Tipps und Tricks für die Wundversorgung bei Kindern

Dr. Angelika Bischoff

Schließen, kleben oder verbinden klingt für Kinderohren deutlich weniger bedrohlich als Stiche oder Nähen. Schließen, kleben oder verbinden klingt für Kinderohren deutlich weniger bedrohlich als Stiche oder Nähen. © iStock/simoningate

Entspannte Atmosphäre, keine Hektik und im Idealfall die Eltern zur optimalen Positionierung bzw. eventuell notwendigen Fixation: Damit aus der Wundversorgung bei Kindern kein Trauma wird, bedarf es einer guten Umsetzung.

Bedecken Sie die Wunde nach orientierender Betrachtung vorerst mit einer Kochsalz- oder Polyhexanid-Longuette. Kann die Wunde ohne Allgemeinnarkose versorgt werden, kommt es in der Aufklärung von Kind und Eltern auf die richtige Wortwahl an, schreiben Dr. Cordula Scherer und Professor Dr. Steffen Berger vom Inselspital Bern.

Schließen, kleben oder verbinden klingt für Kinderohren deutlich weniger bedrohlich als Stiche oder Nähen. Sehr bewährt hat sich auch, das Kind während der Prozedur durch ein Video, ein Buch oder ein anderes Medium abzulenken. Bevor man die Wunde genau inspiziert, raten die Spezialisten zu einer schmerzfreien Oberflächenanästhesie mit LET-Gel (Lidocain, Epinephrin, Tetracain). Das Gel wird in und um die Wunde appliziert und muss unter einem Folienverband mindestens 30 min einwirken. Andere Analgetika und Sedativa, z.B. Midazolam, Fentanyl, kann das Kind, falls nötig, nasal erhalten. Bei Schulkindern wäre auch der Einsatz eines 50/50-Lachgas-Sauerstoffgemischs möglich, jüngeren Kindern fehlt in der Regel noch die Kooperationsbereitschaft für eine inhalative Analgosedierung. Allerdings sollten Sie eine Anlaufzeit von 5 min abwarten und eine maximale Inhalationszeit von 20 min nicht überschreiten. Größere oder tiefere Wunden können manchmal zusätzlich eine Injektion von Lokal- oder Leitungsanästhetika erforderlich machen. Die beiden Spezialisten raten mit deren Einsatz aber zu warten, bis die Sedierung wirkt.

Wundkleber ist für die Finger nicht geeignet

Riss-, Quetsch- und Platzwunden gilt es möglichst innerhalb der ers­ten 6 h zu versorgen. Zunächst erfolgt eine gründliche Wundreinigung mit Kochsalzlösung – bei tiefen oder stark verschmutzten Wunden den Wundgrund nicht vergessen! Kleinere Verletzungen können nach Reinigung und Desinfektion mit Chlorhexidin oder Polyhexanid-Lösung mit Hautkleber geschlossen werden. Die Wundränder müssen Sie dafür manuell so adaptieren, dass der Wundkleber nach dem Auftragen eine Brücke darüber hinweg bilden kann. Nicht geeignet ist eine Klebung für Wunden im Bereich von Augen, Mund, Fingern und Gelenken. Alternativ können Sie oberflächliche, wenig klaffende Wunden auch mit Steristrips adaptierten. Die umgebende Haut muss vorher z.B. mit Wundbenzin entfettet werden, damit die Strips gut haften. Steristrips sind z.B. eine gute Lösung für Wunden an der Stirn, für die Extremitäten eignen sie sich dagegen wegen der häufigen Bewegung weniger gut.

Im Fall von tiefen Riss-, Quetsch-, Platzwunden, oder wenn der Wundgrund gründlich gereinigt werden musste, kommen Sie ums Nähen – nach sicher wirkender Lokalanästhesie –nicht herum. Befindet sich die Verletzung im Gesichtsbereich, sollte man das Lochtuch so zuschneiden, dass es die Sicht des Kindes nicht einschränkt oder gegebenenfalls ganz darauf verzichten, raten Dr. Scherer und Prof. Berger.

Als Nahtmaterial eignen sich resorbierbare monofile Fäden (Stärke 5–0). Nur im sichtbaren Teil des Lippenrots sollte man kein resorbierbares Material einsetzen. Ist das Kind sehr unruhig, setzt man am besten Einzelknopfnähte. Ältere ruhigere Kinder können im Falle von sauberen Wundverhältnissen auch fortlaufend intrakutan genäht werden. Wichtig: Bei Wunden im Augenbrauenbereich niemals Haare entfernen! Für Nähte an den Extremitäten, wo die Hautspannung größer ist und mehr Bewegung stattfindet, verwenden die Kollegen dickere Fäden (Stärke 4–0 oder 3–0) und adaptieren die Wundränder mit einer Rückstichnaht – auf subkutane Nähte verzichten sie in diesen Fällen wegen des erhöhten Infektionsrisikos. Außerdem hilft es bei größeren Wunden, die betroffene Extremität für die Dauer der Heilung in einer Gipsschiene ruhigzustellen.

Bissverletzungen wenn möglich nicht nähen

Abgetrennte Fingerkuppen wachsen bei Kindern nach, schreiben Dr. Scherer und Prof. Berger. Den betroffenen Finger stellt man mit einem Folienverband ruhig, der bis zum Abschluss der Epithelialisierung einmal wöchentlich gewechselt wird. Dies habe sich sogar bei freiliegender knöcherner Endphalanx bewährt. Allerdings kann es zu einer wahrnehmbaren Geruchsentwicklung kommen, worauf man Eltern und Kind vorbereiten sollte, warnen die Experten, und für die Verlaufsbeurteilung bedarf es der Erfahrung.

Bissverletzungen sollten wegen des hohen Wundinfektionsrisikos i.d.R. nicht genäht werden. Denn auch wenn sie klein sind, können sie tief reichen. Desinfizieren Sie die Wunde und verbinden Sie sie steril, schreiben die Kollegen. Danach beobachtet man engmaschig, ob sich eine Wundinfektion entwickelt, das Risikozeitfenster dafür sind die ersten 48 h. Übrigens: Größere Bissverletzungen, die operativ versorgt werden müssen, gehören immer in einen Operationssaal

Quelle: Scherer C, Berger S. Ther Umsch 2020; 77: 179-184; DOI: 10.1024/0040-5930/a001181

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Schließen, kleben oder verbinden klingt für Kinderohren deutlich weniger bedrohlich als Stiche oder Nähen. Schließen, kleben oder verbinden klingt für Kinderohren deutlich weniger bedrohlich als Stiche oder Nähen. © iStock/simoningate