Status epilepticus – wie beenden?

Birgit Maronde, Foto: thinkstock

Erfolgt beim generalisierten Status epilepticus die Ersttherapie innerhalb von 30 Minuten, gelingt die Anfallskontrolle fast immer. Die beste Evidenz gibt es für die i.m.-Applikation von Midazolam.

Entsprechend der aktuellen DGN*-Leitlinie handelt es sich bei einem epileptischen Anfall ab fünf Minuten Dauer um einen Status epilepticus, der entsprechend antikonvulsiv behandelt werden sollte. Allerdings hängt die Dringlichkeit der frühen Intervention vom Statustyp ab.


So hat man z.B. beim Absencenstatus durchaus Zeit, erklärte Professor Dr. Felix Rosenow vom Epilepsiezentrum Hessen in Marburg. Fest steht aber: Je länger ein Status dauert, des­to stärker sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass er spontan sistiert. Zudem vermindert Abwarten die Erfolgschancen der Behandlung.


Für die First-line-Therapie des Status epilepticus sieht die Leitlinie Benzodiazepine vor. Falls eine intravenöse Gabe (z.B. bei Anwendung durch Laien) ausscheidet, wird Midazolam oder Lorazepam intranasal oder bukkal – und alternativ Diazepam rektal – empfohlen. Wie bewähren sich die verschiedenen Optionen aber im Alltag?

Rektale Applikation sozial wenig verträglich

Rektales Diazepam wird rasch resorbiert und die Effektivität steht außer Frage. Die Applikation kann aber Probleme bereiten und ist „außerhalb des Windelalters sozial wenig verträglich“, betonte Prof. Rosenow.


Auch Lorazepam expidet, das in den Mund gelegt wird, bietet nach Aussage des Kollegen keine echte Alternative. Es wirkt erst nach 25 Minuten, seine Resorptionshalbwertszeit liegt bei durchschnittlich 30 Minuten und bis Tmax erreicht ist, dauert es mehr als eine Stunde, im Mittel 160 Minuten. „Als Statustherapie eine wirkungslose Maßnahme, die höchstens den Behandler beruhigt“, kommentierte der Kollege.


Midazolam kann im Status epilepticus auf verschiedene Weisen appliziert werden. Zum einen als Lösung bukkal in einer Dosierung von 0,2–0,3 mg/kg KG. In diesem Fall wird Tmax nach etwa 30 Minuten erreicht. Bukkales Midazolam wirkt besser als rektales Diazepam und ist bis zum 18. Lebensjahr zugelassen.

Wirksamste Substanz noch nicht in der Leitlinie

Zum anderen kann man die i.v.-Lösung von Midazolam intranasal geben, üblicherweise via Applikator (0,2 mg/kg KG). Ein Nasenspray ist in Deutschland nicht im Handel. Nasales Midazolam ist effektiver als rektales und ebenso wirksam wie intravenöses Diazepam, bietet aber den Vorteil der schnelleren Applikation.


Intramuskulär gespritztes Midazolam hat eine mindestens gleich gute Wirkung wie intravenös gegebenes Lorazepam. Dies belegt eine randomisierte Doppelblindstudie an Patienten, die im tonisch-klonischen Status epilepticus von Rettungssanitätern entweder 10 mg Midazolam i.m. oder 4 mg Lorazepam i.v. erhielten.


Beim Eintreffen in der Klinik waren 73 % der mit Midazolam, aber nur 63 % der mit Lorazepam behandelten Patienten anfallsfrei. In puncto Nebenwirkungen und anderen Endpunkten unterschieden sich die beiden Therapieformen nicht.


Die beste Evidenz (Klasse 1) gibt es für intramuskuläres Midazolam, stellte Prof. Rosenow klar. Doch in Deutschland wird dieses Medikament bisher kaum eingesetzt und auch die Leitlinie hat es (noch) nicht berücksichtigt. Der Rettungsdienst im Bereich seiner Klinik setze bislang auf Midazolam i.v. (Notarzt) bzw. Midazolam intranasal über Zerstäuber (Rettungssanitäter). Zur Anwendung durch Angehörige bzw. Betreuer epileptischer Kinder eigne sich bukkales Midazolam.

Antikonvulsiva, wenn Benzos nicht genügen

Kann der epileptische Status mit Benzodiazepinen nicht durchbrochen werden, kommen Phenytoin, Valproat, Phenobarbital, aber auch Levetiracetam in Betracht. Letzteres ist nicht für die Statustherapie zugelassen, wird aber in Deutschland relativ häufig eingesetzt – v.a. bei Patienten, denen man weder Valproat noch Phenytoin geben möchte, so der Kollege. Er empfiehlt als Dosis 30 mg/kg Körpergewicht über fünf bis zehn Minuten, die Applikation kann ggf. einmal wiederholt werden.


Hat die Gabe eines der genannten Medikamente nach 30 bis max. 60 Minuten keinen Erfolg, kommen zumindest beim tonisch-klonischen Status die im Kasten genannten Substanzen infrage.

Therapie-Alternativen bei refraktärem Status

Wenn Patienten mit tonisch-klonischem Status auch z.B. auf Levetiracetam nicht ansprechen hat man drei Alternativen:

  • Thiopental 5 mg/kg KG als Bolus; dann EEG-gesteuert Erhaltungstherapie mit 3–7 mg/kg KG für 24 Stunden oder

  • Midazolam 0,2 mg/kg KG i.v. als Bolus; dann EEG-gesteuert Erhaltungstherapie mit ca. 0,1–0,5 mg/kg KG/h über 24 Stunden oder

  • Propofol 2 mg/kg KG intravenös als Bolus, nachfolgend EEG-gesteuert Erhaltungstherapie mit ca. 4–10 mg/kg KG/h für 24 Stunden


*Deutsche Gesellschaft für Neurologie


Quelle: Arbeitstagung NeuroIntensivMedizin

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