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So besiegen Sie die Milben

Übertragen wird Skabies in der Regel durch einen längeren direkten Hautkontakt. Dass man sich die Parasiten über kontaminierte Textilien einfängt, ist zwar möglich, aber bei den gewöhnlichen Formen selten, da keine hohe Milbenzahl vorliegt. Die Milben breiten sich oft innerhalb der Familie oder der Wohngemeinschaft (Pflegeheime, Asylantenunterkunft, Flüchtlingslager) aus, erklären Dr. Marco Seneghini von der Klinik für Infektionen am Kantonsspital St. Gallen und Kollegen.
Die Milben bevorzugen Hautareale mit dünner Hornschicht wie Interdigitalräume, Handgelenke, Axillen und die Genitalregion. Die Diagnose gelingt in der Regel klinisch, typischerweise berichten Patienten von einem Juckreiz, der sich nachts oder nach einer heißen Dusche verschlimmert. Entdeckt man die Tiere oder den Gang nicht mit bloßem Auge, findet man in der Regel spätestens mit dem Dermatoskop die typischen Anzeichen. Im Fall eines Ausbruchs sollte man bei mindestens einem Betroffenen die Milbe bzw. einen Gang dermatoskopisch nachgewiesen haben, spricht der Patient auf die Therapie nicht richtig an, gilt es ebenfalls, die Diagnose dermatoskopisch zu verifizieren.
Am Ende des Milbengangs zeigt sich in der Regel ein dunkles Dreieck, auch Delta-Zeichen. Es entspricht Kopf, Mund und Vorderbeinen der Parasiten. Mit blauer Tinte lassen sich die Milbenwege schnell und einfach sichtbar machen (Burrow-Ink-Test). Eier und Skybala lassen sich über eine schmerzlose, tangentiale Biopsie der oberen Epidermis nachweisen.
Sonderfall Scabies crustosa
Die Scabies crustosa, früher Scabies norvegica genannt, bezeichnet die Infektion mit einer sehr hohen Anzahl an Milben, die mit einer hyperkeratotischen Dermatose an Handflächen und Fußsohlen einhergeht. Zusätzlich bestehen oft tiefe Hautrisse, daher auch der Trivialname Borkenkrätze. Die Erkrankung kann ganze Gliedmaßen, eventuell sogar den gesamten Körper befallen. Besonders gefährdet sind alte und stark immunsupprimierte Patienten (HIV-Infektion, Transplantation etc.).
Für die Therapie der unkomplizierten Skabies eignet sich 5%ige skabizid und ovarizid wirkende Permethrin-Creme. Alternativ steht Ivermectin (orale Standarddosis: 200 µg/kg) zur Verfügung. Die Einnahme von Ivermectin erfolgt auf nüchternen Magen. Weil die Substanz nur die Milben, aber nicht die Eier abtötet, ist eine zweite Gabe nach sieben Tagen erforderlich. Beide Substanzen erzielen bei optimaler Compliance einen ähnlichen Effekt. Permethrin ist allerdings aufgrund der verfügbaren Sicherheitsdaten die bevorzugte Option für Schwangere und gewichtsadaptiert für Kinder unter 15 kgKG.
Ein häufiger Fehler in der Permethrintherapie durch die Patienten ist, dass sie nicht den gesamten Körper eincremen. Im Rahmen der sachgemäßen Applikation lässt man nur die Schleimhäute aus (Augen, Nase, Mundbereich), Finger- und Zehennägel werden vor der Anwendung kurz geschnitten. Bei Patienten über 60 oder unter 3 Jahren sollte man besonders darauf achten, dass das Permithrin Nacken, Wangen, Ohren, behaarten Kopf und Capillitium erreicht, denn diese Areale sind in diesen Gruppen häufig befallen. Das Akarizid lässt man am besten über Nacht oder mindestens 8–12 h einwirken. Bei Schwangeren sollte die Applikation auf zwei Stunden verkürzt werden. Wer sich zwischendurch die Hände wäscht, muss sie danach erneut eincremen.
Besonderheiten in Asylzentren
An erster Stelle steht die barrierefreie Aufklärung der Asylsuchenden und ihrer Betreuer über Symptome, Übertragungswege und Prävention. So lassen sich auch schambedingte Hemmungen, Hilfe zu suchen, überwinden. Denn nur die schnelle Diagnose und Therapie nach der Ankunft verhindern die Ausbreitung innerhalb der Institution. Hinzu kommen vor allem in Flüchtlingslagern die schlechten hygienischen Bedingungen und die Überbelegung einzelner Camps entlang der Fluchtwege. Vor allem unbegleitete Minderjährige und Menschen aus Hochprävalenzländern sollten gezielt nach Symptomen einer Skabies gefragt und körperlich untersucht werden. Im Idealfall landen komplizierte, unklare und schwer therapierbare Fälle direkt beim Dermatologen, um dort schnellstmöglich behandelt zu werden.
Für Einrichtungen wie Asylunterkünfte (s. Kasten) raten die Schweizer Kollegen zu einer zweimaligen systemischen Therapie. Eine topische Behandlung ist in einem solchen Setting aufgrund von Compliance-Problemen oft schwer umsetzbar. Ansonsten richtet sich das Regime nach der Ausprägung: Bei der klassischen Skabies genügt eine sorgfältige topische oder systemische Monotherapie. Für Patienten mit Scabies crustosa (s. Kasten) empfehlen die Experten, Permethrin und Ivermectin zu kombinieren und häufiger zu geben. Viele „Resistenzen“ lassen sich wahrscheinlich auf Anwendungsfehler zurückführen. Bleibt der Therapieeffekt aus, empfehlen die Autoren daher, eine lokale Therapie nach einer Woche zu wiederholen.
Umgebungsmaßnahmen haben zwar eine begrenzte Wirkung, aber dennoch ihren Stellenwert. Sie begleiten die medikamentöse Therapie der Betroffenen und schließen auch enge Kontaktpersonen ein. Wie die Ivermectinbehandlung wiederholt man sie nach einer Woche. Kleidung, Bettwäsche, Handtücher, Stofftiere (im Bett) und weitere Textilien, mit denen der Patient in den zwei bis drei Tagen vor Therapiebeginn Kontakt hatte, werden bei mindestens 60 °C in der Maschine gewaschen. Alternativ können sie ebenso wie nicht (maschinen)waschbare Textilien in einem luftdicht verschlossenen Plastikbeutel über mindestens 72 h gelagert werden bzw. 24 h im Gefrierfach. Matratzen und Sofas von Scabies-crustosa-Patienten sollten zur Dekontamination mindestens 72 h nicht benutzt werden.
Quelle: Seneghini M et al. Swiss Med Forum 2024; 12: 162-166; DOI: 10.4414/smf.2024.1397784404
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