis B heilt fast immer spontan aus. Sie muss deshalb nicht antiviral behandelt werden. Eine Ausnahme bilden Patienten mit fulminanter Hepatitis und reduzierter Leberfunktion. Ihnen kann meist durch eine frühe antivirale Therapie eine Transplantation erspart werden.
Patienten mit chronischer HBsAg-positiver HBV-Infektion kommen grundsätzlich für eine antivirale Behandlung in Betracht. Besteht keine Zirrhose, sollte eine Therapie begonnen werden, wenn
- die HBV-DNA > 2.000 IU/ml beträgt,
- wiederholt erhöhte Leberwerte als Ausdruck entzündlicher Aktivität gemessen werden und/oder
- eine Fibrose vorliegt.
Bei Patienten mit Zirrhose genügt eine positive PCR auf HBV-DNA unabhängig von der Höhe der Virämie, um die Therapieindikation zu stellen.
Nicht indiziert ist die Behandlung bei Patienten mit hochvirämischer chronischer HBeAg-positiver Hepatitis B ohne Zeichen entzündlicher Aktivität (früher als immuntolerant bezeichnet). Das gilt, obwohl die Virämie deren Zirrhose-Risiko erhöht. Es gibt keine Evidenz dafür, dass die Therapie bei diesen Patienten einen relevanten Effekt hat oder das Zirrhoserisiko senkt. Auch niedrigvirämische Patienten mit HBeAg-negativer chronischer HBV-Infektion (früher als inaktive Träger bezeichnet) brauchen in der Regel keine antivirale Behandlung.
Als Surrogatparameter für den Therapieerfolg dienen die HBsAg-Serokonversion, eine Suppression der HBV-DNA auf mindestens < 2.000 IU/ml (bei Leberzirrhose unter die Nachweisgrenze) und eine Normalisierung der Transaminasen. Eine HBeAg-Serokonversion kann angestrebt werden, wenn die HBV-DNA dauerhaft supprimiert ist.
Für die Therapie stehen pegyliertes Interferon alpha (PEG-IFN) oder Nukleosid- bzw. Nukleotid-Analoga (NA) zur Verfügung. Bei der Wahl der Behandlung sollte geprüft werden, ob eine Therapie mit PEG-IFN möglich und sinnvoll ist. Diese ist in der Regel auf 48 Wochen limitiert. Überwacht werden müssen dabei das Blutbild (Leuko- oder Thrombopenie) und das TSH (Risiko der Induktion einer autonomen Thyreopathie). In den Wochen 12 und 24 sollten HBsAg und HBV-DNA kontrolliert werden, um die Therapie vorzeitig beenden zu können, wenn die Patienten darauf nicht ausreichend ansprechen. Dies ist bei HBeAg-positiven Patienten der Fall, wenn das HBsAg nach 12 oder 24 Wochen > 20.000 IU/ml beträgt oder nicht abgefallen ist.
Präparatkombination und -wechsel nicht empfohlen
Bei HBeAg-negativen Patienten gilt als Ansprechen eine Normalisierung der Transaminasen und eine HBV-Viruslast < 2.000 IU/ml nach 24 Wochen. Weder eine primäre Kombination von PEG-IFN und einem Nukleosid- bzw. Nukleotid-Analogon (NA) noch eine Add-on-Therapie mit PEG-IFN zur NA-Therapie oder ein Switch von einem NA zu PEG-IFN werden empfohlen.
Unter den NA sollten Entecavir oder Tenofovir bevorzugt werden. Vom Einsatz von Adefovir raten die Leitlinienautoren wegen seiner geringeren antiviralen Wirksamkeit und des höheren Risikos für eine Resistenzentwicklung ab. Tenofovir, Lamivudin und Telbivudin kann man auch in der Schwangerschaft geben. Während der Therapie mit NA muss vor allem die Nierenfunktion kontrolliert werden.
Im ersten Jahr der Behandlung mit NA sollte die HBV-DNA alle drei Monate bestimmt werden. Optimalerweise sinkt sie unter die Nachweisgrenze. Ist sie nach sechs Monaten nicht um mehr als eine Logstufe abgefallen, gilt dies als Non-Response. Bei virologischem Ansprechen kann das Kontrollintervall auf sechs Monate verlängert werden. Patienten mit Leberzirrhose sollten nach 48 Wochen eine HBV-DNA unterhalb der Nachweisgrenze haben, weil dies das Risiko für die Entwicklung eines hepatozellulären Karzinoms senkt. Bei Patienten ohne Leberzirrhose ist ein solcher Zusammenhang weniger klar.
Bis zur vollständigen Virussuppression können zwei bis drei Jahre vergehen. Ein langsamer Virusabfall unter Lamivudin oder Telbivudin begünstigt jedoch die Entwicklung von Resistenzen. Spricht der Patient unzureichend an oder steigt die HBV-DNA wieder an, sollte zunächst die Adhärenz des Patienten geprüft werden. In 30–40 % der Fälle liegt hier das Problem. Man kann, muss aber nicht auf Resistenzvarianten testen.
Bei Patienten, die Lamivudin, Entecavir oder Telbivudin erhalten haben und unzureichend darauf ansprechen, empfiehlt sich der Wechsel auf Tenofovir. Bei bisheriger Behandlung mit Adefovir sollte man auf Entecavir oder Tenofovir umstellen. Tenofovir kann durch Entecavir ersetzt werden.
Beendet werden kann die Therapie, wenn HBsAg eliminiert ist, bei HBeAg-positiven Patienten zwölf Monate nach HBeAg-Verlust. Bei HBeAg-negativen Patienten ohne fortgeschrittene Fibrose ist es möglich, die Behandlung schon vor dem Verlust von HBsAg zu stoppen, sofern die HBV-DNA mehr als drei Jahre negativ war. Nach Beenden der Therapie sind regelmäßige Kontrollen wichtig.
Quelle: S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) zur Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion, AWMF-Register-Nr. 021-11, www.awmf.org
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