Auf ins Gefecht gegen die Lupusnephritis

Dr. Sonja Kempinski

Wird Patienten mit Lupusnephritis nicht geholfen, kann die Niere schnell komplett versagen. Wird Patienten mit Lupusnephritis nicht geholfen, kann die Niere schnell komplett versagen. © wikimedia/Ed Uthman

Die Therapie der Lupusnephritis ist ein Rennen gegen den Nephronverlust. Bisher waren die Behandlungserfolge bescheiden. Doch es sind neue Wirkstoffe zur Rettung der Niere angetreten – mit vielversprechenden Aussichten.

Schon ein einzelner Schub einer Lupusnephritis kann die GFR halbieren, die fortschreitende Erkrankung endet nicht selten in der terminalen Niereninsuffizienz, verdeutlichte Professor Dr. Frédéric Houssiau von der Abteilung Rheumatologie an der Universitätsklinik Saint-Luc in Brüssel die Brisanz der Erkrankung.

Bisher schickt man gegen die schwere Entzündung (Klasse III/IV) eine sequenzielle Therapie ins Rennen. Für eine schnelle Response wird zunächst initial in verschiedenen Kombinationen hoch dosiert geschossen, beispielsweise mit Methylprednisolon i.v., oralem Prednisolon, ACE-Hemmern und Hydroxychloroquin (HCQ) sowie Cyclophosphamid (CYC), Mycophenolat-Mofetil (MMF) oder einem Calcineurininhibitor. Nach ausreichendem Erfolg steigt man auf die Erhaltungstherapie um. Diese besteht aus oralem Prednisolon (2,5–5 mg/d), das bei komplettem Ansprechen abgesetzt werden kann, HCQ sowie MMF oder Azathioprin (AZA), die normalerweise über mindestens drei Jahre hinweg verschrieben werden.

Doch leider sehen die Ergebnisse dieser sequenziellen Therapie eher bescheiden aus, berichtete Prof. Houssiau. Nur 20–30 % der Patienten erreichen nach 6–12 Monaten eine komplette renale Response. 20–25 % erleiden nach drei bis fünf Jahren einen Rückfall, 5–20 % entwickeln nach zehn Jahren eine terminale Niereninsuffizienz. Grund genug, nach weiteren Behandlungsstrategien zu suchen. Eine davon: der Treat-to-target-Ansatz. Doch welches Ziel ist im Fall der schweren Lupusnephritis das Richtige?

Treat-to-target: Doch was ist das Ziel?

Schon lange weiß man, dass ein früher Abfall der Proteinurie ein besseres Outcome vorhersagt. Als Zielwert gilt eine Proteinurie ≤ 0,7 g/d. So hatten in der MAINTAIN-Studie 94 % der Patienten, deren Proteinurie nach zwölf Monaten Therapie bei ≤ 0,7 g/d lag, nach sieben Jahren ein Serumkreatinin ≤ 1 mg/d. Allerdings hatten auch 69 % der Teilnehmer, die diesen Wert nicht erreichten, eine relativ gute Langzeitprognose. Die Herausforderung besteht also darin, diejenigen zu ermitteln, die nicht auf eine Proteinurie ≤ 0,7 g/d kommen sowie eine schlechte Langzeitprognose haben, und diese dann entsprechend zu behandeln.

Prof. Houssiau empfahl für eine Treat-to-target-Therapie bei der Lupusnephritis ein histopathologisches Ziel. Dafür eignen sich die im Nierenbiopsat gewonnenen Aktivitäts- und Chronizitätsindizes (AI und CI). Das gilt allerdings nicht für die Basis-, sondern für die Folgebiopsie: So ließ sich in einer prospektiven Studie mit 42 Patienten nachweisen, dass die bei einer nach einem Jahr Therapie wiederholten Nierenbiopsie gewonnenen Indizes prädiktiven Wert haben: Der AI für Schübe und der CI für den Nierenschaden. In der momentan laufenden ReBioLup-Studie wird nun geprüft, ob eine aktivitäts- und biopsiegesteuerte Anpassung der Medikation das langfristige Outcome der Patienten verbessert.

Switch von der sequenziellen zur Kombitherapie

Eine weitere Optimierungsmöglichkeit bei der Behandlung der Lupusnephritis (LN) sieht der Rheumatologe im Switch von der sequenziellen zur kombinierten Therapie. Als Kombipartner zur Standardbehandlung versprechen etliche Wirkstoffe Erfolg. In der AURORA-Studie verbesserte beispielsweise die zusätzliche Gabe des Calcineurininhibitors Voclosporin zu MMF das renale Outcome signifikant, eine Verminderung der Proteinurie war schon nach einem Monat zu erkennen.

Der BLyS**-hemmende Antikörper Belimumab als Add-on zur Standardtherapie erhöhte in der Studie BLISS-LN nach zweijähriger Behandlung die komplette renale Response signifikant, allerdings, so Prof. Houssiac, nur als Add-on zu MMF. Als Grund vermutet man, dass die mit CYC/AZA behandelten Patienten eine schwerere LN hatten. Nierenbedingte Ereignisse und Tod reduzierte Belimumab sowohl in der MMF- als auch in der CYC/AZA-Gruppe.

In der Phase-2-Studie NOBILITY konnte der Anti-CD20-Antikörper Obinutuzumab zusätzlich zum Standardregime die komplette renale Response nach 76 und 104 Wochen signifikant verbessern. Beachten muss man hier aber, dass die Studie relativ klein war – 102 Teilnehmer kamen nach zwei Jahren zur Auswertung – und vor allem Menschen hispanischer Herkunft eingeschlossen waren. Mit dem Anti-IFN-Antikörper Anifrolumab ließ sich in TULIP, ebenfalls eine Phase-2-Studie, zwar nicht in der Basisdosierung, wohl aber unter intensiviertem Regime bei 40–45 % der Patienten eine komplette renale Response erreichen.

Erfolgsrate noch verbesserungsbedürftig

Auch mit diesen vier Kandidaten bei der Behandlung der schweren Lupusnephritis ist noch Luft nach oben, meinte Prof. Houssiau. Denn vergleicht man die Ergebnisse der oben genannten Studien miteinander, zeigen sich zwei wichtige Punkte: Die Placebo-Responseraten rangieren zwischen 20 und 27 % und bestätigen damit, dass die Standardtherapie wenig ausrichten kann in puncto LN und großer Bedarf für wirkungsvollere Therapieansätze besteht. Daneben lassen leider die Erfolgsquoten der vier Wirkstoffe noch zu wünschen übrig. Nicht einmal die Hälfte der Betroffenen erreicht eine komplette renale Response.

Vielleicht wird die Erfolgsrate bei der schweren LN durch andere Wirkstoffe noch weiter verbessert. Immerhin befinden sich noch zahlreiche Moleküle in der Pipeline, berichtete Prof. Houssiau. Dazu gehören beispielsweise Antikörper gegen Interleukin-17 und -23, BDCA-2, CD40 und CD40L sowie Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren, Proteasom-Inhibitoren und die Anti-Komplement-Therapie. Bei der Lupusnephritis ist und bleibt es also spannend, so das Fazit des Referenten.

Quelle: EULAR* 2021 Virtual Congress

* European Alliance for Rheumatology
** B-Lymphozyten-Stimulator

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