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Orthostatische Intoleranz vom klassischen Orthostase-Syndrom unterscheiden

Weiblich, 25 Jahre alt, seit zehn Jahren häufig Herzrasen im Stehen – diese Patientin ist eine klassische Kandidatin für die Diagnose eines posturalen orthostatischen Tachykardiesyndroms (POTS). Betroffene schaffen es aufgrund ihrer Beschwerden nicht, den Körper dauerhaft aufrecht zu halten, sogar längeres Sitzen fällt einigen schwer. Obwohl im klinischen Alltag durchaus präsent, zählt die Erkrankung eher zu den unbekannteren kardiovaskulären autonomen Störungen.
Auch Bauchschmerzen gehören zu den Beschwerden
An Herz-Kreislauf-Symptomen treten neben der Tachykardie meist Palpitationen, Schwindel, Dyspnoe und (Prä-)Synkopen während des Stehens auf. 30–50 % aller Patienten kollabieren. Unter bestimmten Begleitumständen verschlimmert sich die orthostatische Intoleranz (s. Kasten). Hinzu kommen allgemeine Beschwerden, die nicht unmittelbar mit der Hämodynamik zusammenhängen. Bauchschmerzen, Cephalgien, chronische Fatigue und eingeschränkte körperliche Belastbarkeit bilden nur einen Bruchteil der möglichen Manifestationen ab.
Vorsicht, Exazerbation!
- hohe Umgebungstemperaturen und hohe Luftfeuchtigkeit
- unzureichende Flüssigkeitszufuhr/Dehydratation
- körperliche Belastung
- Morgenstunden
Aktiver Stehtest liefert erste diagnostische Hinweise
Bezüglich der Ätiologie existieren bislang nur Hypothesen. In den letzten Jahren haben sich drei etabliert:- Autoimmunerkrankung: Einige Merkmale wie die Triggerfaktoren stützen diese Theorie. Darüber hinaus fanden sich diverse Autoantikörper – beispielsweise gegen adrenerge G-Protein-gekoppelte Rezeptoren –, die eine Rolle in der Pathogenese spielen könnten.
- Eine Sympathikus-Überaktivierung erklärt die inadäquate Sinustachykardie ebenfalls. Auch wurde ein hyperadrenerger Subtyp beschrieben, bei dem während der Orthostase der Noradrenalinspiegel steigt. Daraus resultieren Beschwerden wie Tremor, Angst und Brustschmerzen.
- Eine periphere sympathische Neuropathie führt über venöses Pooling mit konsekutiver Vorlastsenkung zur Reflextachykardie. Zudem gibt es POTS-Patienten mit gestörtem Renin-Angiotensin-Aldosteron-System, was ebenfalls eine Hypovolämie nach sich zieht.
Spontanremission in ca. 50 % der Fälle
Weitere Untersuchungen bieten sich zur Differenzialdiagnostik oder zur „Typisierung“ der Dysfunktion an. Eine Überlappung mit anderen Krankheiten, darunter orthostatische Hypotonie, vasovagale Synkope oder Panikstörung, halten Experten derzeit durchaus für möglich. Prof. Fedorowski hebt besonders das häufig gleichzeitige Vorliegen von POTS und Chronic-Fatigue-Syndrom bzw. Ehlers-Danlos-Syndrom hervor.Nicht-pharmakologische Therapiemaßnahmen
- Patientenedukation (essenziell, am besten inkl. Broschüren o.Ä.): Verständnis über die Pathophysiologie des POTS und Erlernen physikalischer Gegenmanöver; Immobilisierung und langes Liegen vermeiden ebenso wie langes Stehen; langsames Aufstehen, vor allem morgens, nach Mahlzeiten und nach dem Toilettengang; statt großer Mahlzeiten häufigere kleinere einnehmen
- Körperliches Training: bevorzugt stufenweise und regelmäßig unter Supervision (anfangs aufrechte Position meiden); später mildes bis moderates Ausdauertraining; Rudergeräte, Liegendfahrrad und Schwimmen als mögliche Optionen
- Je nach Subtyp (z.B. „hypovolämisch“) erhöhte Salz- und Flüssigkeitsaufnahme (Nahrung > 10 g Natrium pro Tag) sowie Kompressionsstrümpfe erwägen
Quelle: Fedorowski A. J Intern Med 2018; online first
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