Kutanen Lupus erythematodes besser abgrenzen

Dr. Susanne Gallus

Typisch für den akuten kutanen LE: das Schmetterlingserythem. Typisch für den akuten kutanen LE: das Schmetterlingserythem. © t-vector-icons – stock.adobe.com

Lupus-Hautmanifestationen gibt es auch ohne Systemerkrankung. Für diese Fälle haben Therapeutika bisher aber keine Zulassung. In der S2k-Leitlinie zum kutanen Lupus hat das Leitliniengremium nicht nur die Diagnostik aktualisiert, sondern auch eine Reihe Off-Label-Empfehlungen mitsamt Therapiealgorithmus erstellt.

Generell lassen sich verschiedene Formen des kutanen Lupus erythematodes (LE) unterscheiden. Typisch für den akuten Typ ist u.a. das Schmetterlingserythem, berichtete Professor Dr. Claudia­ Günther­ von der Klinik und Poliklinik für Dermatologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus in Dresden.*

Randbetonte schuppige Läsionen in lichtexponierten Arealen deuten auf die subakute Form hin. Der chronisch kutane LE, der als Hauptvertreter etwa 71 % der Fälle ausmacht, umfasst den häufigen diskoiden LE, mit schuppenden schmerzhaften vernarbenden Plaques, den LE profundus und den monogen vererbten Chilblain LE. Als letztes gilt es als intermittierende Variante den LE tumidus zu unterscheiden, bei dem oft an lichtexponierten Arealen sukkulente, indurierte Urtikaria-ähnliche erythematöse Plaques auftreten.

Pathophysiologisch liegt allen eine, z.B. durch UV-Licht getriggerte, Infiltration der basalen Epidermis mit zytotoxischen Lymphozyten und plasmazytoiden dendritischen Zellen zugrunde, heißt es in der neuen S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Erkrankung, die von den Autoren um Professor Dr. Margitta Worm von der Klinik für Dermatologie, Allergologie und Venerologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin kürzlich fertiggestellt wurde. Besonders bei der Immunreaktion scheint, dass die Komponenten des adaptiven Immunsystems in der Lage sind, die Signalwege des innaten Immunsystems anzuschalten.

Diagnostisch steht neben der klinischen Befunderhebung die Biopsie der Läsion mit histologischer Untersuchung an erster Stelle. Für den Lupus spricht eine Interface-Dermatitis in Kombination mit lymphohistiozytären perivaskulären und periadnexiellen Infiltraten. Empfohlen wird, Sonderfärbungen durchzuführen, z.B. mit MxA oder CD123, um Typ-1-Interferon bzw. dendritische Zellen sichtbar zu machen. In unsicheren Fällen bietet sich auch eine direkte Immunfluoreszenz der (nicht-belichteten!) Haut an, in der man „breit granuläre Ablagerungen von IgM-, IgG- und C3-Antikörpern an der Basalmembranzone“ erkennen könnte, sagte Prof. Günther.

Möglichen SLE ausschließen

Bei Patienten mit typischem Schmetterlingserythem kann ggf. auf die Biopsie verzichtet werden, aber zur vollständigen Untersuchung gehört in jedem Fall die Bestimmung der relevanten Blutwerte inkl. der Autoantikörper, u.a. um einen systemischen Lupus erythematodes, kurz SLE, auszuschließen.

Notwendige Laborkontrollen

Die Blut- und Urinuntersuchung wird sowohl im Rahmen der Diagnostik als auch zur Verlaufskontrolle empfohlen, u.a. um medikamentös toxische Nebenwirkungen oder den systemischen LE auszuschließen. Geachtet werden sollte auf:
  • (Differenzial-) Blutbild
  • BSG und CRP
  • Kreatinin und eGFR
  • Urinstatus, Sediment und Proteinurie
  • die Leberwerte GOT, GPT, gGT, AP, ggf. Bilirubin, CK und LDH
  • Elektrophorese
  • antinukleäre Antikörper (ANA)
  • Antiphospholipid-Antikörper (APS-AK) und Lupus Antikoagulanz
  • Komplement C3 und C4

Um den kutanen vom systemischen Lupus besser abgrenzen zu können, wurden die EULAR/ACR-Kriterien überarbeitet. Für die Diagnose eines SLE müssen in der Patientenhistorie antinukleäre Antikörper nachgewiesen worden sein. „Photosensitivität und Lymphopenie sind keine SLE-Kriterien mehr“, berichtete Prof. Günther.

