So wird die Insektengiftallergie bekämpft

Dr. Dorothea Ranft, Foto: fotolia

Dank der Immuntherapie brauchen Allergiker keine Todesangst mehr zu haben, sobald Bienen und Wespen wieder fliegen. Doch wer kommt für diese Behandlung infrage? Wo lauern diagnostische Tücken und wie lässt sich der Therapieerfolg messen?

Fällt die lokale Reaktion auf einen Hymenopteren-Stich mit einem Durchmesser von über 10 cm relativ groß aus, besteht zunächst kein Grund zur Sorge: Gesteigerte Lokalreaktionen sind kein Risikoindikator für drohende systemische Unbill, so Professor Dr. Randolf Brehler, Universitätshautklinik Münster.

In einer aktuellen Studie hatten nur 4 % der Patienten mit systemischer Reaktion vorher ausgeprägte lokale "Probleme". Und von 31 Patienten mit gesteigerter lokaler Antwort entwickelte bei erneuten Stichen keiner eine systemische Reaktion.

Immuntherapie i.d.R. erst ab Anaphylaxie zweiten Grades

Entsprechend wird eine Immuntherapie mit Insektengift (VIT) erst bei systemischen Sofortreaktionen ab dem Schweregrad 2 (s. Kas­ten) empfohlen. Dabei gestaltet sich die retrospektive Einordnung der vom Patienten geschilderten Kreislaufsymptome (Tachykardie? Blutdruckabfall?) oft schwierig. Bei besonderen Risikofaktoren für eine verstärkte Stichreaktion oder bei eingeschränkter Lebensqualität durch die Allergie ist eine spezifische Immuntherapie allerdings schon bei Schweregrad 1 (z.B. Urtikaria) indiziert.

Die Sensibilisierung gegen Insektengift-Allergene wird mittels Hauttests und spezifischer IgE-Antikörper nachgewiesen. Wegen der höheren Zuverlässigkeit sollte man wiederholt testen – am besten in der ersten Woche nach dem Stich und nach vier bis sechs Wochen.

Die verwendeten Prick- und Intrakutantests führen nur selten zu systemischen Reaktionen. Bei Risikopatienten (Bewusstlosigkeit nach Stich, Mastozytose) empfiehlt der Dermatologe sicherheitshalber ein Monitoring während des Tests.

Die Mastozytose gilt als wichtiger Risikofaktor für schwere Anaphylaxien, sie manifestiert sich häufig in Form einer Urticaria pigmentosa. Prof. Brehler rät deshalb, bei Patienten mit Kreislaufreaktion nach Insektenstich gezielt nach dieser Hautveränderung zu fahnden.

Es gibt allerdings auch Formen, die nicht mit Hautveränderungen einhergehen, z.B. die isolierte Knochenmarksmastozytose. Den entscheidenden Hinweis liefert hier eine erhöhte Serumtryptase: Werte ≥ 20 mg/ml gelten als verdächtig. Eine Mastozytose kann aber auch bestehen, wenn der Enzymspiegel normal ist. Bei Kreislaufreaktionen nach Insektenstich (v.a. mit Bewusstlosigkeit) ohne Hautreaktion muss deshalb mittels Knochenmarkpunktion eine Mastozytose ausgeschlossen werden.

Knochenmarkpunktion bei Verdacht auf Mastozytose

Bei der Immuntherapie mit Insektengift ist die Anwendung von Depot-Extrakten aufgrund des Aluminiumgehalts in die Diskussion geraten. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) schreibt dazu in seiner Stellungnahme, dass eine dreijährige Immuntherapie mit aluminiumhaltigen Antigenen in herkömmlicher Dosis keine wesentliche Belastung für den menschlichen Körper darstellt.

Prof. Brehler gibt allerdings zu bedenken, dass viele Patienten mit Hymenopteren-Allergie mit höheren Dosen und wesentlich länger behandelt werden – teilweise sogar lebenslang (Imker, Mastozytose). In solchen Fällen könne die Anwendung wässriger Extrakte sinnvoll sein.

Rolle der ACE-
Hemmer bleibt umstritten

Umstritten bleibt die Sicherheit der Immuntherapie bei Patienten mit kardiovaskulärer Begleitmedikation. Einer aktuellen Studie** zufolge erhöhen weder Betablocker noch ACE-Hemmer das Risiko für systemische Reaktionen auf die Immuntherapie bzw. auf Stiche mit dem auslösenden Insekt. Dem widerspricht eine andere Arbeit, wonach ACE-Hemmer die Gefahr für Reaktionen auf einen "Provokationsstich" während der VIT erhöhen.

Beendet werden darf die Immuntherapie nach drei bis fünf Jahren, wenn ein Stich mit dem auslösenden Insekt vertragen wird oder keine Sensibilisierung mehr nachweisbar ist (Hauttest, spezifisches IgE). Letzteres tritt allerdings nur selten ein, weshalb viele Patienten länger behandelt werden.

Die Konzentration spezifischer IgG-Antikörper korreliert nicht mit der Wirksamkeit der Immuntherapie, betonte Prof. Brehler. Möglicherweise hilft in Zukunft die Analyse blockierender Antikörper weiter.


Quelle: ** J. Stoevesandt et al., Ann Allergy Asthma Immunol 2015, online first

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