Tipps zur Antikoagulation nach tiefer Venenthrombose

Manuela Arand, Foto: thinkstock

Ihr Patient hat die venöse Thromboembolie nach Sprunggelenksfraktur glücklich überstanden: Wie lange setzen Sie die Antikoagulation jetzt fort?

Das Auditorium, das Prof. Dr. Rupert Bauersachs, Leiter der Max-Ratschow-Klinik für Angiologie am Klinikum Darmstadt, beim Internistenkongress nach dem Vorgehen bei dem anfangs geschilderten Patienten befragte, antwortete erstaunlich uneins. Nahezu jede Strategie zwischen drei und 24 Monaten fand Anhänger. Nur lebenslang antikoagulieren wollte kein Kollege.


Die Leitlinien dagegen positionieren sich eindeutig: Sowohl die interdisziplinäre deutsche als auch die amerikanische Leitlinie empfehlen bei einer venösen Thromboembolie (VTE) infolge eines transienten Risikofaktors, wie in diesem Fall der Immobilisation des Beins, drei Monate Antikoagulation. Nach idiopathischer Thromboembolie sollte zunächst drei Monate lang antikoaguliert und, wenn das gut gelaufen ist, zeitlich unbefristet weiterbehandelt werden.

Risiko im ersten Jahr nach VTE am höchsten

Natürlich gilt es, dabei das individuelle Risiko für Rezidive einerseits und Blutungen andererseits abzuschätzen. „Das ist für uns schon mit gewissen Bauchschmerzen verbunden – einfach von drei Monaten auf lebenslang zu springen“, meinte Prof. Bauersachs.


Basis dieser Empfehlung ist eine Studie, in der drei Monate Antikoagulation nach idiopathischer Thromboembolie mit einem Jahr Behandlung verglichen worden war. Ergebnis: Zwar erlitten die länger behandelten Patienten unter der Therapie weniger Thrombosen, sie holten aber anschließend wieder auf. Das Rezidiv werde also nur hinausgeschoben, also müsse man entweder auf Dauer behandeln oder könne auch nach drei Monaten Schluss machen, folgerten die Autoren.


Andere Studien zeigen aber, dass das Rezidivrisiko im Laufe der Jahre durchaus sinkt von 8 bis 10 % im ersten Jahr nach VTE auf 4 % nach fünf Jahren. „Wenn ich nur drei Monate antikoaguliere, erkaufe ich das mit einer Zahl von Rezidiven, die sonst vielleicht verhindert würden“, so der Angiologe. Auch bei Patienten, bei denen man sich zur Langzeit-Antikoagulation entschlossen hat, kann man in späteren Jahren wahrscheinlich auf eine geringere Therapieintensität umschwenken.


Bei idiopathischen VTE macht es einen Unterschied, ob die Thrombose distal oder proximal lokalisiert war. Nach distaler Thrombose beträgt das Rezidivrisiko nach Absetzen der Antikoagulation nur knapp die Hälfte des nach proximaler VTE ermittelten, bei der es fast an das nach Lungenarterienembolie (LAE) heranreicht. „Nach einer Unterschenkelvenenthrombose reichen in den meisten Fällen drei Monate Antikoagulation“, riet Prof. Bauersachs.

Nach Lungenembolie länger antikoagulieren

Was man wissen sollte: Patienten, die eine proximale Thromboembolie erlitten haben, werden als Rezidiv mit 80%iger Wahrscheinlichkeit wieder eine VTE erleiden, während Patienten mit Lungenarterienembolie mit 80%iger Wahrscheinlichkeit wieder eine LAE bekommen. Das Sterberisiko bei der Lungenembolie liegt mit ca. 15 % fast achtmal so hoch wie bei der VTE. Es empfiehlt sich deshalb, Patienten nach Lungenembolie länger zu antiko­agulieren.


Weitere Faktoren, die bei der Risikoabschätzung zu berücksichtigen sind: das Geschlecht – Männer haben ein fast dreifach höheres VTE-Rezidivrisiko als Frauen – und das Ergebnis von D-Dimer-Messung und Thrombophilie-Screening. Außerdem lohnt es, den Schallkopf auf die Vene zu halten und sie zusammenzudrücken.


Lässt sich die Vene bei kleinem Restthrombus komplett komprimieren, spricht das für ein niedriges Risiko und umgekehrt. „Patienten mit großem, nicht komprimierbarem Restthrombus werden mit sechsfach erhöhter Wahrscheinlichkeit eine Rezidiv-VTE bekommen, wenn Sie nur drei Monate antikoagulieren“, betonte Prof. Bauersachs.


Quelle: 120. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, Wiesbaden, 2014

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