
Folgenschwere CED-Therapie

Laut Krankenkassendaten erhalten Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die beim Hausarzt behandelt werden, oft über Jahre Glukokortikosteroide, berichtete Dr. Renate Schmelz, Leiterin der CED-Spezialambulanz des Universitätsklinikums Dresden. Nach einer solchen Therapie über einige Wochen oder Monaten tritt gemäß Studiendaten in etwa 37 % der Fälle eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz auf. Selbst drei Jahre nach der letzten Verabreichung liegt einer Metaanalyse zufolge der Anteil der Patienten mit dieser Nebenwirkung noch bei 15 %. Auch Dr. Schmelz kennt solche Fälle. Eine Patientin berichtete zwei Jahre nach Ende der Steroidgabe trotz Remission über fortdauernde Fatigue und Übelkeit, die schließlich als Zeichen einer sekundären Nebenniereninsuffizienz identifiziert werden konnten. Weitere mögliche Symptome sind Hypotonie, Hyponatriämie und Hyperkaliämie.
Entzugssymptome beginnen schon beim Ausschleichen
Beim Ausschleichen von Glukokortikoiden sind Depressionen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schlappheit, Frieren und Diarrhöen Zeichen, dass die Nebenniere wieder anspringt, erläuterte Dr. Schmelz. Über solche Risiken müsse man mit dem Patienten schon bei Therapiebeginn sprechen, riet sie.
Eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz droht ab einer täglichen Dosis von ca. 1 mg Dexamethason, 5 mg Prednisolon oder 25 mg Hydrocortison. Niedrigere Dosierungen gelten als sicher. Erreicht man eine Steroiddosis unterhalb der o.g. Schwellenwerte, kann mit einer Erholung der Nebennierenfunktion gerechnet werden. Allerdings ist es oft besonders schwierig, unter diese Schwellendosis zu kommen. Manchmal muss man die Dosis über Monate hinweg in sehr kleinen Schritten reduzieren. Das gelingt laut Dr. Schmelz am besten mit Hydrocortison. Sie empfahl, die jeweilige Hydrocortisondosis zu teilen: 2/3 morgens, 1/3 abends. Übrigens: Will man eine Nebenniereninsuffizeinz nachweisen, misst man den morgendlichen Kortisolspiegel und führt einen ACTH-Test durch.
Unter Mesalazin und Sulfasalazin entwickelt sich in etwa 1 % der Fälle eine chronische interstitielle Nephritis. Da sich diese nicht wie eine akute interstitielle Nephritis deutlich mit Fieber, Hautausschlag und Eosinophilie äußert, ist sie viel schwieriger zu erkennen. Der Kreatininanstieg verläuft sehr langsam und die betroffenen Patienten sind oft lange asymptomatisch. Die Nebenwirkung kann auch noch nach Jahren auftreten. Daher ist es sinnvoll unter einer Therapie mit den beiden Wirkstoffen den Kreatininspiegel regelmäßig zu kontrollieren. Nur im frühen Stadium der Nephritis kann sich der Kreatininwert nach Absetzen von Mesalazin wieder verbessern. Ansonsten gilt: Was an Nierengewebe untergangen ist, kommt nicht mehr wieder. Es droht die Dialyse.
Knochenmarkaplasie verläuft oft tödlich
Die mit einer Inzidenz von 1 % unter Azathioprin auftretende Knochenmarkaplasie verläuft oft tödlich. Um die Gefahr zu reduzieren, bietet sich vor Behandlungsbeginn eine Phänotypisierung an, indem man die Aktivität der Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT) bestimmt. Anders als bei einer Genotypisierung ist keine besondere Qualifizierung für diese Untersuchung nötig, erläuterte Dr. Schmelz.
Besteht ein totales TPMT-Defizit, sollte auf Azathioprion verzichtet werden und eine Alternativtherapie erfolgen. Ist die TPMT-Aktivität nur erniedrigt – dies trifft auf ca. 0,7 % der Patienten zu –, wird das Azathioprin auf 30–70 % der Standarddosis reduziert. Eine Dosisreduktion kann auch bei jenen Patienten versucht werden, die unter Azathioprin trotz nicht erniedrigter TPMT-Aktivität eine Myelotoxizität entwickeln. Dr. Schmelz sprach sich jedoch klar für einen Therapiewechsel aus. Schließlich stünden genügend alternative Behandlungsoptionen zur Verfügung.
Unter der Therapie mit TNF-Blockern tritt bei 4,6 % der Patienten eine Psoriasis auf. Empfohlen werden dann eine lokale oder systemische Steroidgabe, eine Therapie mit Retinoiden und – bei schwergradigem Befall – das Absetzen des TNF-Blockers. Sinnvoll ist der Wechsel auf ein anderes Biologikum. Antikörper gegen Interleukin(IL)-12/23p40 oder IL-23 gelten in solchen Fällen als ideal. Sie sind sowohl bei CED als auch bei Psoriasis wirksam.
Unter Anti-TNF-Therapie, aber auch unter Sulfasalazin kann ein sekundärer systemischer Lupus erythematodes entstehen. Am häufigsten scheint dies bei Infliximab der Fall zu sein (5,7 %). Klinisch äußert sich diese Nebenwirkung z.B. durch Gelenkbeschwerden, Myalgien, Fieber, Pruritus, Perikarditis und Nephritis. Therapeutisch muss das auslösende Medikament abgesetzt werden und eine immunsupprimierende Therapie erfolgen, beispielsweise mit GK, Azathioprin, Cyclophosphamid oder Methotrexat.
Quelle: Kongressbericht Viszeralmedizin 2023
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).