Folgenschwere CED-Therapie

Viszeralmedizin 2023 Friederike Klein

Eine interstitielle Nephritis kann sich unter der Therapie mit Mesalazin oder Sulfasalazin entwickeln. Eine interstitielle Nephritis kann sich unter der Therapie mit Mesalazin oder Sulfasalazin entwickeln. © Dr_Microbe – stock.adobe.com

Nebennieren­insuffizienz, Nephritis, Pso­riasis, sekundärer Lupus: Die bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen eingesetzten Medikamente bergen z.T. erhebliche Risiken. Auf sie verzichten muss man deshalb aber nicht. Man sollte allerdings wissen, wie man mit den potenziellen Gefahren umgeht. 

Laut Krankenkassendaten erhalten Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED), die beim Hausarzt behandelt werden, oft über Jahre Glukokortikosteroide, berichtete Dr. Renate Schmelz, Leiterin der CED-Spezialambulanz des Universitätsklinikums Dresden. Nach einer solchen Therapie über einige Wochen oder Monaten tritt gemäß Studiendaten in etwa 37 % der Fälle eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz auf. Selbst drei Jahre nach der letzten Verabreichung liegt einer Metaanalyse zufolge der Anteil der Patienten mit dieser Nebenwirkung noch bei 15 %. Auch Dr. Schmelz kennt solche Fälle. Eine Patientin berichtete zwei Jahre nach Ende der Steroidgabe trotz Remission über fortdauernde Fatigue und Übelkeit, die schließlich als Zeichen einer sekundären Nebenniereninsuffizienz identifiziert werden konnten. Weitere mögliche Symptome sind Hypo­tonie, Hyponatri­ämie und Hyperkaliämie.

Entzugssymptome beginnen schon beim Ausschleichen

Beim Ausschleichen von Gluko­kortikoid­en sind Depressionen, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schlappheit, Frieren und Diarrhöen Zeichen, dass die Nebenniere wieder anspringt, erläuterte Dr. Schmelz. Über solche Risiken müsse man mit dem Patienten schon bei Therapiebeginn sprechen, riet sie. 

Eine sekundäre Nebenniereninsuffizienz droht ab einer täglichen Dosis von ­ca. 1 mg Dexamethason, 5 mg Prednisolon oder 25 mg Hydrocortison. Niedrigere Dosierungen gelten als sicher. Erreicht man eine Steroiddosis unterhalb der o.g. Schwellenwerte, kann mit einer Erholung der Nebennierenfunktion gerechnet werden. Allerdings ist es oft besonders schwierig, unter diese Schwellen­dosis zu kommen. Manchmal muss man die Dosis über Monate hinweg in sehr kleinen Schritten reduzieren. Das gelingt laut Dr. Schmelz am besten mit Hydrocortison. Sie empfahl, die jeweilige Hydrocortisondosis zu teilen: 2/3 morgens, 1/3 abends. Übrigens: Will man eine Nebenniereninsuffizeinz nachweisen, misst man den morgendlichen Kortisolspiegel und führt einen ACTH-Test durch. 

Unter Mesalazin und Sulfasalazin entwickelt sich in etwa 1 % der Fälle eine chronische interstitielle Nephritis. Da sich diese nicht wie eine akute interstitielle Nephritis deutlich mit Fieber, Hautausschlag und Eosinophilie äußert, ist sie viel schwieriger zu erkennen. Der Krea­tininanstieg verläuft sehr langsam und die betroffenen Patienten sind oft lange asymptomatisch. Die Nebenwirkung kann auch noch nach Jahren auftreten. Daher ist es sinnvoll unter einer Therapie mit den beiden Wirkstoffen den Kreatininspiegel regelmäßig zu kontrollieren. Nur im frühen Stadium der Nephritis kann sich der Kreatininwert nach Absetzen von Mesalazin wieder verbessern. Ansonsten gilt: Was an Nierengewebe untergangen ist, kommt nicht mehr wieder. Es droht die Dialyse. 

Knochenmarkaplasie verläuft oft tödlich 

Die mit einer Inzidenz von 1 % unter Azathioprin auftretende Knochenmarkaplasie verläuft oft tödlich. Um die Gefahr zu reduzieren, bietet sich vor Behandlungsbeginn eine Phänotypisierung an, indem man die Aktivität der Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT) bestimmt. Anders als bei einer Genotypisierung ist keine besondere Qualifizierung für diese Untersuchung nötig, erläuterte Dr. Schmelz. 

Besteht ein totales TPMT-Defizit,  sollte auf Azathioprion verzichtet werden und eine Alternativtherapie erfolgen. Ist die TPMT-Aktivität nur erniedrigt – dies trifft auf ca. 0,7 % der Patienten zu –, wird das Azathioprin auf 30–70 % der Standarddosis reduziert. Eine Dosisreduktion kann auch bei jenen Patienten versucht werden, die unter Azathioprin trotz nicht erniedrigter TPMT-Aktivität eine Myelotoxizität entwickeln. Dr. Schmelz sprach sich jedoch klar für einen Therapiewechsel aus. Schließlich stünden genügend alter­native Behandlungsoptionen zur Verfügung. 

Unter der Therapie mit TNF-Blockern tritt bei 4,6 % der Patienten eine Psoriasis auf. Empfohlen werden dann eine lokale oder systemische Steroidgabe, eine Therapie mit Retino­iden und – bei schwergradigem Befall – das Absetzen des TNF-Blockers. Sinnvoll ist der Wechsel auf ein anderes Biologikum. Antikörper gegen Interleukin(IL)-12/23p40 oder IL-23 gelten in solchen Fällen als ideal. Sie sind sowohl bei CED als auch bei Psoriasis wirksam. 

Unter Anti-TNF-Therapie, aber auch unter Sulfasalazin kann ein sekundärer systemischer Lupus erythematodes entstehen. Am häufigsten scheint dies bei Infliximab der Fall zu sein (5,7 %). Klinisch äußert sich diese Nebenwirkung z.B. durch Gelenkbeschwerden, Myalgien, Fieber, Pruritus, Perikarditis und Nephritis. Therapeutisch  muss das auslösende Medikament abgesetzt werden und eine immunsupprimierende Therapie erfolgen, beispielsweise mit GK, Azathioprin, Cyclophosphamid oder Metho­trexat.

Quelle: Kongressbericht Viszeralmedizin 2023

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Eine interstitielle Nephritis kann sich unter der Therapie mit Mesalazin oder Sulfasalazin entwickeln. Eine interstitielle Nephritis kann sich unter der Therapie mit Mesalazin oder Sulfasalazin entwickeln. © Dr_Microbe – stock.adobe.com