Typ-2-Diabetes: Regelkonforme Insulinbehandlung als Risikofaktor bei COVID-19-Patienten?

Maria Fett

Bei COVID-19 ist eine Hyperglykämie deutlich mit erhöhter Mortalität assoziiert. Aber bei einer Gegensteuerung mit Insulin, ergibt sich womöglich eine noch schlechtere Prognose. Bei COVID-19 ist eine Hyperglykämie deutlich mit erhöhter Mortalität assoziiert. Aber bei einer Gegensteuerung mit Insulin, ergibt sich womöglich eine noch schlechtere Prognose. © iStock/agrobacter

Wie sicher ist eine Insulintherapie? Bislang gab es vor allem Bedenken hinsichtlich kardiovaskulärer Risiken. Doch eine aktuelle Analyse offenbart das Dilemma, vor dem Ärzte und Patienten angesichts der COVID-19-Pandemie stehen.

In diesem Jahr jährt sich die Entdeckung und Isolation des Insulins zum 100. Mal. Das ist natürlich ein Grund zum Feiern, meinte Professor Dr. Stephan Martin vom Westdeutschen Diabetes- und Gesundheitszentrum in Düsseldorf. Schließlich können Menschen mit Typ-1-Diabetes und anderen Insulinmangelerkrankungen seither überleben und ein nahezu normales Leben führen.

Mit dem Insulinbedarf steigt die kardiovaskuläre Mortalität

Jubiläen sollten aber stets Anlass zu kritischer Selbstreflexion sein, merkte der Referent an. So sei beim Insulin in manchen Situationen offen, wann die regelkonforme Therapie für die Betroffenen gefährlich wird.

Die kardiovaskuläre Sicherheit einer Insulintherapie etwa werde immer wieder angezweifelt, erinnerte der Diabetologe. So seien in den vergangenen Jahren mehrere Arbeiten erschienen, deren Ergebnissen zufolge für Patienten mit einem Insulinbedarf von mehr als 100 U pro Tag ein etwa doppelt so hohes Mortalitätsrisiko bestehe als bei denen mit einem Bedarf von weniger als 25 U täglich.

Ganz aktuell diskutieren die Ärzte über ein Dilemma, das sich daraus bei der Behandlung von Personen mit Typ-2-Diabetes angesichts der SARS-CoV-2-Pandemie ergibt, berichtete der Experte. Aufgrund ihrer schlechteren Stoffwechsellage haben diese Menschen bekanntlich ein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe. Folgerichtig offenbarte eine retrospektive Analyse aus Wuhan auch eine erhöhte Sterberate für Betroffene im Vergleich zu Personen ohne Diabetes. Waren die Patienten jedoch gut eingestellt, fiel ihre Prognose merklich besser aus.

Weiterhin konnten Hyperglykämien unabhängig von einer Diabetesdiagnose als Prädiktor für eine 28-Tage-Mortalität beschrieben werden. Im Fall einer Coronavirus-Erkrankung würde dies alles bedeuten, eine aggressive Glukoseeinstellung mit Insulin einzuleiten, um die Stoffwechselsituation der Betroffenen rasch zu optimieren, führte Prof. Martin aus.

Doch erst kürzlich veröffentlichte Studiendaten von 689 Patienten mit COVID-19 und Typ-2-Diabetes verlangen nach Zurückhaltung. Sie zeigen, dass Kranke mit einer Insulintherapie im Vergleich zu jenen ohne die Medikamente in 27,2 % der Fälle verglichen mit 3,5 % einen tödlichen Verlauf aufweisen (adjustierte Hazard Ratio 5,38). „Wie man es auch dreht und wendet, der Eindruck bleibt: Egal was man macht, es ist falsch“, kommentierte Prof. Martin diese Daten.

Das Dilemma bleibt vorerst bestehen

Bis Ergebnisse aus randomisierten Studien vorliegen, bleibt also das Dilemma für die Entscheidungsfindung bestehen, so der Referent: Auf der einen Seite ist bei COVID-19 eine Hyperglykämie deutlich mit erhöhter Mortalität assoziiert. Versucht man andererseits mithilfe von Insulin gegenzusteuern, ergibt sich womöglich eine noch schlechtere Prognose für die Betroffenen.

Quelle: 16. Diabetologie-Update-Seminar (Online-Veranstaltung)

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Bei COVID-19 ist eine Hyperglykämie deutlich mit erhöhter Mortalität assoziiert. Aber bei einer Gegensteuerung mit Insulin, ergibt sich womöglich eine noch schlechtere Prognose. Bei COVID-19 ist eine Hyperglykämie deutlich mit erhöhter Mortalität assoziiert. Aber bei einer Gegensteuerung mit Insulin, ergibt sich womöglich eine noch schlechtere Prognose. © iStock/agrobacter