Antiphospholipidantikörper im Griff

DGIM 2024 Dr. Sonja Kempinski

Behandelt wird das Antiphospholipidsyndrom oder der aPL-AK-Trägerstatus mittels Antikoagulation. Behandelt wird das Antiphospholipidsyndrom oder der aPL-AK-Trägerstatus mittels Antikoagulation. © Dr_Microbe

Thromboembolien und Fehlgeburten verhindern: Das ist das Therapieziel beim Antiphospholipidsyndrom. Wie die Behandlung abläuft, hängt von den Untersuchungsbefunden ab – und welche Antikörper man findet.

Von der Thrombose bis zur transitorischen ischämischen Attacke (TIA): Das Antiphospholipidsyndrom (APS) manifestiert sich mit Durchblutungsstörungen verschiedenster Art. In einer retrospektiven Untersuchung an 1.000 Patienten waren tiefe Venenthrombosen am häufigsten (32 %). Es folgten Livedo reticularis (20 %), Schlaganfall (13 %), Lungenembolien (9 %), Fehlgeburten (8 %) und TIA (7 %). In einer anderen Studie mit 1.567 Lupuspatienten kam es zu 668 thromboembolischen Komplikationen, von denen 51 % venös und 49 % arteriell waren.

Wie hoch beim einzelnen Patienten das Risiko für Thromboembolien (TE) ist, hängt davon ab, ob es schon zu klinischen Ereignissen gekommen ist und welche Antikörper (siehe Kasten) vorliegen. Während das Risiko in der Normalbevölkerung im Alter von 35–55 Jahren mit 0,4 TE/100 Patientenjahre gering ist, steigt es mit Vorliegen eines der Antiphospholipidantikörper (aPL-AK) auf 1,36 TE/100 an, berichtete Prof. Dr. Christof Specker von der Klinik für Rheumatologie und Klinische Immunologie an den Evang. Kliniken Essen-Mitte. Patienten mit allen drei APS-Antikörpern kommen auf 5,3 TE/100 Patientenjahre, nach stattgehabter Tromboembolie liegt die TE-Rate bei 20 TE/100.

Behandelt wird das Antiphospholipidsyndrom oder der aPL-AK-Trägerstatus mittels Antikoagulation. Eine Immunsuppression ist nur angezeigt, wenn der Patient gleichzeitig unter einem systemischen Lupus erythematodes leidet oder ein katastrophales APS vorliegt. In allen anderen Fällen orientiert sich die antikoagulative Prophylaxe am klinischen Bild und den aPL-Antikörpern.

Mit sogenannten positiven aPL-Antikörpern werden Rheumatologen immer häufiger konfrontiert. Das liegt daran, dass zunehmend danach gesucht wird, so Prof. Specker. Ein typischer Anlass für die Bestimmung ist ein unerfüllter Kinderwunsch, oft auch das Vorliegen einer Fibromyalgie. Werden die Antikörper dann tatsächlich gefunden, steht die Frage nach der Prophylaxe im Raum. Doch muss jeder, der die Antikörper im Blut hat, vorbeugend antikoaguliert werden?

Die Tücken der Antikörperbestimmung

Bei der Bestimmung von Antiphospholipidantikörpern und Lupusantikoagulans muss einiges beachtet werden. So kann der Nachweis der aPL-AK infolge von Infektionen falsch-positiv ausfallen. Zu beachten ist beim Anti-Cardiolipin-Antikörper, dass erst Titer ab 40 U/ml verwertbar sind. Lupusantikoagulans wiederum ist falsch-positiv unter einer Therapie mit Vitamin-K-Antagonisten, Heparin oder NOAK. 

Gefährliche Antikörper

Beim Antiphospholipidsyndrom spielen drei Parameter eine Rolle. Die beiden Antikörper gegen Cardiolipin und Beta2-Glykoprotein-I haben nur als IgM- oder IgG, nicht als IgA eine Bedeutung. Sie werden mittels ELISA bestimmt. Das Lupusantikoagulans führt zu einer Verlängerung der Gerinnungszeit im Patientenplasma und wird im Labor mit einem Mischversuch überprüft. 

Das wird in den ACR/EULAR-Empfehlungen genau geregelt. Die primäre Prophylaxe ist bei asymptomatischen aPL-AK-Trägern mit Hochrisikoprofil indiziert, d.h., wenn alle drei Antikörper nachweisbar sind sowie bei Lupuspatienten ohne APS, aber mit Hochrisikoprofil. Die Prophylaxe besteht aus der Einnahme von 75–100 mg ASS täglich.

Die Sekundärprophylaxe bei Patienten mit definitivem APS unterscheidet zwischen der Art der stattgehabten Ereignisse:

  • Nach der ersten venösen Thrombose sind Vitamin-K-Antagonisten angezeigt (Ziel-INR* 2,0–3,0).
  • Nach dem ersten arteriellen Ereignis werden Vitamin-K-Antagonisten, evtl. zusammen mit ASS, empfohlen. Die Ziel-INR richtet sich nach dem Risiko für Blutungen und Thromboembolierezidive.

Leiden APS-Patienten trotz Antikoagulation unter rezidivierenden arteriellen oder venösen Thrombosen, ist zu prüfen, ob die INR im therapeutischen Bereich liegt. Häufig muss man die Therapie optimieren, sagte Prof. Specker. Lag zum Zeitpunkt des Ereignisses jedoch eine INR von 2,0–3,0 vor, sollte die zusätzliche Verordnung von ASS, die Erhöhung des INR-Zielwertes auf 3,0–4,0 oder die Umstellung auf Heparin erwogen werden. Prof. Specker zieht in diesen Fällen die Kombination von Vitamin-K-Antagonist und ASS vor.

NOAK dürfen beim APS keinesfalls verordnet werden, erinnerte der Experte. Fünf randomisierte, kontrollierte Studien haben nachgewiesen, dass NOAK bei Patienten mit APS das Risiko für Thromboembolien im Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten erhöhen. In der neuesten Studie von 2023 steigerten sie das Risiko für arterielle Thromboembolien beispielsweise um das 5,5-Fache, insbesondere für Schlaganfälle.

Möchten APS-Patientinnen oder Frauen mit Hochrisikoprofil schwanger werden, gelten andere Regeln. Möglichst schon vor der Empfängnis sollte mit niedrig dosiertem ASS begonnen werden. Bei positivem Schwangerschaftstest kommt die Gabe von niedermolekularem Heparin dazu, je nach Vorgeschichte in prophylaktischer oder therapeutischer Dosierung. Während der gesamten Schwangerschaft muss die Frau engmaschig in puncto Blutdruck, Gewicht, Proteinurie und Entwicklung des Kindes überwacht werden. Die Gefahr für eine durchblutungsbedingte Unterversorgung der Plazenta und Fehlgeburt wächst im Verlauf der Schwangerschaft. Doppleruntersuchungen der Nabelschnur zeigen frühzeitig, ob die Frucht unter Stress ist und ermöglichen, den rechtzeitigen Entbindungszeitpunkt etwa ab der 25. SSW zu erkennen.

Das Antiphospholipid-Syndrom: Diagnostik und Therapie

* International Normalized Ratio

Quelle: DGIM 2024

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Behandelt wird das Antiphospholipidsyndrom oder der aPL-AK-Trägerstatus mittels Antikoagulation. Behandelt wird das Antiphospholipidsyndrom oder der aPL-AK-Trägerstatus mittels Antikoagulation. © Dr_Microbe