Therapie auch an Organkomplikationen ausrichten

Dr. Sonja Kempinski

Insgesamt stehen zur Behandlung des SLE jeglicher Krankheitsaktivität verschiedene Medikamente zur Verfügung. Insgesamt stehen zur Behandlung des SLE jeglicher Krankheitsaktivität verschiedene Medikamente zur Verfügung. © velimir– stock.adobe.com

Zur Behandlung des schweren Lupus werden etliche Wirkstoffe empfohlen. Einige davon sind zugelassen, andere müssen off label eingesetzt werden. Aber nicht jede Substanz ist für jede Organkomplikation geeignet.

Die Therapieziele beim systemischen Lupus erythematodes (SLE) lauten Remission oder zumindest niedrige Krankheitsaktivität und Schubprävention. Erreicht werden sollte dies mit einer möglichst niedrigen Glukokortikoiddosis (Prednisolon < 5 mg/d) unter Zuhilfenahme von Hydroxychloroquin (HCQ) bzw. Immunsuppressiva inklusive Biologika. Schafft man diese Ziele – niedrige Krankheitsaktivität und niedrigste Glukokortikoiddosierung – nicht, hat der Patient langfristig eine sehr schlechte Prognose, betonte Prof. Martin Aringer vom Universitätsklinikum Carl Gustav Carus in Dresden. 

Es gibt jedoch viele Faktoren, die einen SLE zu einem „schwierigen“ Lupus machen und eine effektive  Behandlung torpedieren. Neben Kontraindikationen und Nebenwirkungen ist die Patientenadhärenz im Auge zu behalten und man muss auf spezielle Situationen, z.B. den Kinderwunsch einer Patientin reagieren. Kritische Organmanifestationen komplizieren die Therapie, und schließlich kann der Lupus selbst durch eine massive, multiorgane Überaktivität zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Letzteres ist zum Glück selten, betonte der Referent. Begegnet wird einer solchen Exazerbation mit Rescue-Maßnahmen, die allerdings alle off label sind:

  • CAR-T-Zell-Therapie
  • Stammzelltransplantation
  • Daratumumab

Insgesamt stehen zur Behandlung des SLE jeglicher Krankheitsaktivität (ohne renale Beteiligung) verschiedene Medikamente zur Verfügung. HCQ, Glukokortikoide p.o. und i.v., und seit Kurzem der gegen B-Lymphozyten-Stimulator (BLyS) gerichtete monoklonale Antikörper Belimumab (bei moderater Krankheitsaktivität) gehören zu den derzeit von der EULAR empfohlenen, zugelassenen Wirkstoffen. Weitere Substanzen, die je nach Schweregrad z.T. off label eingesetzt werden können, sind Methotrexat, Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil, Cyclophosphamid und Rituximab. 

Belimumab hilft bei vielen Organmanifestationen

Belimumab bremst Schübe gut aus, betonte Prof. Aringer. Es dauert allerdings manchmal bis zu einem halben Jahr, bis die Substanz ihre volle Wirkung erreicht hat. Sie bessert in Kombination mit der Standardtherapie nahezu alle Organmanifestationen, kann den aktuellen Daten zufolge jedoch nichts gegen hämatologische Komplikationen ausrichten. Der positive Effekt auf eine Fatigue und der Einspareffekt auf Glukokorti­koide zeigten sich oft schon nach wenigen Wochen. Auch wenn das Outcome bei Lupuspatienten auf den ersten Blick nicht immer eindrucksvoll erscheint, vier Punkte weniger im SLEDAI bedeuten, dass eine Organmanifestation komplett verschwunden ist, betonte Prof. Aringer.

Aber es gibt noch weitere neue Substanzen: Seit Kurzem besitzt auch Anifrolumab die Zulassung für den SLE. Der Antikörper bindet an Typ-1-IFN-Rezeptoren (IFNAR) und wirkt schneller als Belimumab. Er besserte in den Studien Hautmanifestationen, Arthritis und – im Unterschied zu Belimumab – sowohl vaskuläre als auch hämatologische Komplikationen (z.B. Leukopenie oder Thrombozytopenie). Einen weiteren positiven Einfluss scheint Anifrolumab auf die Lupusnephritis zu haben, ist allerdings dafür nicht zugelassen. Möglicherweise noch dieses Jahr erhält Voclosporin seine Zulassung in der EU. Es hat einen Effekt auf die Lupusnephritis als Add-on zur Standardtherapie, berichtete Prof. Aringer.

Rituximab wirkt auf Haut, Gelenke und Psyche

Aber auch die Off-Label-Therapien haben ihre Vorteile, betonte der Experte. Rituximab wirkt innerhalb von ein bis drei Monaten positiv auf Haut- und Gelenkmanifestationen. Auch Anämie und Thrombozytopenie sollen auf die Therapie gut ansprechen, einigen Daten zufolge ebenso neuropsychiatrische Lupussymptome. Negative Ergebnisse aus Phase-3-Studien hätten weniger mit der Substanz als mit dem Studiendesign zu tun. Dass Rituximab die Lupusnephritis bessern kann, unterstreichen aktuelle Untersuchungen mit einem anderen CD20-Antikörper: Obinutuzumab war in einer Phase-2-Studie gegen Lupusnephritis erfolgreich.

Vielversprechende erste Ergebnisse lieferte auch Baricitinib für den Einsatz bei nicht renalen Lupus­komplikationen. Weil essenzielle sekundäre Endpunkte nicht erreicht worden waren, hat der Hersteller das Studienprogramm jedoch gestoppt. In verschiedenen Kasuistiken zeigte der JAK-Inhibitor aber deutliche Effekte, vor allem bei Alopezie und Hautmanifestationen, berichtete Prof. Aringer. Für ihn ist die Substanzklasse noch nicht aus dem Rennen, er hofft auf die Ergebnisse anderer laufender Studien.

Zwei weitere von der RA bekannte Wirkstoffe konnten abseits ihrer Zulassung ebenfalls punkten. Sowohl der TNF-a-Blocker Etanercept als auch der IL-6-Rezeptorblocker Tocilizumab reduzierten Gelenkmanifes­tationen signifikant. Off label sind die Substanzen bei schwerer, nicht beherrschbarer Lupusarthritis durchaus verwendbar, so der Referent.

Das Fazit des Experten: Es gibt eine Reihe von Optionen, die beim schweren Lupus je nach Organmanifestation Wirkung zeigen. Zu bedenken ist, dass beim Off-Label-Einsatz Risiken und Unsicherheiten der Therapie ganz besonders berücksichtigt werden müssen. Zudem ist bei vielen Substanzen Geduld gefragt, bis sie ihre volle Wirkkraft entfalten. 

Kongressbericht: European Congress of Rheumatology 2022

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Insgesamt stehen zur Behandlung des SLE jeglicher Krankheitsaktivität verschiedene Medikamente zur Verfügung. Insgesamt stehen zur Behandlung des SLE jeglicher Krankheitsaktivität verschiedene Medikamente zur Verfügung. © velimir– stock.adobe.com