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Leichtes Spiel für SARS-CoV-2

Bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 gilt der systemische Lupus erythematodes (SLE) inzwischen als unabhängiger Risikofaktor für eine erhöhte Mortalität und ein schlechteres Outcome. Das unterstreicht eine brasilianische Studie mit 312.047 hospitalisierten COVID-Patienten. Nach Propensity Score Matching hatten diejenigen mit SLE (n = 328) das höchste relative Risiko, im Krankenhaus an COVID-19 zu sterben (RR 2,205). Alle anderen Begleiterkrankungen und Faktoren rangierten darunter. Malignome, Alkoholismus, Lebererkrankungen, Z.n. Transplantation und Nierenkrankheiten wiesen in absteigender Reihenfolge ein Sterberisiko zwischen 2 und 1,5 auf, gefolgt von neurologischen Erkrankungen, Rauchen, Lungenkrankheiten und Diabetes.
Hinter dem hohen Sterberisiko steckt die dem SLE zugrunde liegende chronische Typ-1-Interferonopathie, erklärte Prof. Dr. Thomas Dörner von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Sie erschwert es dem Organismus, die Virusinfektion zu bekämpfen. Denn durch die chronische Produktion und Exposition von Typ-1-Interferon kommt es zu einer ungeordneten Immunantwort, die in erschöpften CD4- und CD8-Zellen mündet. Auch die verstärkte Aktivierung der B-Zellen führt zu deren Erschöpfung und einen quasi anergen Zustand.
Hohe Krankheitsaktivität ebenfalls gefährlich
Neben der pathophysiologischen Interferonopathie gibt es jedoch noch weitere Faktoren, die bei einem SLE ein schlechteres Outcome begünstigen. Dazu gehören:
- hohe Glukokortikoiddosen
- das Fehlen einer Behandlung
- Komorbiditäten wie Herz- und Nierenerkrankungen oder Hypertonie
- hohe Krankheitsaktivität
In alters- und geschlechtsadjustierten Modellen errechneten Forscher, dass die Therapie mit Immunsuppressiva wie Mycophenolat-Mofetil, Rituximab und Methotrexat die Prognose von SARS-CoV-2-infizierten Lupuspatienten verschlechtern. Azathrioprin verhielt sich diesen Analysen zufolge neutral, und Belilumab wies sogar einen protektiven Effekt auf.
Antikörper (AK) spielen beim Outcome von COVID-19 ebenfalls eine Rolle. Schon länger ist bekannt, dass Lupuspatienten Anti-Interferon-AK entwickeln, genauso wie Sklerodermiepatienten. Diese Antikörper neutralisieren und fahren die Interferonsignatur herunter, verstärken also die Interferonopathie. Eine US-amerikanische Studie zeigte zudem, dass Anti-Interferon-AK offenbar auch bei SARS-CoV-2-Infizierten ohne die Autoimmunerkrankung einen negativen Einfluss haben. Bei bis zu jedem fünften COVID-bedingten Todesfall ließen sich Anti-Interferon-AK nachweisen. In der Normalbevölkerung liegen solche Antikörper zu 1–4 % vor, betonte Prof. Dörner. Neben dem Alter scheint daher die Autoimmunität gegen Typ-1-Interferon ein unabhängiger Prädiktor für die SARS-CoV-2-Mortalität zu sein.
Interessante Erkenntnisse gibt es auch in puncto Impfung und Lupuspatienten. So erwies sich in einer französischen Studie der Biontech-Impfstoff sowohl bei aktivem als auch bei inaktivem Lupus als effektiv. Drastisch reduziert wurde die Impfantwort allerdings durch Mycophenolat-Mofetil, Methotrexat und Glukokortikoide (> 10 mg/d).
10 B-Zellen/µl für Impfantwort erforderlich
Insgesamt war die Antwort assoziiert mit den IgG-Spiegeln, der Anzahl naiver B-Zellen und spezifischer T-Zellen vor Impfung. Als Schwellenwert für eine ausreichende Reaktion errechnete das französische Team eine Mindestanzahl von neun B-Zellen/µl – also in etwa vergleichbar mit aktuellen Ergebnissen einer deutschen Untersuchung, bei der man 10 B-Zellen/ml als Grenzwert ausmachte.
Das ist eine sehr wichtige Botschaft, unterstrich Prof. Dörner. Liegen die B-Zellen unter dieser Schwelle, ist nicht mit einer ausreichenden Impfantwort zu rechnen. Womöglich macht es Sinn, die Impfstrategien den B-Zellen entsprechend maßzuschneidern, vermutete der Experte.
Kongressbericht: European Congress of Rheumatology 2022
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