Steroide: Rheumatiker durch Muskelschwund und Infektionen bedroht

Elisa Sophia Breuer

Durch die Steroide werden die Muskeln mit der Zeit kleiner, schwächer und zum Hauptproblem. Daher gilt: Mit Steroiden aufpassen! Durch die Steroide werden die Muskeln mit der Zeit kleiner, schwächer und zum Hauptproblem. Daher gilt: Mit Steroiden aufpassen! © iStock/sittithat tangwitthayaphum

Um die Inflammation einzudämmen, erhalten Rheumakranke häufig Glukokortikoide. Doch die zerstören die Muskeln, sodass Patienten nach langer Gabe Gefahr laufen, ihre Mobilität einzubüßen. Und auch ihr Infektionsrisiko steigt mit der Zeit – sogar bei niedriger Steroiddosis.

Glukokortikoide sind in der Rheumatologie allseits beliebt. Schließlich hemmen sie „wunderschön“ die Inflammation bei den Rheumapatienten und schützen deren Knochen, erinnerte Professor Dr. Ulf Müller-­Ladner­, Universität Gießen. „Aber wenn Sie das zu lange treiben, werden die Muskeln kleiner und schwächer und zum Hauptproblem“, bedauerte er. Patienten könnten dann nicht mehr laufen. Der Rheumatologe forderte seine Kollegen auf, Steroide auch mal abzusetzen, damit die Muskeln regenerieren können.

TNF-transgene Mäuse gelten als Modell für die Polyarthritis. In der von Prof. Müller-Ladner vorgestellten britischen Studie erhielten TNF- und Wildtyp-Mäuse entweder 100 µg/ml­ Glukokortikoide oder Placebo über das Trinkwasser.1 Bei TNF-Mäusen ohne Therapie kam es durch die Krankheit zu einem deutlichen Knochenverlust, nicht so bei den Wildtypmäusen in der Kontrolle, ergab die Mikro-CT. Kortikosteroide schützten TNF-Tiere weitgehend vor der Destruktion.

Steroide regulieren katabole und anti-anabole Moleküle

Doch was machten die Muskeln? Während im Placeboarm keine relevanten Veränderungen auftraten, ergab die Histologie, dass die Muskeln der Tiere unter der Steroidtherapie nur noch aus lauter kleinen, dysfunktionalen Fasern bestanden. Weitere Zellversuche zeigten zudem, dass die Steroide anti-anabole und katabole Moleküle wie Fbxo32 hochregulierten. Für die Studienautoren ist dieser Effekt Grund genug, mit Hochdruck nach Möglichkeiten zu suchen, wie sich der Muskelabbau bei Patienten unter Glukokortikoiden besser kontrollieren lässt.

Bekanntermaßen steigern hohe Steroiddosen das Infektionsrisiko. Professor Dr. Christian­ Kneitz­, Rheumatologische Facharztpraxis Schwerin, zitierte eine „sehr praxisnahe“ retrospektive Studie aus England mit ca. 40 000 Patienten aus 389 Hausarztpraxen.2 Die Teilnehmer litten entweder unter einer Polymyalgia rheumatica oder einer Riesenzellarteriitis. Die Therapie beider Erkrankungen beinhaltet die Gabe von Prednisolon – teilweise sogar für mehrere Jahre und in höheren Dosierungen von bis zu 60 mg/d. Doch ab welchem Level steigt das Infektions­risiko?

Innerhalb von durchschnittlich 4,8 Jahren entwickelte grob jeder Zweite mindestens eine Infektion. Etwas mehr als ein Viertel musste ins Krankenhaus, 7,3 % von ihnen starben innerhalb einer Woche nach der Diagnose – meist an einer Pneumonie. Dass das Gesamtrisiko für Infektionen mit der Zeit anstieg, überraschte niemanden. Doch dass bereits die längere Gabe von < 5 mg/d Prednisolon-Äquivalent bei älteren Patienten die Wahrscheinlichkeit, eine Infektion zu erleiden, erhöhte, löste Erstaunen aus.

Zudem zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Pro 5 mg/d höherer Dosis Prednisolon-Äquivalent im letzten Jahr nahm das Infektionsrisiko um 13 % zu. Eine kumulative Steigerung um 1000 mg ließ die Gefahr um 50 % anwachsen. Das galt allerdings erst, wenn die kumulative Gesamtdosis 7300 mg überstieg, wie eine Subgruppenanalyse ergab. Da den Autoren keinerlei Informationen über die Medikation im Krankenhaus vorlagen, könnten sie die Gesamtdosis möglicherweise aber unterschätzt haben. Das Risiko für bakterielle Infektionen erhöhte sich durch die Einnahme von Steroiden um 70 %, das für Pilzinfektionen um 48 %.

Zoster und Konjunktivitis treten mit am häufigsten auf

Die Assoziationen waren laut Aus­sage der Wissenschaftler unabhängig von Alter, chronischer Erkrankung und Impfstatus der Patienten. Am häufigsten kam es zu Infektionen der unteren Atemwege, zu Konjunktivitiden und Herpes zoster. „Das müssen wir uns besser vor Augen führen“, betonte Professor Kneitz. Seine eindeutige Botschaft: Mit Steroiden aufpassen! 

Quellen:
1. Fenton CG et al. Arthritis Res Ther 2019; 21: 182; DOI: 10.1186/s13075-019-1962-3
2. Wu J et al. CMAJ 2019; 191: E680-E688; DOI: 10.1503/cmaj.190178

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Durch die Steroide werden die Muskeln mit der Zeit kleiner, schwächer und zum Hauptproblem. Daher gilt: Mit Steroiden aufpassen! Durch die Steroide werden die Muskeln mit der Zeit kleiner, schwächer und zum Hauptproblem. Daher gilt: Mit Steroiden aufpassen! © iStock/sittithat tangwitthayaphum