Technisch möglich: Insulin einatmen statt spritzen

diatec journal Prof. Dr. Lutz Heinemann

Gleich zwei Firmen präsentierten beim EASD experimentelle Daten zu inhalativen Lösungen. Noch müssen alternative Darreichungsformen herhalten. Gleich zwei Firmen präsentierten beim EASD experimentelle Daten zu inhalativen Lösungen. Noch müssen alternative Darreichungsformen herhalten. © mhong84 – stock.adobe.com

Um inhalatives Insulin war es ruhig geworden. Nun wurden beim EASD zwei Produkte präsentiert.

Aus technologischer Sicht ist die Insulingabe über die Lunge interessant, da auch technische Faktoren stimmen müssen, damit Insulin lungengängig ist. Ein Vertreter von MannKind Inc. zeigte Daten von über 500 Patienten mit Typ-1-Diabetes, bei denen die Wirkung eines inhalativen Insulins ­(Afrezza®) mit der eines schnell wirkenden injizierten Insulin­analogons (Insulin aspart) verglichen wurde.

Der Fokus lag auf dem postprandialen Glukoseverlauf sowie der notwendigen Dosierung des inhalativen Insulins und der Hypoglykämierate über einen Zeitraum von einem Jahr. Im Vergleich zur subkutanen Insulingabe führte das inhalative Insulin in den ersten zwei Stunden nach einer standardisierten Mahlzeit zu einer deutlich besseren Glukosekontrolle.

Mahlzeitentest verschiedener Insuline

Postprandialer Glukoseverlauf bei Typ-1-Diabetes nach einer gemischten Mahlzeit bei subkutaner Injektion eines raschwirkenden Insulinanalogons bzw. einer Insulininhalation.

Bioverfügbarkeit nach wie vor geringer als bei Injektion

Dafür musste die Insulindosis allerdings auf das 1,5- bis 2-fache der Dosis des subkutanen Insulins gesteigert werden. Insgesamt stellt die Bioverfügbarkeit immer noch ein Problem dar: Es muss ca. die 7-fache Menge Insulin inhaliert werden, um die gleiche Bioverfügbarkeit zu erreichen wie bei subkutaner Applikation. Die Mahlzeitenabdeckung mit dem inhalativen Insulin war mit einer niedrigeren Rate von Gesamt- und Level-2-Hypoglykämien verbunden, insbesondere einige Stunden nach der Mahlzeit. Dies lässt sich auf das rasche Anfluten der Insulinwirkung bei inhalativem Insulin zurückführen. Die Erfahrungen aus dieser Studie stimmen laut US-Klinikern auch mit deren klinischen Erfahrungen überein: Mit einer geeigneten Dosis des inhalativen Insulins kann der mahlzeitbezogene Insulinbedarf von Patienten gut und sicher gedeckt werden. Auch Dance Biopharm präsentierte Ergebnisse einer klinisch-experimentellen Glukose-Clamp-Studie mit einem inhalativen Humaninsulin (Dance 501). Patienten erhielten drei Dosen des nebelförmigen inhalativen Insulins (relative Biopotenz von 13 %). Im Vergleich zu den drei gleichen Dosen von subkutan injiziertem Insulin lispro wurde bei den 24 Patienten mit Typ-2-Diabetes ein früherer Wirkungseintritt bei Inhalation beobachtet, insgesamt aber eine ähnliche Wirkung.

Insulininhalation mit Zeitaufwand verbunden

In der ersten Stunde nach Gabe wies das inhalative Insulin bei allen Dosen eine größere Wirkung als das subkutane Insulin auf, mit mittleren relativen Unterschieden von 45 bis 107 % (p < 0,05). Die Zeit bis zur maximalen Wirkung war für jede Dosierung ähnlich. Bei der Inhalation wurden keine Sicherheitsprobleme wie Husten oder akute Veränderungen der Lungenfunktion beobachtet. Der Zeitaufwand bei der Inhalation mit dem hierfür entwickelten Inhalator ist allerdings nicht unbeträchtlich. Aktuell ist unklar, ob es diese Entwicklung zu einem zugelassenen Medizinprodukt schafft.

Kongressbericht: EASD 2019

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Gleich zwei Firmen präsentierten beim EASD experimentelle Daten zu inhalativen Lösungen. Noch müssen alternative Darreichungsformen herhalten. Gleich zwei Firmen präsentierten beim EASD experimentelle Daten zu inhalativen Lösungen. Noch müssen alternative Darreichungsformen herhalten. © mhong84 – stock.adobe.com