Drei von vier SLE Patienten entwickeln Hautsymptome

Die standardisierte Provokation zum Ausschluss einer polymorphen Lichtdermatose als Differenzialdiagnose sollte nur erfolgen, wenn entsprechende Erfahrung und Technik vorhanden sind. Es ist möglich, dass die Gewichtung der Lichtempfindlichkeit in der Vergangenheit zu einer überschätzten SLE-Zahl beigetragen hat, schreiben die Leitlinienautoren. Und das, obwohl drei Viertel der SLE-Patienten eine Hautmanifestation entwickeln. Generell sollten Betroffene auf einen adäquaten Lichtschutz achten (Textilien plus Eincremen). Einen Vitamin-D3-Mangel gilt es auszugleichen. Bei Patienten mit ausschließlich kutanem Lupus erythematodes steht man vor einem Problem: „Im Moment gibt es keine Zulassung der Medikamente, die für den kutanen LE eingesetzt werden“, betonte Prof. Günther. Es bleiben nur die Off-Label-Empfehlungen aus der Leitlinie. Die Leitlinienautoren raten in der topischen Therapie zu Glukokortikoiden und Calcineurininhibitoren (insbesondere im Gesichtsbereich) sowie bei hypertrophen diskoidalen LE-Herden zu topischen Retinoiden. Wer die Steroide verschreibt, sollte allerdings die Anwendungsdauer im Auge behalten (kurz!). Sprechen die Betroffen nicht ausreichend auf die Topika an oder bestehen ausgedehnte Läsionen, raten Prof. Worm und Kollegen – frühestens nach drei Monaten, aber spätestens nach einem halben Jahr – zu einer zusätzlichen Systemtherapie mit Hydroxychloroquin (HCQ) oder Glukokortikoiden. Gleiches gilt bei sehr schweren disseminierten Hautläsionen mit hohem Risiko für Narbenbildung.

Hydroxychloroquin langfristig beste Therapieoption

Als Langzeittherapeutikum eignet sich aufgrund des Nebenwirkungsprofils der systemischen Steroide nur das Antimalariamittel. Allerdings sollten bei Patienten unter einer solchen Therapie regelmäßig Augen und Blutwerte kontrolliert werden. Im Falle einer Retinopathie oder ausbleibenden Therapieerfolgs könnte Mepacrin erwogen werden, heißt es in der Leitlinie. Der Stellenwert physikalischer Therapien, wie Kryotherapie oder Laser, bleibt unklar, sie können im Einzelfall allerdings erwogen werden. Von UV-Therapien nimmt man in der Leitlinie jedoch klar Abstand, da diese Läsionen induzieren können. Als Zweitlinientherapie sind Methotrexat oder Dapson aufgeführt, im Idealfall jeweils zusätzlich zu HCQ. Bei bullösem kutanem Lupus wird Dapson auch als Erstlinientherapie empfohlen – nach vorheriger Bestimmung der G6PD-Aktivität. Haben die Patienten schwere hypertrophe Läsionen, können Retinoide auch systemisch zum Einsatz kommen – ebenfalls ergänzend zum Antimalariamittel.

Antikörpertherapie in der Zulassungspipeline

In der dritten Reihe stehen laut der Leitlinie Mycophenolatmofetil oder alternativ Mycophenolsäure. Bei kutanem Lupus mit systemischer Organbeteiligung kann zudem der Einsatz von Azathioprin, Ciclosporin und, in Einzelfällen mit refraktären Läsionen, Thalidomid (plus HCQ) erwogen werden. Von Cyclophosphamid und Antibiotika raten die Autoren ab. Belimumab ist bei systemischem Lupus als Zweitlinientherapie zugelassen. Mittlerweile sogar bei Kindern ab dem fünften Lebensjahr, merkte Prof. Günther an. Der monoklonale Antikörper scheint bei SLE-Patienten auch das Hautbild zu verbessern. Derzeit wird Belimumab in einer deutschen Phase-4-Studie an Patienten mit kutanem Lupus noch geprüft, kann bei diesem laut Leitlinie jedoch bereits erwogen werden. Allerdings ist unbedingt auf die neuropsychiatrischen Nebenwirkungen zu achten, wie es auch der entsprechende Rote-Hand-Brief empfiehlt, mahnte die Referentin. Rituximab ist ebenfalls eine Überlegung wert, wobei dieses weder für die kutane noch für die systemische Form zugelassen ist. Neue Ansatzpunkte für eine Therapie prüft man derzeit mit den Anti-Typ-I-IFN-Rezeptor- bzw. Anti-BDCA2-Antikörpern. Auch der momentan bei vielen Autoimmun­erkrankungen untersuchte Einsatz von Januskinaseinhibitoren könnte zukünftig bei kutanem Lupus eine Rolle spielen – zumindest beim familiär bedingten Chilblain Typ.

* 27. Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie; Online-Veranstaltung

Quelle: S2k-Leitlinie „ Diagnostik und Therapie des kutanen Lupus erythematodes“; AWMF-Register-Nr. 013-060, www.awmf.org

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Typisch für den akuten kutanen LE: das Schmetterlingserythem. Typisch für den akuten kutanen LE: das Schmetterlingserythem. © t-vector-icons – stock.adobe.com